Keine Schule, Arbeit von zu Hause aus, kaum Möglichkeit zu Begegnungen in der Öffentlichkeit… Die Zeit des Corona-Lockdowns war insbesondere für Familien in vieler Hinsicht eine Zeit der Herausforderung und Bedrängnis, aber auch der Stärkung im Glauben, wie das folgende Gespräch zeigt:
Welche Beobachtungen hast Du während und im Gefolge der Corona-Krise in Deinem Umfeld – Ihr habt ja Kontakt mit sehr vielen Familien – gemacht?
Robert Schmalzbauer: Ohne die Frage klären zu wollen, was die Pandemie ist, muss man feststellen: Das Leid war da. Manchmal wegen der Krankheit selbst, manche haben Menschen verloren. Viele haben nichts dergleichen erlebt, mussten aber mit den Folgen der Maßnahmen zurechtkommen. Besonders betroffen waren Kinder und Jugendliche.
Inwiefern?
Schmalzbauer: Der Anfang erschien ja zunächst lustig (mal ganz abgesehen von der großen Verunsicherung, was Corona als Krankheit mit uns machen könnte): keine Schule, plötzlich mitten im Jahr „Ferien“. Und dann war schnell bei den Familien ein Defizit spürbar. Den Kindern fehlte der Kontakt zu Gleichaltrigen. Und viele Mütter waren überfordert. Sie mussten plötzlich didaktische und EDV-Fähigkeiten an den Tag legen, hatten die Kinder den ganzen Tag daheim und mussten Home-Office machen. Es gab technische Probleme: Die notwendigen Geräte fehlten. Sehr schnell war eine echte Krise spürbar.
Wie waren die Reaktionen?
Schmalzbauer: Sehr unterschiedlich. Familien, die gebetet haben, erlebten neu ihr Hauskirche-Sein. Da gibt es viele Zeugnisse, wie dies jeweils gewachsen ist. Wenn eine Familie gewohnt war, sich im Gebet zu versammeln, wurde dieser Zugang verstärkt. In anderen Fällen entstand das Familiengebet erst. Man merkt: In Zeiten von Not und Verunsicherung greift man auf das zurück, was schon da ist oder von dem man gehört hat, dass es helfen könnte. Anderen Familien ist die Struktur des Alltags allerdings verlorengegangen: Man steht irgendwann auf, die Mahlzeiten gehen durcheinander, man geht spät schlafen… Interessant ist: Gebet strukturiert den Alltag. Es stellt sich heraus: Für ein gutes Leben ist Ordnung wichtig.
Habt Ihr das auch so erlebt?
Schmalzbauer: Wir leben in einem großen Haus, beim Lockdown kam unsere Familie samt Schwiegersöhnen zusammen plus ein Priester, so waren wir 13 Personen. Wir waren viel im Garten, konnten dort Fußball spielen. Daher haben wir vieles von dieser Bedrängnis, insbesondere von der Isolation nicht erlebt. Aber wenn Du keinen Garten hast, auf engem Raum lebst, Kinder zu unterrichten, Arbeiten zu erledigen hast und viel vor dem Computer sitzen musst, dann kann man nachvollziehen, dass viele sehr gelitten haben. Auch die Gottesdienstfrage war für viele sehr schwer…
Wir haben aber auch gehört, dass Leute von Online-Gottesdiensten profitiert haben.
Schmalzbauer: Stimmt. Interessant war, dass manche Leute, die sonst gar nicht so regelmäßig in den Gottesdienst gegangen sind, durch die Online-Angebote wieder zum Glauben gefunden haben. Sie haben sich z.B. den Messen von P. Karl Wallner oder anderer guter Priester angeschlossen. Da konnten sie sogar täglich – schließlich war ja Zeit genug dafür – gute Katechese bekommen. Ich weiß da von richtigen Bekehrungen. Auch wir hier haben täglich Messe gefeiert, und man konnte via Live-Stream mitfeiern. Beim zweiten Lockdown haben wir mit dem täglichen Rosenkranzgebet begonnen mit der Einladung an Familien, die sich via Youtube zuschalten wollten, am Abend mitzubeten. Auch da ist eine schöne Gemeinschaft des Gebets entstanden. Viele haben uns dann gesagt, sie hätten es bisher nie geschafft, abends den Rosenkranz zu beten. Da sie aber unsere Kinder gesehen haben, wie sie mitbeteten, waren sie voll Freude dabei.
Macht das dann abhängig vom Online-Angebot?
Schmalzbauer: Nein, wir wollten keinesfalls, dass da eine Abhängigkeit entsteht. Vielmehr sollte das als Impuls für eigenes Tun dienen. Und tatsächlich ist es bei einer Reihe von Familien dazu gekommen. Andere tun sich da etwas schwer. Sie rufen alte Aufnahmen auf und spielen sie dann ein. Wichtig aber ist: Es gibt diese positiven Effekte der Krise.
Gab es andere positive Folgewirkungen?
Schmalzbauer: Ja, im Zusammenhang mit dem Jungfamilientreffen in Pöllau. Da gab es Familien, die weit weg lebten und zu diesen Treffen nicht kommen konnten. Durch die Corona-Maßnahmen waren wir gezwungen, das eine zentrale Treffen durch mehrere an verschiedenen Orten zu ersetzen. Auf diese Weise konnten nun neue Familien teilnehmen. Das erforderte zwar eine aufwändige Vorbereitung, konnte aber durch die Möglichkeit, sich online zu dem Geschehen in Pöllau zuzuschalten, zu einem gemeinsamen Erlebnis gestaltet werden. Ähnliches geschah mit den Familiennachmittagen, die bei uns in Mödling stattfinden. Wir hatten vorher monatlich bis zu 250 Teilnehmern hier im Haus. Und das war eigentlich zu viel. Mit Corona ging das alles nicht mehr. Auch da haben wir uns geteilt. Vorigen Samstag waren jetzt Treffen an sieben Orten bei uns zugeschaltet.
Das erinnert an die Apostelgeschichte, wo die Verfolgung in Jerusalem zur Ausbreitung des Glaubens durch die Zerstreuung der Jünger in die Umgebung geführt hat…
Schmalzbauer: Ja, aber der Vorgang war auch für einige nicht leicht. Das war schon auch ein schmerzhaftes Geschehen, das ich nicht glorifizieren möchte. Dazu kommt, dass wir nicht nur eine örtliche Diversifizierung, sondern auch eine nach dem Alter in die Wege geleitet haben. Und ich denke, dass die beschriebene Entwicklung symptomatisch ist: Überall, wo Kirche lebendig ist, reagiert sie so. Und das hat zur Folge, dass jetzt insgesamt mehr Paare teilnehmen als vorher.
Erkläre das näher.
Schmalzbauer: Dort, wo der Heilige Geist wirkt, nützt Er solche Notsituationen, um aus ihnen neue Früchte hervorzubringen. Er will die Menschen auch in der Not weiterführen und ihnen neue Wege zeigen, neue Möglichkeiten eröffnen. Es gibt diesen Spruch: Wenn sich wo eine Türe schließt, öffnet Gott eben ein Fenster. P. Leo Liedermann aus Seckau sagt: „Wir suchen nicht das Problem oder den Schuldigen, sondern die Lösung.“
Wie hat also die Teilung nach Altersklassen ausgeschaut?
Schmalzbauer: Wir hatten eine Reihe von Familien, deren Kinder schon zu groß für unsere Treffen waren. Sie kommen nun zum „fireabend“ zusammen, einmal im Monat an einem Freitagabend – fire hat mit dem Heiligen Geist zu tun. Auch da sind neue Paare dazugestoßen und solche, die schon lange nicht mehr dabei waren. Und dann gibt es neuerdings einen Jung-Familiennachmittag, zu dem junge Familien mit Babys und ganz kleinen Kindern eingeladen sind. Sie brauchen etwas eigenes, spezielle Angebote, die es ihnen erleichtern, ihr Familienleben auf eine solide Basis zu stellen, nachhaltige Stabilität für ihre Ehe zu schaffen. Das regelmäßige Ehegespräch gehört dazu.
Gott schreibt auf krummen Zeilen gerade und er hat eine eigene Gnade für diese Notsituation geschenkt. Es ist so wichtig, dass wir lernen auf die Gnade zu schauen, die der Herr gerade auch in Krisen schenkt. Wir dürfen lernen, in all dem, was in unserem Leben passiert, diesen Fokus zu bewahren. Natürlich gibt es in der Not auch Entmutigung, Depression, usw. Man darf also Notlagen nicht glorifizieren. Aber wir wissen, dass dies nicht alles ist, weil der Herr dann eben besonderen Gnaden bereithält, nach denen wir ausschauen sollten, die wir dankbar entgegennehmen können und die einladen, uns neu auf den Weg zu machen.
Robert und Michaela Schmalzbauer sind Mitbegründer der „Initiative Christliche Familie“. Sie wurden kürzlich von „missio austria“ für ihre missionarische Tätigkeit ausgezeichnet. Mit Robert sprach Christof Gaspari