Sie halten also, liebe Leser, die erste Doppelnummer in der Geschichte von Vision2000 in Händen. Wie Sie leicht feststellen können, ist sie nicht doppelt so dick wie eine normale Ausgabe, hält insofern also das Versprechen, doppelt zu sein, eigentlich nicht. Um das etwas zu kaschieren, bieten wir Ihnen diesmal 36 Seiten, von denen wir hoffen, dass sie auf Ihr Interesse stoßen, wissen aber, dass viele sich heute ohnedies durch das große Angebot an Gedrucktem überfordert fühlen.
Ich habe eben in unserem Internet-Archiv nachgeschaut, welche Artikel in den letzten 10 Tagen am häufigsten gelesen wurden. Überrascht stellte ich fest, dass ein Beitrag des Alterzbischofs von Philadelphia Charles Chaput mit dem Titel „Wir stehen in einem Kulturkampf“ an der Spitze der Liste steht: 107 Mal aufgerufen. Offenbar spüren heute viele Leute, dass sich in den letzten Monaten ein Phänomen an die Oberfläche gedrängt hat und nunmehr sicht- und spürbar wird: Die Selbstverständlichkeiten, die bisher den Rahmen für unseren Alltag bildeten, tragen plötzlich nicht mehr. Ein kultureller Umbruch deutet sich an. Genau darauf nehmen wir auch im Schwerpunkt dieser Ausgabe Bezug, weil insbesondere wir Christen diesbezüglich hellhörig sein sollten.
Denn das Überhandnehmen von rein weltlicher Argumentation (Gesundheit geht über alles) drängt sich – wie wir es ja auch bei kirchlichen Entscheidungen im Rahmen der Corona-Krise erlebt haben – auch unserem religiösen Leben auf. Insofern ist es von größter Bedeutung, dass wir ein Sensorium für das geistige Geschehen in unseren Tagen entwickeln, um nicht die Orientierung zu verlieren.
Das hat auch ganz praktische Auswirkungen im Alltag: Wie sehr lassen wir uns von seit Monaten auf uns einstürmenden Corona-Meldungen geistig mit Beschlag belegen und verunsichern? Uns fällt zum Beispiel auf, dass einander die Hand zu reichen, fast ganz aus der Mode gekommen ist – und schon gar andere Leute zu umarmen! Erst jetzt merken wir, wie sehr diese Bekundungen der Verbundenheit uns abgehen. Auch ängstliche Blicke, wenn der Mindestabstand nicht eingehalten wird oder das vorsichtige Abtasten bei Gesprächen, wie das Gegenüber über die neuesten „Maßnahmen“ denkt, bringt zum Ausdruck, man müsse dem anderen mit Vorsicht begegnen.
Dabei wäre es gerade jetzt so wichtig, dem Mitmenschen nicht mit Vorsicht, sondern mit besonderer Herzlichkeit und Interesse an seinem Leben zu begegnen. Vor allem dann, wenn wir vermitteln wollen, dass wir Christen einen anderen, einen erfüllten, von Gott getragenen Zugang zum Leben haben, der es wert wäre, ausprobiert zu werden. Denn mit diesem Auftrag sind wir Christen ja von neuem zu Pfingsten ausgesendet worden.
Liebe Leser, wir verabschieden uns jetzt für den Sommer von Ihnen und wünschen Ihnen eine gesegnete Zeit der Erholung und des Auftankens, besonders was unsere Hoffnung betrifft. Bleiben Sie uns auch trotz der längeren Pause treu!