Seit einem halben Jahrhundert ist die Kirche in den meisten europäischen Staaten mit fallenden Zahlen von Priestern konfrontiert. Die Folge: Überalterung des Priesterstandes. Fast eben so lange währt die Kritik an dessen zölibatärer Lebensform. Nicht mehr zeitgemäß, heißt es. Die in den letzten Jahren bekannt gewordenen Fälle von Kindesmissbrauch (wohlgemerkt zu 80% Knaben!) scheinen die Kritik zu bestätigen. Verunsicherung macht sich breit…
Um dieser zu wehren, verfasste Kardinal Robert Sarah das kürzlich auf Deutsch erschienene Buch Für die Ewigkeit – Meditationen über den Priester wertvolle Meditationen. Dabei verschließt der Autor keineswegs die Augen vor der heutigen Bedrängnis. „Manche fragen sich, ob nicht das Priestertum selbst zur Disposition steht,“ hält er einleitend fest. Man müsse die Institution erneuern, modernisieren, werde gefordert. Sarahs Antwort: „All diese Initiativen wären legitim, wenn das Priestertum eine menschliche Institution wäre. Aber wir haben das Priestertum nicht erfunden – es ist ein Geschenk Gottes.“
Die Größe dieses Geschenks ist Gegenstand des Buches, das Priester ermutigen will, „fest und treu an der Gnade eures Priestertums festzuhalten…“ In 14 Kapiteln geht der Autor aus verschiedenen Blickwinkeln auf das Thema ein. Jedes beginnt mit einer Einleitung gefolgt von einer längeren Betrachtung des Themas durch einen Heiligen. An diese schließt der Kardinal eine eigene Meditation an. Nur beispielsweise einige der angesprochenen Themen: „Für eine Reform des Klerus“, „Ein Heilmittel gegen Heuchelei“, „Priester, wer bist du?“, Schluss mit Klerikalismus“, „Priester: Geweihter Mensch des Heiligen“… Zu Wort kommen u. a. Katharina von Siena, Johannes Paul II., John Henry Newman…
Es ist nicht einfach, die Vielfalt der von Sarah angeschnittenen Themen wiederzugeben. Darum begnüge ich mich damit, Ihnen, liebe Leser, zu vermitteln, inwiefern das Buch für mich ein großer Gewinn war: Es hat mir in Erinnerung gerufen, welch großes Geschenk der Priester an die Kirche, also an mich, ist. Gerade auch für Christen, die ihren Glauben ernst nehmen, ist die Versuchung oft groß, den Dienst des Priesters „routiniert“ zur Kenntnis zu nehmen – etwa nach dem Motto: Ist ja sein Beruf.
In dieser Hinsicht spricht Sarah wie auch im übrigen Buch Klartext: „Er ist derjenige, der den Platz von Christus selbst einnimmt und in seiner Person handelt. (…) Der Priester ist nicht ein anderer Christus neben Christus. Er ist Christus selbst, der sich sakramental fortsetzt. (…) Das Konzil sagt, dass der Priester den Platz Christi einnimmt und in seiner Person handelt…“ Und das bedeute nicht, „dass er so etwas wie eine neue Inkarnation wäre. Das wäre eindeutig falsch und würde jedem Missbrauch Tür und Tor öffnen. Es bedeutet auch nicht, dass der Priester durch seine Weihe auf magische Weise heilig wäre…“
Aber: „Der Priester ist nicht ein Vermittler, ein Bildschirm zwischen Christus und uns. Im Gegenteil: Durch ihn, durch seine vom sakramentalen Charakter geprägte Person, berührt, segnet, betrachtet und spricht Jesus selbst zu mir!“ Wenn wir ernst nehmen, was bei der Feier der Sakramente geschieht, kann es gar nicht anders sein: Der Herr selbst ist am Werk, sonst wird die Hostie nicht der Leib Christi und es werden mir die Sünden nicht vergeben.
Welche Herausforderung für den Priester, sich für diese Realität zu öffnen! Und welche Herausforderung für uns alle, der Größe dieser Berufung Rechnung zu tragen. Wo diese Herausforderung angenommen wird, erblüht die Kirche neu, mehren sich die Berufungen – gerade auch in schwierigen Zeiten.
Für die Ewigkeit – Meditationen über den Priester. Von Robert Kardinal Sarah. Fe–Medienverlag, 230 Seiten, 16,80 €.