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Lebensschutz als Lebensaufgabe

Artikel drucken Anni Winkler, eine Südtirolerin stellt sich in den Dienst der ungeborenen Kinder (Von Alexa Gaspari)
   
 Anni Winkler  

Das Internet hat schon auch seine Vorteile: Es ermöglichte Anni Winkler und mir unlängst ein Interview per Videoanruf. Das macht so ein Gespräch viel lebendiger als nur über Telefon. Auf diese Weise konnte ich feststellen, dass Anni immer noch so sympatisch, zierlich und hübsch ist wie vor Jahrzehnten, als ich sie bei gemeinsamen Lebensschutzveranstaltungen kennenlernte. Mehr als zwei Stunden haben wir geplaudert, und Anni hat mir viel über ihr Leben erzählt.
Zur Welt kam sie 1947 als drittes Kind mit vier Schwestern und einem Bruder, der leider viel zu früh verstarb. Die tiefreligiöse Familie lebte auf einem Bergbauernhof in 1.200 Meter Seehöhe in Südtirol. „Der Ziehsohn den meine Eltern noch aufnahmen, ist für uns wie ein leiblicher Bruder .“ Annis Mutter war eine gläubige Frau und sehr musikalisch. Sie sang im Kirchenchor, betete viel – z.B. jeden Tag mit den Kindern den Rosenkranz – und war oft in der Lourdes-Kapelle, die zum Hof gehörte, anzutreffen. Alle Töchter sangen im Kirchenchor mit.
Der Vater war 25 Jahre Bürgermeister im kleinen, armen Bergdorf: Es gab keinen elektrischen Strom, keine Straße, keine Seilbahn – nur eine Materialseilbahn, die eigentlich nicht für den Transport von Personen zugelassen war. Nach dem Krieg herrschte Geldnot, und so verrichtete der Vater die Arbeit für die Gemeinde eben unentgeltlich – 25 Jahre lang. Da er als einziger in der Gemeinde Italienisch sprach, war er für die italienisch-sprachigen Beamten in Bozen und Trient der wichtigste Ansprechpartner für alle Belange und Ansuchen.
Der Vater war sehr sparsam und konnte sich als gewiefter Viehhändler einiges auf die hohe Kante legen. Damit unterstützte er nicht selten Dorfbewohner, die in ihrer Not zu ihm kamen. Anni erzählt gerne von ihrem Vater, der ihr ein großes Vorbild war: „Das Wichtigste in seinem Leben war der Glaube, das Gebet. Wir Kinder haben gespürt, dass die Eltern den Glauben wirklich gelebt haben. Das hat uns so geprägt, dass wir alle  bis heute den Glauben   bewahrt haben.“
Da dem Vater auch Bildung wichtig war, besuchten alle seine Kinder außer der Pflichtschule auch noch wenigstens ein Jahr in ein katholisches Internat kamen. Ich durfte am längsten ,studieren’, da ich als Kind viel krank und für die Bauernarbeit zu schwach war.“
Ja, Anni war nach einer Masernerkrankung - die alle Schwestern hatten - zu früh aufgestanden um der  Mutter bei der Betreuung der Geschwister zu helfen und erkrankte so für 3 Monate an Gelbsucht. Mit elf Jahren der nächste Schock: Leukämie.
Ein Arzt in Meran, zu dem ihr Vater Vertrauen hatte, schlug eine neue Therapie vor, die er in München kennengelernt hatte: „Wenn die anschlägt,“ meinte er, „könnte die Kleine geheilt werden, sonst wohl nicht.“ Zusätzlich zur Behandlung sollte Anni jeden Tag Milch trinken. Also bekommt sie als einzige in der Familie weißes Brot, das sie in die Milch eintauchte. Lächelnd meint sie: „Meine Geschwister haben mich um das Weißbrot beneidet, obwohl es eigentlich nicht so gesund war wie das dunkle, das die Mutter selbst gebacken hat.“ Außerdem versprachen die Eltern, eine Wallfahrt nach Lourdes zu machen. Die Therapie, bei der Anni Blut ihrer Mutter eingespritzt bekam, schlug, Gott sei Dank, an. Anni war damals zwölf Jahre alt.
Mit 13 kommt sie in ein Internat der Ursulinen, in die Bürgerschule in Bruneck, „wo man mehr auf das Leben vorbereitet wurde und wo es außer den normalen Fä­chern auch viel Musik, Handarbeiten und Zeichnen gab.“ Groß ist ihr Heimweh. So bleibt sie dort nur ein Jahr. Es folgen vier Jahre in einem anderen katholischen Internat. Nach zwei Jahren kaufmännischer Ausbildung und zwei Jahren Handelschule mit bestandener Prüfung beginnt sie mit 17 in einem großen Geschäft in Bozen als Buchhalterin zu arbeiten.
Zu diesem Zeitpunkt lebte sie mit 20 Mädchen und einer Heimleiterin in einem Wohnheim, das vom „Katholischen Verein der Werktätigen“ geleitet wurde. Gedacht war die Einrichtung für Mädchen, die vom Berg in die Stadt gekommen waren, um hier zu lernen oder zu arbeiten: „Sie sollten davor bewahrt werden, alleingelassen in der Stadt auf die schiefe Bahn zu geraten.“ Hier lernt sie auch ihren späteren Mann Hans kennen, der sich für die Werktätige Jugend bei den Burschen einsetzt.
Gern erinnert sich Anni: „Von Beruf war er Verkäufer, später Vertreter. Nach drei Jahren, 1971, heirateten wir. 1973 kam unsere Tochter Birgit zur Welt, und ich blieb vorerst mal zu Hause – bis sie in den Kindergarten kam. Dann arbeitete ich wieder halbtags.“ Im Familienunternehmen, das sie zusammen aufbauten und das Holzböden und Holzdecken importierte, kümmerte sie sich bis vor fünf Jahren um die Buchhaltung. Sie erlebt auch hautnah die Hochs und Tiefs des Geschäftslebens mit: Zunächst sehr erfolgreich, dann große Krise und schließlich Neustart. In den damit einhergehenden Belastungen ver­traut Anni, wie in allen anderen Belangen auch, auf das Gebet. „Das zweite Kind, auf das wir warteten, traf nicht ein. Im Nachhinein denke ich, dass Gott für mich eine andere Aufgabe vorhatte.“ Und die ergab sich folgendermaßen:
Eines Tages fällt ihr ein Artikel über eine Bewegung, die sich zur Aufgabe stellt, sich für den Schutz der ungeborenen Kinder einzusetzen, in die Hände. Ein großes Thema, das damals viele bewegt. 1978 trat nämlich in Italien das Abtreibungsgesetz in Kraft, das die Tötung ungeborener Kinder bis zum dritten Schwangerschaftsmonat nicht mehr unter Strafe stellte. Dazu die Anmerkung: Auch wenn der Staat unter bestimmten Voraussetzugen Abtreibung nicht bestraft, heißt das nicht, dass Abtreibung erlaubt ist. „In einem katholischen Land wie Italien, wo noch dazu der Hl. Vater seinen Wohnsitz hat und vor allem für uns Südtiroler, war das damals ein großer Schock,“ erinnert sich Anni.
Daher ist sie 1986, als das Ehepaar Paregger die „Bewegung für das Leben“ (BFL) in Südtirol gründet, mit dabei und erzählt: „Über 100.000 Unterschriften hat die BFL gegen das Abtreibungsgesetz gesammelt. Sie wurden in Rom beim Ministerium abgegeben. Aber vergebens. Denn was mal eingeführt ist, wird nicht so schnell geändert, dafür sorgten schon die Feministinnen.“
Es kommt das Jahr 1988: „Das einschneidendste Erlebnis für mich in diesem Jahr war der Internationale Familienkongress in Wien, an dem mein Mann und ich teilnahmen. Diese Veranstaltung im großen Kongress-Center, wo täglich durchschnittlich 5.000 Leute, vor allem auch junge Familien mit Kindern teilnahmen, hat mich für den Rest meines Lebens geprägt. Unvergesslich die tiefgründigen Vorträge über den Lebensschutz und die Folgen der Abtreibung – und zum Schluss der Einzug von Mutter Teresa mit einer nicht endenden Schar singender Kinder, jedes mit einer brennenden Kerze in der Hand. All das war so eindrucksvoll und für mich in der Folge richtungsweisend für mein ganzes Leben.“
Nach der Rückkehr von Wien ist sie voller Tatendrang. Sie fasst Vorsätze, die sie zusammen mit Gleichgesinnten sofort umsetzt. Sie besuchen in München eine Hilfsstelle für Schwangere in Not. 1990 entsteht daraufhin nach diesem Vorbild die Beratungsstelle „Kontakt & Hilfe“, die 2009 auf „Lichtblicke“ umbenannt wird: „Ich wurde Vorsitzende und hatte dieses Amt 32 Jahre lang inne. Als Beraterin arbeite ich immer noch mit. 10 bis 15 Jahre lang wurde unsere Beratungsstelle viel in Anspruch genommen, und wir konnten durch Beratung und konkrete Hilfe (finanzielle Unterstützung, Wohnungssuche, Begleitung bei Behördengängen, Vermittlung von guten Gynäkologen usw.) vielen Frauen helfen und deren Kinder vor dem Abtreibungstod bewahren – immer unterstützt durch viel Gebet. Ein Gynäkologe wird mir in Erinnerung bleiben: Er behandelte diese Frauen wie ein rührender Vater, unentgeltlich, besonders liebevoll und natürlich anonym,“ erinnert sie sich dankbar.
„Warum eine Beratungsstelle neben der Bewegung für das Leben?“, frage ich Anni. Und sie erklärt: „Die Beratungsstelle war deswegen eigenständig, weil angenommen wurde, dass manche Frauen nicht zur Bewegung für das Leben gehen wollen aus Angst, dort würde nur auf das Wohl des Kindes geschaut und das der Frauen nicht genug be­rücksichtigt.“ Die BFL war ja bekannt wegen ihres Einsatzes für die Kultur des Lebens, die lebensbejahende Denkweise und den „Schutz jeden menschlichen Lebens in allen Formen seiner Entwicklung – von der natürlichen Empfängnis bis zum natürlichen Tod“. Ihre Zeitschrift LEBE ist nicht nur in Südtirol bekannt.
Anni erinnert sich noch gut an die 80-er und 90-er Jahre, als Abtreibung noch nicht „salonfähig“ war: „Damals war der Großteil der Südtiroler noch religiös, moralisch gefestigt, und man wusste noch, dass Abtreibung eine schwere Sünde ist.“ Heute sei das anders: Durch den wachsenden Wohlstand sei auch der Egoismus gewachsen. Das ungeborene Kind stehe dann der Ausbildung, der Karriere, dem Abzahlen von Wohnungen und Ähnlichem im Weg. Auch der Glaube habe – vor allem bei der Jugend – aufgrund der antikirchlichen Strömungen insbesondere in den Massenmedien schweren Schaden erlitten.
Mittlerweile sei ein Gewöhnungsprozess eingetreten, aufgrund dessen es nun, wie wir gemeinsam feststellen, nicht „salonfähig“ ist, das Thema Abtreibung auch nur anzusprechen: „Wie viele Politiker und auch kirchliche Würdenträger stecken den Kopf in den Sand und möchten sich nicht die Finger verbrennen? Aber die heilige Mutter Teresa hat immer wieder betont,“ erinnert Anni, „es gäbe nichts Schlimmeres auf der Welt, als wenn eine Mutter ihr eigenes Kind tötet. Und trotzdem hört kaum jemand hin. Wen wundert es da, dass es so viel Elend auf der Welt gibt?“
Fast ebenso lang wie bei der Beratungsstelle war Anni auch Vize-Präsidentin bei der BFL-Südtirol: „Ich habe zusammen mit meinen Mitarbeitern viele Vorträge, Vortragsreihen, usw, sowie Podiumsdiskussionen mit namhaften Referenten organisiert. In den Anfangsjahren nach Einführung des Abtreibungsgesetzes hielten unser Präsident und seine Frau zum Thema Lebensschutz im ganzen Land auf Wunsch von Vereinen und Ortschaften bis zu 100 Vorträge im Jahr. Heute werden keine Vorträge mehr zu diesem Thema angefragt.“
Passend zum Lebensschutz engagierte sich Anni auch für die Verbreitung der Natürlichen Empfängnisregelung, für die sie mehrere Seminare organisierte, die gut besucht waren. Weiters ist ihr die Jugendarbeit ein großes Anliegen: „Im Herbst 1995 lernte ich in Rom beim Internationalen Kongress der Lebensrechtsbewegungen „TeenSTAR“ kennen, ein werteorientiertes Sexualerziehungsprogramm für Kinder und Jugendliche. Ich war sofort begeistert!“ Daher besucht sie kurz darauf selbst einen TeenSTAR-Kurs mit dessen Gründerin Hanna Klaus in Wien. Schon im August 1996 gibt es den ersten Kurs in Südtirol. Viele Jahre sind sie und ihre Mitarbeiter sehr erfolgreich mit den Kursen, die sie für Schulen, Lehrer, Pfarren, usw. anbieten. Aber dann stellen sich erste Rückschläge ein: In manchen Schulen werden Sexualerziehungsprogramme ein­gesetzt, die schonungslos und brutal das Schamgefühl der Kinder verletzen.
Doch Anni gibt nicht auf: „Ich war überzeugt, dass TeenSTAR eines der besten Aufklärungsprogramme weltweit ist. Es bereitet Kinder und Jugendliche bestens und einfühlsam aufs Leben vor. Christliche Werte spielen da noch eine Rolle und der Wert des menschlichen Lebens steht an ers­ter Stelle. TeenSTAR ist der beste Schutz vor Abtreibungen!“ Ich kann ihr nur beipflichten (siehe Portrait 1/07).
Nach 2008 gibt es zunächst einen Stillstand der Kurse. Doch als sich in der Beratungsstelle die Beschwerden der Eltern häufen, deren Kinder aufgrund des Sexualkundeunterrichts in Schulen seelisch und psychisch Schaden erleiden, wird ein Treffen mit allen, die TeenSTAR bereits kennen, organisiert. Von Neuem gibt es Info-Abende, Kurse, vor allem für Kinder von 9 bis 12 Jahren auf privatem Boden – aber auch in zwei Schulen. Nach einer bösartigen Verleumdungskampagne wird TeenSTAR allerdings wieder von den Schulen verbannt!
„ Wie konntest du das alles Jahre lange durchtragen?“, frage ich: „Es gab zum Glück viele kleine und große Freuden sowie Lichtblicke, die mich zum Durchhalten immer wieder motivierten,“ bekomme ich zur Antwort. „Da war z.B. mein erster Fall im Jahre 1990: Eine 17-jährige Studentin hatte bereits einen Abtreibungstermin durch die staatlich anerkannte Hilfsstelle im Krankenhaus Bozen bekommen. Ihre Freundin hatte einen Tag vor diesem Termin zufällig einen Vortrag über Abtreibung von unserem damaligen Präsidenten Michael Paregger gehört. Sie riet daraufhin der 17-Jährigen, statt zur Abtreibung zu gehen, zu mir zu kommen. Das Gespräch ging gut: Die Studentin brachte trotz aller Hürden einen gesunden Sohn zur Welt, der heute tüchtig einen Beruf ausübt. Seine Mutter, damals Studentin, hat den Doktor in Rechtswissenschaft gemacht, geheiratet und noch ein Mädchen bekommen. Und ich wurde Patin des kleinen Jungen!“ Als Anni mir das erzählte, war ihr noch heute die Freude darüber anzusehen.
Ein anderer Fall: „Von einer Telefonzelle ruft mich ein Mädchen an. Sie war leicht behindert, aber im Kopf ganz klar. Sie sagte, sie sei schwanger, möchte auf keinen Fall nach Hause, denn ihre Eltern hätten bereits einen Abtreibungstermin angemeldet. Sie wolle aber auf keinen Fall ihr Kind abtreiben. Das sei Mord, und das verkrafte sie nicht. Ich war erfreut über ihre klaren Worte und ihren Mut. Eine meiner Schwestern nahm sie spontan vorübergehend auf. Mit Gottes Hilfe fand ich eine alleinstehende Frau, die sie bis zur Geburt zu sich nahm. Durch viele Gespräche kam es zur Versöhnung mit Eltern und Geschwistern. Schließlich adoptierte eine ihrer Schwestern das Baby.“
Ausführlich erzählt mir Anni einen besonders schwierigen Fall: Eine Schwangere, die selbst eine schlimme Kindheit gehabt hatte, wendet sich an Anni. Sie war in vier Pflegefamilien aufgewachsen, der Vater ihres Kindes, ein Ausländer (verheiratet und mit Tochter) sucht, sobald er von dem Kind erfährt, gleich das Weite. Die Frau selbst möchte das Kind eigentlich behalten, hat aber finanzielle und Wohnungsprobleme und leidet an Migräne und Panikattacken.
Die Beratungsstelle verschafft ihr eine kleine Wohnung, hilft ihr bei der Miete. Eine Beraterin wird ihr zur Seite gestellt und vermittelt einen Halbtags-Job. In einer Apotheke, mit der die Beratungsstelle einen Vertrag hat, bekommt sie gratis Medikamente, Windeln, Babynahrung…
Im August kommt ihr Kind zur Welt. Anni bittet die Frau, nach der Geburt des Sohnes doch einstweilen auf Beziehungen mit Männern zu verzichten. Aber keine fünf Monate später bekommt sie wieder einen Anruf: Die junge Mutter ist wieder schwanger! Diesmal ist der Vater ein Moslem. Allerdings möchte er das Kind, die Mutter aber diesmal nicht. Noch ein Kind sei ihr zuviel.
Das musste Anni wohl zur Verzweiflung getrieben haben, stelle ich mir vor. Und so war es auch: „Bei der Beratung habe ich ihr ganz klar erklärt, was eine Abtreibung eigentlich ist, was da passiert und dass sie das später nie verkraften würde, so wie ich sie kennengelernt hatte. Adoption und Pflegefamilie hat sie, wohl auch wegen der eigenen Erfahrungen, abgelehnt. In einer eigenen Gebetsgruppe haben wir viel für sie und das Kind gebetet.“ Ist es eine Frucht des Gebets, dass diese Frau bald nach dem Gespräch im Internet auf einen Film stößt, in dem eine Abtreibung behandelt wird? Jedenfalls ist es der  bislang fehlende Anstoß, um die Abtreibung abzusagen: Das Kind darf am Leben bleiben.“
Und wie ging es weiter?: „Der Vater des Kindes zog bei ihr ein und bekam auch einen Job. Er ist für beide Kinder ein liebevoller Vater, wird auch von beiden geliebt. Doch nun möchte sich die zweifache Mutter von ihm trennen. Er muss sich jetzt eine Wohnung suchen. Anni ist überzeugt, dass diese Frau noch vieles aus ihrer eigenen Kindheit aufzuarbeiten habe und bedauert sehr, dass alle Versuche, ihr dabei zu helfen abgeblockt werden.
An dieser Stelle möchte ich nun unsere Leser bitten, für diese Familie zu beten, damit sich alles doch noch zum Guten, vor allem für die Kinder, wendet.
Nun frage ich Anni wie sie darüber hinwegkommt, wenn eine Mutter trotz aller Bemühungen und Hilfsangebote, ihr Kind nicht weiterleben lässt: „Gott sei Dank ist das nur selten der Fall. Ich denke da insbesondere an zwei Fälle mit negativem Ausgang, die mich, wenn ich darüber rede, heute noch bewegen. Wie bin ich damit zurechtgekommen? Ich habe sie nur im Vertrauen auf Gott verkraftet, habe gelernt, diese Anliegen abends dem Herrgott zu übergeben. Sonst hätte ich viele Nächte nicht schlafen können. Doch ich bin ja nur Sein Werkzeug, bemühe mich – alles andere muss Er machen. Ohne Ihn kann ich ja überhaupt nichts tun.“
Wenn es um das Bewältigen von Rückschlägen oder Misserfolgen im Leben geht, ist für sie unverzichtbar, dass sie zu Hause eine sehr harmonische Familie hat, vor allem einen sehr liebevollen und verständnisvollen Mann. „Wenn man weder den Glauben an einen Gott, der die Liebe ist, hat, noch eine liebevolle Familie, kann man solche Fälle nicht verkraften, ist Annis Ansicht.
Doch meist gibt es Grund zur Freude bei der Beratung: Eine Bekannte ruft sie an, um ihr von ihrer Nachbarin zu erzählen, die unerwartet schwanger wurde. Die Frau ist verheiratet, sie und ihr Mann arbeiten in der Landwirtschaft, sie haben bereits drei Kinder, davon zwei Schulkinder. Die Wohnung ist schon jetzt viel zu klein und dazu kommen finanzielle Probleme. Außerdem befürchtet die Frau, das Ungeborene könnte aufgrund der Medikamente, die sie nehmen muss, behindert auf die Welt kommen. Sie sei zwar Christin, sehe aber keine andere Lösung als Abtreibung.
Es folgen Gespräche mit der Frau, auch über das „Post Abortion Syndrom“, also über die psychischen Folgen, an denen viele nach einer Abtreibung über Jahrzehnte hinweg leiden. Die Beratungsstelle bietet finanzielle aber auch medizinische Hilfe an:  Ein Gynäkologe zerstreut ihre Ängste bezüglich Missbildung – und nicht zuletzt ist auch das Gespräch mit einem Priester ihrer Gemeinschaft eine große Hilfe. Als der Familie dann auch noch eine größere Wohnung angeboten wird und das vierte Kind, ein Mädchen, gesund zur Welt kommt, ist das Glück der Eltern – und auch Annis - riesengroß.
Am Schluss unseres Gesprächs meint Anni Winkler: „Zweierlei hat mich besonders geprägt: einerseits die Familie, besonders der tiefe Glaube des Vaters, und andererseits das Erleben des Familienkongresses. Ja, Lebensschutz war und ist für mich eine Lebensaufgabe! Von vielen Menschen wird der Schutz des menschlichen Lebens bejaht und gefördert, aber von vielen leider verpönt und stark angegriffen. Es braucht heute Mut und Kraft, sich hinzustellen und dafür zu kämpfen.“ Kämpfer gesucht.



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