VISION 20002/2023
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Hilfe bei der Unterscheidung der Geister

Artikel drucken Woran man das Wirken des Heiligen Geistes erkennen kann (Horst Obereder)

Der entscheidende Kampf, in den der Mensch gestellt ist, spielt sich auf der geistigen Ebene ab. Der Christ ist bemüht, sein Leben aus der Kraft des Heiligen Geistes zu gestalten, ist aber dem Einfluss des Geistes der Welt ausgesetzt. Im Folgenden eine Hilfestellung zur Unterscheidung der Geister.

Gottes Geist verstößt nie gegen die Liebe

   
Die Herabkunft des Heiligen Geistes auf die zu Pfingsten
versammelte Jüngerschar

(Jean Restout, La pentecôte, Gemälde im Louvre)
 

Im Katechismus der Katholischen Kirche lesen wir: „Gott hat den Menschen ‚der Macht der eigenen Entscheidung überlassen‘ (Sir 15,14), damit er seinem Schöpfer in Freiheit anhangen und so zur seligen Vollendung kommen kann“ (KKK 1743). Aus diesem Grund wird Gott nie etwas gegen unsere Freiheit unternehmen. Ein altes französisches Sprichwort sagt: „Liebe ist das Kind der Freiheit!“ Im Hinblick auf die Schöpfung kann man sicher auch sagen: „Die Freiheit ist das Kind der Liebe Gottes“. Und weil die geschenkte Freiheit ein so hohes Gut des Menschen ist, wird unser Schöpfer diese nie einschränken.
Auch die Engel und Heiligen tun nichts gegen unsere Freiheit. Selbst wenn wir in Not sind, drängen sie sich nicht auf. Sie warten und wollen gebeten werden, z.B. durch die Bitte um Hilfe oder Heilung. Sobald sie angerufen werden, kommen sie auch. Sie kommen, wenn es ihnen erlaubt ist, uns zu helfen, wenn sie helfen dürfen.
Die Geister der Verwirrung dagegen achten die Freiheit des Menschen nicht. Sie verstoßen massiv gegen die Liebe, die ihnen fremd ist. Sobald diese Geis­ter eine Lücke spüren, dringen sie ein. Sie verhalten sich wie ein Trojaner im Computer. Sie fragen nicht, dringen durch eine Schwachstelle ein und zerstören den Computer. Es muss daher unser Bestreben sein, unsere Schwachstellen kennen zu lernen und zu beseitigen. Ein häufiges Einfallstor sind Verwundungen aus der Kindheit. Deshalb sollte man immer wieder um Heilung beten, bis dieses Tor verschlossen wird. Ansonsten werden diese Verwundungen vom Bösen missbraucht.

Gottes Geist schenkt Ruhe und Sicherheit
Im Buch der Psalmen lesen wir: „Bei Gott allein wird ruhig meine Seele, von ihm kommt mir Rettung (Ps 62,2). Von Gott kommen Ruhe, Kraft und Sicherheit, von ihm die Rettung. Der Geist Gottes ist nie forsch, fordernd oder ungeduldig, er setzt uns auch nicht unter Druck. Sagt jemand zu seiner Tochter, die gerne Ärztin werden will: „Du musst unbedingt Wirtschaft studieren!“, dann ist das nicht vom Geist Gottes. Selbst wenn man die Wahrheit verkündet, darf kein Druck dahinterstehen, der unruhig macht. Gottes Geist wirbt nur mit Liebe. Nach einer guten Beichte übernimmt gerne der „Geist des Misstrauens“ das Kommando. Es kommt das Gefühl auf: „Die Beichte war nicht gültig.“ Der nackte Glaube aber ist wichtiger als Gefühle. Gefühle können sich ändern, das Wort Gottes aber nicht. Und das Wort Gottes sagt: „Denen ihr die Sünden erlasst, denen sind sie erlassen; denen ihr sie behaltet, sind sie behalten“ (Joh 20,23). Der Geist Gottes schenkt Ruhe, Kraft und Sicherheit. Er überfordert auch nicht.
Der Geist der Verwirrung will entmutigen und unruhig machen, z.B.  indem er uns zeigt, dass wir ein Nichts und von einem heiligen Leben meilenweit entfernt sind.

Gottes Geist führt ge­ra­de, einsichtige Wege
Lukas beschreibt in der Apostelgeschichte (vgl. 16,6-10), wie Paulus Schritt für Schritt nach Europa geführt wurde. Der Heilige Geist verwehrte  einige Vorhaben, bis Paulus im Traum die Vision eines Mazedoniers hatte, der ihn bat, nach Mazedonien zu kommen. Auch Paulus musste die Pläne Gottes, die im Dunkeln lagen, suchen. Wenn eine Türe geschlossen war, ging er weiter, bis sich eine andere öffnete.
Wenn ich einen bestimmten Weg – im Leben oder Glauben – gehen soll, dann kommt zuerst ein konkreter Impuls von außen. Ich sehe einen Film, in dem eine Krankenschwester jemandem das Leben rettet.  Da kommt der Gedanke: „Das wäre vielleicht etwas für mich.“ Dann gibt es noch äußere Umstände. Ich treffe  eine Bekannte, die mir erzählt, sie habe sich gerade um eine Ausbildungsstelle als Krankenschwester beworben und bemerkt: „Man könne sich noch bewerben“. Sind auch die Voraussetzungen zur Bewerbung gegeben, dann kann ich mit relativer Sicherheit annehmen, dass Gott mich auf diesen Weg führen möchte.
Gott führt auch im Gebetsleben einen geraden, einsichtigen Weg der Mäßigkeit und Regelmäßigkeit. Man beginnt mit einem Gesätzchen Rosenkranz, betet dies konsequent und kann langsam die Gebetszeit ausdehnen. Der Geist der Verwirrung versucht, uns durch Übertreibungen zu überfordern. Man beginnt sein Gebetsleben z.B. mit einem Psalter und betet bald gar nichts mehr.

Gottes Geist achtet die göttliche Ordnung
Ein klassisches Beispiel dazu ist die Versuchung Jesu. Der Teufel sagte zu Jesus: „Wenn du Gottes Sohn bist, so stürz dich hinab … (die Engel) werden dich auf ihren Händen tragen“ (Mt 4,6).  Jesus hätte dazu die Macht gehabt. Doch er wollte auch als Gott-Mensch  die Naturgesetze nicht missachten und ging nicht darauf ein. Neben der Versuchung zur direkten Übertretung der göttlichen Gesetze versucht uns der Teufel immer wieder indirekt dazu, gegen die Naturgesetze zu handeln. Er tut dies mit den Übertreibungen im Sinn von „zu wenig“ oder „zu viel“. Zu wenig Schlaf, zu viel Arbeit, zu viel Risiko…
Der Geist der Verwirrung arbeitet immer gegen die Kardinaltugend der Mäßigkeit und suggeriert, dass man ungestraft die Naturgesetze missachten kann.

Der Geist Gottes lässt reifen und wachsen
Der Herr ist mit uns nicht ungeduldig. Im Matthäusevangelium lesen wir, dass Gott den Weizen und das Unkraut bis zur Ernte wachsen lässt: „Lasst beides wachsen bis zur Ernte“ (Mt 13,30). An anderer Stelle zeigt Jesus, dass wir auch noch eine Chance haben, selbst wenn wir bisher unfruchtbar waren (vgl. Lk 13,8). Gottes Geist lässt wachsen und reifen, er lässt uns Zeit. Wir müssen nicht über Nacht heilig werden. Es genügt das ehrliche Bemühen.
Der Geist der Verwirrung bedrängt uns, stellt ultimative, unrealistische Forderungen mit dem Ziel, uns durcheinander- und vom kontinuierlichen Reifungsweg abzubringen.

Gottes Geist regt uns zum Tätigwerden an
Der Apostel Paulus schreibt: „Wir hören aber, dass einige von euch ein unordentliches Leben führen und alles Mögliche treiben, nur nicht arbeiten. Diesen gebieten wir, und wir ermahnen sie in Jesus Christus, dem Herrn, in Ruhe ihrer Arbeit nachzugehen und ihr eigenes Brot zu essen“ (2 Thess 3,11-12). Ein Mensch, der lahm und träge ist, wird sicher nicht vom Geist Got­tes geführt. Gottes Geist weckt uns auf, wenn wir trödeln oder bummeln wollen. Er regt uns an, etwas Konkretes zu tun (arbeiten, spazieren gehen, schlafen). Wenn wir eine angenehme und eine unangenehme Aufgaben zu erledigen haben, dann ist es ratsam, zuerst die Unangenehme zu erledigen. Wenn sie getan ist, kommt Erleichterung und Freude auf. Der verstorbene Kamillianer Pater Anton Gots pflegte zu sagen; „Wenn ich schon etwas tun muss, dann tue ich es gleich und gerne!“
Der Geist der Verwirrung lähmt unsere Arbeit und hält uns von wichtigen Aufgaben ab.

Der Geist Gottes macht hellhörig für die Sünde
Tobit wurde traurig, begann zu weinen, dachte an Gottes Barmherzigkeit und betete: „Jetzt aber, o Herr, gedenke meiner und schau gnädig auf mich! Bestraf mich nicht für meine Sünden!“ (Tob 3,3) Der Geist Gottes macht uns aufmerksam auf unsere Sünden, so dass wir uns gerne ändern wollen. Er gibt uns auch Mut und Hoffnung und befreiende Anweisungen, die nicht bedrängen oder zwingen.
Gott überfordert uns nie und gibt immer Hoffnung: „Sind eure Sünden wie Scharlach,  weiß wie Schnee werden sie. Sind sie rot wie Purpur,  wie Wolle werden sie“ (Jes 1,18). Jesus schenkt uns dazu das Mittel der Beichte.
Der böse Geist missbraucht unsere Fehler und will, dass wir hoffnungslos und passiv werden. Wir sagen dann: „Ich tauge nichts, ich kann nichts, ich bin unverbesserlich und unnütz“. Er erzeugt Angst und Furcht und bewirkt Hilflosigkeit, Ratlosigkeit bis hin zur Verzweiflung.

Der Geist Gottes führt zu Jesus hin
Nach der Pfingstpredigt des hl. Petrus, in der er eindringlich über Jesus gesprochen hat, waren die Zuhörer überwältigt: „Als sie das hörten, traf es sie mitten ins Herz, und sie sagten zu Petrus und den übrigen Aposteln: Was sollen wir tun, Brüder? Petrus antwortete ihnen: Kehrt um und jeder von euch lasse sich auf den Namen Jesu Christi taufen zur Vergebung eurer Sünden“ (Apg 2,27-38). Diese Schriftstelle besagt alles. In 2000 Jahren Kirchengeschichte hat dieser Geist Gottes eine unübersehbare Schar zu Jesus geführt. Durch die Taufe bevollmächtigt, schöpften sie Mut zum Dienst für Gott und die Menschen.  Gottes Geist leitet uns an, aus Liebe zu Jesus zu handeln.
Der Geist der Verwirrung führt von Jesus weg, nicht selten durch übertriebene Bußübungen. Er führt in äußeren Aktionismus, während der Geist Gottes eher zum Schweigen vor Gott führt.

Gottes Geist wirkt Ver­gebung, Versöhnung
Im Vaterunser beten wir: „Vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unseren Schuldigern.“ Der Geist Gottes führt uns zur Beichte und zum Verzeihen. In der Beichte sprechen wir nicht nur unsere Vergehen und Probleme aus, wir erfahren auch Ermutigung, Vergebung unserer Schuld und wahren Frieden mit Gott (vgl. (Joh 20,23). Jesus sagt ja: „Kommt alle zu mir, die ihr mühselig und beladen seid! Ich will euch erquicken (Mt 11,28). Der Hl. Geist führt uns immer zur Versöhnung und zum Frieden mit Gott – immer wieder. Auch wir fragen wie Petrus: „Wie oft muss ich vergeben?“ Und wir erhalten dieselbe Antwort wie er: „Ich sage dir nicht: Bis zu siebenmal, sondern bis zu siebzigmal siebenmal“ (Mt 18,21-22).
Der Geist der Verwirrung allerdings hält von beidem nichts. Wozu sollst du beichten? Ich habe doch ein Recht, meine Triebe und Anlagen zu gebrauchen; ich habe sie ja von Gott! Schließlich bin ich nur ein Mensch. Und wozu soll ich jemandem vergeben, der so böse war zu mir?

Der Geist Gottes führt zum Wesentlichen hin
Der Apostel Paulus gibt folgenden Rat: „Achtet also sorgfältig darauf, wie ihr euer Leben führt, nicht wie Toren, sondern wie Kluge! Nutzt die Zeit, denn die Tage sind böse. Darum seid nicht unverständig, sondern begreift, was der Wille des Herrn ist!“ (Eph 5,15-16). Das Wesentliche bedeutet: den Willen des Herrn erfüllen. Wie man diesen Willen erfüllen kann, darauf gibt Paulus folgende Antwort: „Das ist es, was Gott will: eure Heiligung!“ (1 Thess 4,3). Und Jesus sagt klar, was zur Heiligung erforderlich ist: „Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben mit ganzem Herzen, mit ganzer Seele und mit deinem ganzen Denken. Das ist das wichtigste und erste Gebot. Ebenso wichtig ist das zweite: Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst. An diesen beiden Geboten hängt das ganze Gesetz und die Propheten“ (Mt 22,37-39). Diese und viele andere Schriftstellen ermahnen uns, bewusst zu leben und die Zeit klug zu nutzen.
Der Geist der Verwirrung führt uns  – besonders heute – zum Unwesentlichen. Die Raffinesse des Bösen macht abhängig von Handy und Medien und versperrt uns dadurch die Öffnung für Gott. Wir tauchen ein in eine virtuelle Scheinwelt und vergessen die Realität jener Welt, für die wir hier auf Erden unsere Eintrittsberechtigung erlangen sollen.

Der Autor war Direktor der HTL in Linz und viele Jahre hindurch gemeinsam mit seiner Frau
verantwortlich für die „Charismatische Erneuerung“ dieser Diözese.


Buch zum Thema

   
   
  Dieser Artikel übernimmt die Gedanken des Buches  Die Gabe der Unterscheidung der Geister, das 1989 im Veritas-Verlag erschienen und dessen Autor P. Hans Buob ist. Eine überarbeitete Neuauflage mit demselben Titel ist im Unio-Verlag-Hochaltingen zum Preis von 5,50€  erhältlich.
   
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