Wir konzentrieren uns oft auf viele dringende, aber unnötige Dinge, wir kümmern uns und sorgen uns um viele zweitrangige Dinge; und vielleicht vernachlässigen wir, ohne es zu merken, das, was am meisten zählt, und lassen zu, dass unsere Liebe zu Gott allmählich abkühlt, nach und nach erkaltet. Heute bietet uns Jesus die Arznei dafür an, einen lau gewordenen Glauben wieder zu erwärmen. Und um welche Arznei handelt es sich dabei? Um das Gebet. Das Gebet ist die Medizin des Glaubens, das Stärkungsmittel für die Seele. Es muss jedoch ein unablässiges Gebet sein.
Wenn wir eine Therapie befolgen müssen, um gesund zu werden, dann ist es wichtig, sie gut zu befolgen, die Medikamente auf die richtige Art und Weise und zur richtigen Zeit, mit Beständigkeit und Regelmäßigkeit einzunehmen. Das ist in allen Bereichen des Lebens angebracht. Denken wir etwa an eine Pflanze, die wir im Haus haben: wir müssen sie jeden Tag regelmäßig gießen, wir können sie nicht wässern und dann wochenlang ohne Wasser lassen!
Das gilt erst recht für das Gebet: man lebt nicht nur von starken Momenten oder intensiven Begegnungen, um dann „in den Winterschlaf zu fallen“. Unser Glaube wird verdorren.
Wir brauchen das tägliche Wasser des Gebets, es braucht eine Zeit, die Gott gewidmet wird, damit Er in unsere Zeit, in unsere Geschichte eintreten kann; ständige Momente, in denen wir Ihm unser Herz öffnen, damit Er jeden Tag Liebe, Frieden, Freude, Kraft, Hoffnung in uns gießen kann; dass Er also unseren Glauben nähren kann.
Deshalb spricht Jesus heute „zu seinen Jüngern – zu allen, nicht nur zu einigen! – über die Notwendigkeit, allezeit zu beten und darin nicht nachzulassen“. Aber da könnte einer einwenden: „Aber wie stelle ich das an? Ich lebe nicht im Kloster, ich habe nicht viel Zeit zum Beten!“
Vielleicht kann bei dieser realen Schwierigkeit eine weise spirituelle Praxis helfen, die heute etwas in Vergessenheit geraten ist, die unsere alten Menschen, vor allem die Großmütter, gut kennen: jene des sogenannten Stoßgebets. Der Name ist ein wenig veraltet, aber die Substanz ist gut. Um was handelt es sich dabei? Um sehr kurze Gebete, die man leicht auswendig lernen kann und die wir im Laufe des Tages bei verschiedenen Aktivitäten oft wiederholen können, um auf den Herrn eingestimmt zu bleiben.
Nehmen wir einige Beispiele. Gleich nach dem Aufwachen können wir sagen: „Herr, ich danke dir und schenke dir diesen Tag“: das ist ein kleines Gebet; dann, vor einer Tätigkeit, können wir wiederholen: „Komm, Heiliger Geist“; und zwischen einer Sache und einer anderen können wir so beten: „Jesus, ich vertraue auf dich, Jesus, ich liebe dich.“ Kleine Gebete, die uns aber in Verbindung mit dem Herrn bleiben lassen.
Wie oft schicken wir den Menschen, die wir lieben, „kleine Kurzmeldungen“! Lasst uns das auch mit dem Herrn tun, damit das Herz mit Ihm verbunden bleibt. Und lasst uns nicht vergessen, Seine Antworten zu lesen. Der Herr antwortet, immer. Wo finden wir sie? Im Evangelium, das wir immer bei uns haben und jeden Tag ein paar Mal öffnen sollen, um ein an uns gerichtetes Wort des Lebens zu empfangen.
Aus der Ansprache beim Angelus am 16.10.22 auf dem Petersplatz.