VISION 20005/2021
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Berufen, das Leben zu verkünden und zu feiern

Artikel drucken Priester für das Leben (Manfred Müller)

Durch die zahlreichen Lockdowns hat das Ansehen der Kirche gelitten. Vor allem die besondere Berufung des Priesters, Heil zu vermitteln und das Leben zu feiern, wurde verdunkelt. Dem will nun eine Initiative entgegenwirken.

Wer kennt ihn nicht, diesen lakonischen Ausspruch der Teresa von Avila: „Die Geduld erreicht alles.“
Anlässlich der Gründung des neuen Vereins Priester für das Leben musste ich bisweilen an dieses Diktum denken. Vor etlichen Jahren hatte ich im Alleingang versucht, einen solchen Verein ins Leben zu berufen. Bald jedoch war klar, dass dies allein nicht zu schaffen war. Was nun? – Warten.
Jahre vergingen. Dann, vor mehreren Monaten, ein Anruf. Der ehemalige Vorsitzende der „Jugend für das Leben“, den ich seit Jahren kenne, fragt mich, was ich von der Idee halten würde, einen Verein „Priester für das Leben“ zu gründen. Ich sagte ja.
Und danach ging alles sehr schnell. Kein weiterer Alleingang, sondern ein Gemeinschaftswerk. Andere Priester waren bereit für die Gründung. Statuten wurden ausgearbeitet. Eine Website erstellt.
Das erste Samenkorn war gestorben. Aber in der Erde hatte es weiter gekeimt. So sind die Wege des Herrn. Während der Wartezeit hatte der Herr gewirkt und eines Tages dann Seine klassische Frage gestellt: Wen kann ich senden?
Am 2. Juli 2021, dem Festtag Mariä Heimsuchung, dem Tag, wo sich zwei Schwangere begegnen und ihren Lobpreis Got­tes anstimmen, war es schließlich so weit. Der Vorstand des neuen Vereins und Mitarbeiter von „Jugend für das Leben“ brachen nach Mariazell auf. Hier, bei der Magna Mater Austriae, legten wir die unterschriebenen Statuten auf den Gnadenaltar, damit sie, die Mutter des Lebens, das Werk segnet und fruchtbar macht.
Die Ausrichtung des Vereins ist sehr klar und einfach. Er will Priester ermutigen, sich für den umfassenden Lebensschutz einzusetzen, sie miteinander vernetzen und ihnen Mittel für eine fruchtbare und sinnvolle Seelsorge an die Hand geben. Dies betrifft zumal den seelsorgerlichen Dienst der Priester für die Frauen und Männer, die von Abtreibung/vorgeburtlichem Kindesverlust betroffen sind und darunter leiden. Auf diese Weise soll zugleich präventiv dem Abtreibungsgeschehen gegengesteuert werden.
Ich erinnere mich gut an eine junge, attraktive Frau in den Zwanzigern, mit der ich vor Jahren ein langes seelsorgliches Gespräch hatte. Sie hatte eine Abtreibung hinter sich, die Beziehung mit dem Vater des Kindes war in die Brüche gegangen. Sie sagte mir, sie sehne sich danach, zu heiraten und Mutter zu werden. Und in diesem brennenden Wunsch war alles enthalten: Ihre Sehnsucht, ihr Schmerz, ihr Gebet. Ich sagte zu ihr: „Sie sind bereits Mutter.“ Sie schaute mich an. Und es war in diesem Augenblick, dass sie sich der Wahrheit ihres Lebens öffnete und bereit war, ihr verlorenes Kind in ihr Leben aufzunehmen.
Wie viele solcher Frauen gibt es mitten unter uns? Wie viele Männer, die Väter sind, die aber, warum auch immer, ihre Vaterschaft abgelehnt haben, leben mitten unter uns und leiden? Und was ist schließlich mit den Kindern, deren Geschwister durch Abtreibung gestorben sind und für die das Wort Familie zum sinnlosen Fremdwort geworden ist?
Priester sind von Gott gesandt, das Leben zu verkünden und zu feiern. Schließlich ist Gott der Freund des Lebens (Weish 11,26) und Gottes Sohn spricht: Ich bin das Leben (Joh 14,6). Und wo dieses Leben verwundet ist, hat der Priester den Auftrag des barmherzigen Samariters, den am Boden Liegenden, der im Gleichnis als Halbtoter bezeichnet wird (siehe Lk 10,25ff), aufzurichten und ins Leben zurückzuführen.
Dazu hält die Kirche – in der Sprache des Gleichnisses: die Herberge Gottes – alle Mittel bereit, sie spendet in den Sakramenten die wunderbare Heilung für den Körper und die Seele und den Geist.
Nur: Der Glaube kommt, wie Paulus sagt, vom Hören (Röm 10,17). Wenn nicht verkündet wird, wie soll dann der Verwundete wissen, dass es die Hoffnung und die Heilung und die Herberge gibt?
Das Logo unseres Vereins bringt bildlich zum Ausdruck, worum es geht. Da ist das Kreuz, und da ist die bergende Rundung der Hostie. Beide leuchten in Gold, weil Kreuz wie Hostie von der Herrlichkeit der Erlösung künden. Und da ist schließlich der grüne Schriftzug. Denn der Priester, der das Leben verkündet (die Grünkraft, in der Sprache Hildegards von Bingen), legt Zeugnis ab von diesem lebensspendenden Geheimnis. Genau so geschieht Öffnung, das, was der Psalm 18, 20 besingt: Du, Herr, führst mich hinaus ins Weite, Du befreist mich, denn Du hast Gefallen an mir.

Dr. Manfred Müller ist Seelsorger im Allgemeinen Krankenhaus in Wien
Priester für das Leben
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