Am 23. April treten wir unsere reguläre Gebetsvigil in Bozen vor dem Krankenhaus an. Wir sind an diesem Tag aufgrund von Beerdigungen und anderen christlichen Veranstaltungen so wenige Beter wie noch nie. Vor dem Krankenhaus erwartet uns eine Gruppe von Abtreibungsbefürwortern mit Plakaten und ein gefühlt großes Polizeiaufgebot. Spürbare Aggressivität liegt in der Luft. Bevor wir vier Beter mit unserem Gebet beginnen, gehe ich zur Polizei und frage freundlich, ob sie wegen uns da sind. Im freundlichen Ton teile ich mit, dass wir mit dem Gebet beginnen werden. Innere Ruhe, Gelassenheit und Frieden erfüllen mein Herz so intensiv wie noch nie. Zeitgleich mit unserem ruhigen Gebet ohne Lautsprecher beginnt die Anführerin der streitbereiten Aktivisten die üblichen Parolen in ihren Lautsprecher zu schreien. Wir beten lauter, damit wir uns gegenseitig hören können. (…)
Wir bekommen von zwei Frauen Verstärkung, und unser Präsident Christian Raffl kommt hinzu, nachdem er seine Frau und den Priester in die Kirche gebracht hat, in der zeitgleich eine eucharistische Anbetung gestaltet und anschließend die hl. Messe gefeiert wird. Ich fühle deutlich, dass wir sieben Personen im Verhältnis zu den vielen „dunklen" Demonstranten in absoluter Mehrheit sind.
Wenn sie auch in bedrohlicher Haltung Flugblätter mit schmutzigen Schimpfwörtern direkt vor uns niederlegen, bleibt unser Gebet ruhig und gelassen. Ihre Parolen hingegen werden aggressiver und lauter. Als wir uns jedoch für einige Minuten in Stille niederknien, um uns mit den Betern vor dem Allerheiligsten zu verbinden, erfüllt absolute Stille den öffentlichen Raum. Sogar der Straßenverkehr scheint still zu stehen. Erst als wir uns wieder erheben, setzt das drohende Geschrei erneut ein. Unser Präsident geht nach Abschluss des Gebetes zu den Polizisten und bedankt sich für ihren Schutz.
Aus Lebe, Juli 2022