VISION 20005/2023
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Darf der Staat beliebig mit der Wahrheit umgehen?

Artikel drucken Die Verleugnung der Realität und ihre Folgen (Peter Winnemöller)

In Deutschland soll künfitg jeder sein Geschlecht festlegen dürfen. Im Folgenden grund­sätzliche Gedanken zu den Fol­gen so einer verordneten Neu­definition der Realität.

Ontologische Wahrheiten sind wesentlich objektive Wahrheiten, die nicht von Meinungen abhängen. Ein Mensch beispielsweise lässt sich – von sehr wenigen Ausnahmen abgesehen – eindeutig einem der beiden existierenden Geschlechter, männlich oder weiblich, zuordnen. Das ist eine Wirklichkeit, die von Meinungen unabhängig ist, und diese Wirklichkeit auszusagen ist die Wahrheit.
Der gesellschaftliche Mainstream hingegen hat sich in jüngerer Zeit der wirklichkeits- und wahrheitsfernen Genderideologie angeschlossen, nach der die Zahl existierender Geschlechter beliebig und größer als zwei ist. Ferner hat jeder Mensch das Recht hat, sich sein Geschlecht auch mehrfach, alternierend und in beliebig kurzer Zeit variierend selber zuzuschreiben. Und ist es auch Irrsinn, so hat es doch Methode.
Gesellschaftliche Trends bringen es so mit sich, normbildend zu wirken. Auch die Bildung von Rechtsnormen gehört dazu. So steht uns nun nach dem jüngsten Beschluss des deutschen Bundeskabinetts ein Gesetzgebungsverfahren bevor, in dem der Deutsche Bundestag ein Gesetz verabschieden soll, nach dem sich Menschen auf Grund eines Sprechaktes ein anderes Geschlecht zuweisen können.
Damit wird rechtlich normierend eine Wirklichkeit etabliert, die der Wahrheit diametral entgegensteht. Jeder Mensch im Einflussbereich dieses Gesetzes kann in die Gefahr kommen, objektiv lügen zu müssen oder für das Aussprechen der Wahrheit bestraft zu werden. Das ist ein Novum! Wir kannten bisher Wahrheiten, die auszusprechen öffentlich in Acht und Bann geschlagen waren, verboten sie zu sagen, waren sie nicht. So konnte bisher jeder offen sagen, dass bei einer Abtreibung ein Kind sterben muss. Man geriet damit ins öffentliche Abseits, wurde dafür aber nicht bestraft.
Wer also künftig einen Mann in Frauenkleidern, der sich selbst in einem Sprechakt zur Frau erklärt hat, einen Mann nennt, gerät mit dem Gesetz und Konflikt und könnte bestraft werden. Das ist nichts anderes als die Gegenwärtigsetzung des Wahrheitsministeriums aus dem Roman 1984 von George Orwell. Denn so wie dort Wahrheiten angepasst und frühere Wahrheiten ausgelöscht werden, wird der Martin künftig Tessa heißen und niemals Martin geheißen haben und jeder, der behauptet, Tessa sei Martin und in Wirklichkeit ein Mann, bekommt Stress mit der Gedankenpolizei. Das hier gewählte Beispiel ist rein fiktiv. Jede Ähnlichkeit mit real existierenden Personen wäre rein zufällig.
Nun lautet für alle Christen das achte Gebot: „Du sollst kein falsches Zeugnis geben wider deinen Nächsten.“ Sicher wird keiner in die Hölle kommen, weil er aus bürgerlicher Höflichkeit die Transfrau von nebenan mit ihrem Wunschnamen anredet und ihr Phantasiegeschlecht zumindest vorgibt zu akzeptieren. Andersherum setzt sich der Gefahr der Verfolgung aus, wer öffentlich macht, dass da ein Mensch seine Mitmenschen arglistig täuscht und vorgibt zu sein, was er nicht ist.
 Jenseits der Grenzen bürgerlicher Höflichkeit gibt es eine Konfrontation mit der dekonstruierten Wirklichkeit, die auch Gefahren birgt. Da ist es noch beinahe harmlos, wenn Schwimmwettbewerbe von Frauen künftig von biologischen Männern dominiert werden. Anders sieht es beim Eindringen von Männern in Schutzräume für Frauen aus, die teilweise mühsam erstritten werden mussten. So ganz nebenbei fliegt die christliche Anthropologie in den Müll. Doch wen kümmert das schon?
Was interessiert das alles einen alten, weißen, katholischen Mann? Ich habe weder ein Interesse an Frauensauna noch an Frauenumkleiden (da ist es mir viel zu laut). Es ist eine viel tiefer gehende Frage, die jeden denkenden Menschen umtreiben muss. Es geht wirklich hier um sehr viel mehr als um den garantiert sehr wichtigen Schutz von biologischen Frauen vor übergriffigen biologischen Männern. Es geht um die Frage, ob der Staat wirklich beliebig mit der Wahrheit umgehen darf.

Der Autor ist Journalist und Blogger, sein Beitrag ein Auszug aus seinem Artikel in kath.net v. 28.8.23

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