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Geburt in der Todeszelle

Artikel drucken Im Sudan wegen Abfall vom Glauben zum Tod verurteilt

Im Sudan konnte man für „Abfall vom Islam“ bis 2020 mit dem Tod bestraft werden. Mariam Ibrahim war deswegen in der Todeszelle und hat dort ihr zweites Kind geboren. Nach internationalen Bemühungen kam sie frei.


  
Miriam Ibrahim  

Wennheute daran denkt, wie sie mit angeketteten Füßen in einem Gefängnis ihr zweites Kind zur Welt brachte, kann sie es selbst kaum mehr glauben. Als ihr Erstgeborener Martin auf die Welt kam, saß sie noch nicht in der Todeszelle und musste auch nicht ohne die Hilfe von Hebammen und Ärzten ein Kind gebären. Bei Maya war das allerdings der Fall.
Mariam Ibrahim kommt aus dem Sudan. Ihr Vater ist Muslim, so wie die meisten in dem riesigen afrikanischen Land. Im Sudan gilt zum Zeitpunkt ihrer Geburt die Scharia, vor allem die Strafgesetze beruhen auf dem islamischen Rechtssystem. Jedes Kind eines muslimischen Vaters wird offiziell als Muslim gesehen. Mariams Vater verließ die Familie als sie sechs Jahre alt war. Ihre Mutter – eine Christin – erzog sie daraufhin äthiopisch-orthodox.
Dann folgte eine sudanesische Erfolgsgeschichte. In einem Land, in dem jede dritte Frau nicht lesen und schreiben kann, studierte Mariam an der Universität von Khartoum Medizin, promovierte und arbeitete dann als Ärztin. In dieser Zeit heiratete sie Daniel Wani, einen Christen aus dem Südsudan. Doch kurz darauf – Mariam ist mittlerweile 25 – wird sie verhaftet.
Ein Verwandter hatte sie des Ehebruchs beschuldigt, weil sie einen Christen geheiratet hatte. Eigentlich ist Mariam getauft und lebt als Christin, doch rechtlich gilt sie ja als Muslima und darf als solche nur einen muslimischen Mann heiraten. Alles andere ist Ehebruch.
Gegenüber den Behörden beteuert Mariam, dass sie Christin ist. Doch das macht alles nur noch schlimmer. Ein halbes Jahr nach der Anklage wegen Ehebruchs wird sie jetzt auch noch der Apostasie, also des Abfalls vom Islam, beschuldigt. Die Strafe dafür: Tod durch Erhängen.
Doch es gibt noch einen Ausweg. Mariam bekommt drei Tage Zeit, um ihrem Glauben abzuschwören und sich zum Islam zu bekennen.
Aber Mariam Ibrahim bleibt ihrem Glauben an Christus treu. Darum muss sie in die Todeszelle. Bei ihrer Verurteilung ist sie bereits hochschwanger und als sie ins Gefängnis kommt, schon im neunten Monat. Ihr Baby kann jeden Moment kommen. Trotzdem sitzt sie hinter Gittern in der Todeszelle. Mit ihr ist Martin, ihr anderthalb Jahre alter Sohn. Später sagt sie: „Ich erinnere mich nicht, einmal mehr als eine Stunde am Stück geschlafen zu haben, weil ich auf Martin aufpassen musste.“
Das Todesurteil wird nicht sofort vollstreckt, weil Mariam Ibrahim schwanger ist. Ein „gnädiger“ Aufschub von zwei Jahren wird ihr gewährt, um sich noch um ihr Neugeborenes zu kümmern, wenn es geboren wird.
Und tatsächlich: Am 27. Mai bringt Mariam in der Krankenstation des Frauengefängnisses ihre Tochter Maya zur Welt. Selbst ist die Frau: Medizinische Hilfe hat sie keine - nur ihr eigenes Wissen als Ärztin, ihre unfassbare Stärke und ihren Glauben. Während der Geburt ist sie an den Füßen angekettet.
Der Fall sorgt international für Empörung. Verschiedene Botschafter und Regierungsmitglieder veröffentlichen Statements, in denen sie die Freilassung der Christin fordern. Die Geschichte der jungen Mutter, die ihr Baby im Gefängnis gebären musste, geht um die Welt. Endlich haben die Bemühungen Erfolg. Durch internationalen Druck ordnet ein Berufungsgericht an, Mariam und ihre zwei Kinder unverzüglich freizulassen.
Lieber heute als morgen möchte die Familie ausreisen, denn die Gefahr, durch wütenden Mob umgebracht zu werden, ist nach einer Freilassung aus dem Gefängnis hoch. Mariam und die zwei Kinder finden in der US-amerikanischen Botschaft Zuflucht. Noch dürfen sie das Land nicht verlassen, weil sie bis jetzt nur auf Kaution frei sind. Nach weiteren diplomatischen Bemühungen ist die Ausreise endlich möglich. Ein Flugzeug bringt die Familie nach Italien.
Kurz nach der Ankunft besuchen sie Papst Franziskus, der die Kinder segnet und Mariam seine Bewunderung ausspricht. Dann geht es für die Familie in die USA, in ihre neue Heimat. Dort ist, nur weil sie ihrem Glauben und ihrem Ehemann treu bleiben will, ihr Leben nicht mehr in Gefahr ist.
Doch anstatt ihr neues friedlicheres Leben zu genießen, setzt sich Mariam nunmehr für verfolgte Christen und religiöse Minderheiten im Sudan ein. „Anderen geht es im Sudan noch schlechter, als es mir ging", sagt sie. Deswegen ist die mehrfache Mutter umtriebig und setzt sich für Religionsfreiheit in ihrer sudanesischen Heimat ein.

Auszug aus Impact (Zeitschrift von ADF International) 3/2022

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