Elke und Stefan: Für uns beider Leben gilt, daß unsere Eltern sich wirklich bemühten, uns zur Liebe und nach christlichen Maßstäben zu erziehen. Nach einigen Jahren des Abstandes können wir jetzt sagen, daß die Zeit der Pubertät
für unsere weitere Entwicklung sehr entscheidend die Weichen gestellt hat.
Stefan: Ich begann zu dieser Zeit immer mehr, eine gewisse "Rolle" zu spielen. Ich suchte meine Identität als geliebter und einzigartiger Mensch, fand aber kein für mich befriedigendes Vorbild zur Identitätsfindung. So übernahm ich immer
mehr die mir von meinem Freundeskreis zugeschanzte Rolle des "sunny boys". Ich spielte oberflächlich mit Beziehungen, verbrachte meine Wochenendnächte in Diskotheken und baute mir mit Wunschträumen meine Zukunft. In dieser
Dynamik spielte Gott für mein Leben eine immer geringere Rolle, auch die Kirche konnte mich zu diesem Zeitpunkt nicht mehr erreichen.
Elke: Ich lebte in dieser Zeit von Wochenende zu Wochenende, dazwischen klafften tiefe Risse von Sinnlosigkeit, Depressionen, bis hin zu Selbstmordgedanken. Die Wochenenden waren mit Fortgehen, Alkohol und
Beziehungen ausgefüllt. Ich habe mir vom Leben eigentlich nichts mehr erwartet. Jesus Christus trat für uns merkbar bei einer Wallfahrt nach Medjugorje im April 1990 in unser Leben. Während dieses dreitägigen Aufenthalts in Medjugorje erfuhren wir in großer Sanftheit und Zärtlichkeit, daß Gott wirklich existiert und uns bedingungslos und unwiderruflich liebt.
Stefan: Diese Erfahrung wurde uns in ganz einfacher Weise im Gebet geschenkt. Es war kein großartiges äußeres Erlebnis, sondern etwas, das ganz tief in unseren Herzen passierte. Diese Erfahrung der barmherzigen Liebe Gottes war so stark, daß unser Leben einen neuen Anfang nahm. Während dieses Aufenthaltes schenkte uns Gott auch die Berufung zur Ehe. Alles war ganz keimhaft und unscheinbar, doch setzten wir von dort an unseren Lebensweg gemeinsam fort. Nach und nach wuchs in uns eine Sehnsucht, unser Leben verbunden mit Jesus Christus zu leben. So entschieden wir uns in ganz einfacher Weise zu einem regelmäßigen Gebetsleben und auch zu einem Leben mit den Sakramenten. Wir schlossen uns einem Gebetskreis an und hatten auch das Geschenk eines Priesters, der unser junges Wachstum begleitete.
Elke: Während dieser Zeit blieben wir von Schwierigkeiten und Prüfungen nicht verschont. Wir blicken heute sehr dankbar auf diese Krisen und Dunkelheiten zurück, denn sie haben uns reifer gemacht und ein tiefes Fundament gegraben. Mit der Zeit wurde uns auch eine tiefe Liebe zur Kirche geschenkt. Wir entdeckten die Schönheit, mit und in der Kirche zu leben. Heute glauben wir sagen zu können, daß sie für alle Bereiche unseres Lebens der wahre und beste Anwalt ist. Durch das Gebet dürfen wir mehr und mehr begreifen, daß das Leben ein Geschenk ist, das wir mit Liebe und Ehrfurcht
annehmen müssen. Wir lernen langsam, die alltäglichen Wirklichkeiten unseres Lebens mit den Augen Gottes zu sehen und sind dadurch zu staunenden und freudigen Menschen geworden.