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Sind wir die letzte Generation?

Artikel drucken Umweltschutz macht Sinn, insofern man ihn als Sorge um Gottes Schöpfung begreift (Pater Karl Wallner OCist)

Blockierte Autobahnen und Hauptverkehrsadern in Großstädten durch junge Leute, die ihre Hände an die Fahrbahnen kleben oder sogar festmauern, haben in letzter Zeit Schlagzeilen gemacht. Die Bewegung „Letzte Generation“ tritt durch spektakuläre Aktionen für eine radikale Änderung der Wirtschafts- und Umweltpolitik Propaganda ein – und erregt dabei enorm viel Unwillen. Im Folgenden eine Bewertung dieser Aktionen aus christlicher Sicht.

 
Proteste der „Letzten Generation“
erregen verbreitet Ärgernis
 

In meiner Jugend wollte ich unbedingt die Welt retten und deshalb Biologie studieren; das war in den 1970er Jahren, als es den ersten großen Aufbruch in ein ökologisches Bewusstsein gab. Tierschutz und Umweltschutz waren mir unglaublich wichtig. Mit der Euphorie eines 16-Jährigen war ich gegen Atomkraft. Meine großen Idole Konrad Lorenz, Bernhard Grzimek und Otto König mahnten, aber sie gaben auch Hoffnung: Wir schaffen das.
Meine Einstellung hat sich nicht geändert und spätestens durch die Enzyklika Laudato Si von Papst Franziskus 2015 ist sozusagen „meine“ Einstellung auch die der Kirche, des Lehramtes: Als Katholiken ist es unsere Pflicht, das „gemeinsame Haus Erde“ zu erhalten und Umweltzerstörung und Ressourcenverschwendung zu stoppen.
Die Enzyklika ist übrigens ermutigend, motivierend und hoffnungsvoll! Kein Wunder, denn sie geht von Gott aus, der letztlich der Herr dieser Welt ist: Er hat alles geschaffen, im Vertrauen auf Ihn können wir mit gutem Willen, Selbstbeschränkung und gemeinsamen Anstrengungen unseren Planeten den nächsten Generationen übergeben.
Doch genau das fehlt mir in dem, was sich im weltlichen Umfeld derzeit abspielt: Bei der Bewegung „Fridays for Future“ habe ich noch den Idealismus der Jugendlichen respektiert, dass die Aufmärsche aber zugleich mit Schulschwänzen verbunden waren, missfiel mir heftig.
Aber mit den Aktionen der „Last Generation“ kann ich gar nichts mehr anfangen. Schon der Ausdruck – „letzte“ Generation – verbreitet Hoffnungslosigkeit. Ich weiß schon, dass der Name als Mahnung verstanden sein soll: Das ist die letztmögliche Generation, die noch eine Wende herbeifühen könnte. Aber die Aktionen kommen mir irrational vor, so als würden sie wirklich einer großen Verzweiflung entspringen. Ich verstehe es einfach nicht: Was bezweckt man, wenn man sich vorgeblich „friedvoll“ auf Straßen klebt und damit normalen Leuten, die zur Arbeit müssen, den Krieg erklärt. Warum macht man Kunstwerke und Gebäude hässlich, indem man sie mit Farbe besprüht, wenn man doch für die Schönheit der Schöpfung protestieren will…?
In dem Klimarettungsthema ist mir zu viel Aktionismus und zu wenig echte Aktion drinnen. Und da fehlt mir auch das Vertrauen auf Gott. Ich fürchte, dass ein Hauptgrund für diesen Irrationalismus darin liegt, dass die jungen Leute, die sich „Last Generation“ nennen, Gott nicht kennen. Mag sein, dass der eine oder die andere einem esoterischen Pantheismus anhängt (ich habe Bilder gesehen, wo Klimaretter betend um Bäume herum stehen), aber führt der Glaube an einen Schöpfergott, der uns durch Jesus Christus als liebender Vater offenbart wurde, nicht in eine ganz andere innere Haltung gegenüber den ökologischen Problemen?
Ich frage weiter: Ist nicht der dramatische Gottesverlust, den Europa derzeit erfährt, die dramatische Entchristlichung, auch maßgeblich schuld daran, dass sich Umweltschutz mehr und mehr als irrationale Ideologie zu gebärden beginnt. Wo es keinen Schöpfergott und keinen Erlösergott mehr gibt, da muss ich als Mensch alles selber machen, alles selber schaffen. Aber schaffen wir das? Und wenn nicht alle gleich mitmachen, so wie ich das will, dann belehren wir sie, dann beschädigen wir sie, dann – und das fürchte ich als letzte Konsequenz – bekämpfen wir sie?!
Für uns Christen ist klar, dass wir nicht die „Letzte Generation“ sind. Wir wissen um unsere hohe Verantwortung für diese Erde, unser „gemeinsames Haus“, wie Franziskus den Planeten in „Laudato si“ nennt. Atheistische Hoffnungslosigkeit motiviert niemanden. Irrationale Agitation schadet dem Anliegen der Umweltbewegung.
Als Christen wollen und sollen wir alles tun, um die Erde zu hegen und zu pflegen. Dazu bedarf es erstens der göttlichen Gnade, weil nur mit Gottes Hilfe die Egoismen zwischen Nationen, Volksgruppen, politischen Richtungen und  Erbsünde überwunden werden können. Die Erbsünde ist das globalste aller Phänomene, sie sitzt tief im Herzen jedes Menschen, jedes Verantwortungsträgers! Der materialistische Atheismus wird mit ihr nicht fertig; er führt, wie schon so oft in der Geschichte, in fatale Selbstzerstörung.
Das Zweite, das wir brauchen, ist die Bekehrung zur persönlichen Tat. Umweltschutz und Verantwortung für die Schöpfung beginnt im Kleinen, bei mir und bei dir. Natürlich braucht es auch Lobbyismus im politischen Einflussbereich für das Richtige. Aber nur mit Protest, Demonstration und Agitation kommen wir nicht weiter. Ich würde mir wünschen, dass sich die „Last Generation“ in eine „First Generation“ verwandelt, die auch konkret etwas tut für den Umweltschutz, die konkret auch zeigt, wie die Sorge für diesen Planeten geht. Denn nur, wenn sich jeder selbst ändert, dann ändert sich auch die Welt.

Der Autor ist Nationaldirektor der Päpstlichen Missionswerke in Österreich.


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