Das Fehlverhalten anderer Menschen fällt einem meist eher auf als ihre guten Seiten. Letztere zu sehen und besonders hervorzuheben, sollte eigentlich unser Anliegen sein. Tipps dazu im folgenden Beitrag.
Christoph Alton |
Meine Ohnmacht, als Junglehrer den seelisch verwundeten Pubertierenden nahbar und wertschätzend begegnen zu können, motivierte mich, verstärkt Anteil zu nehmen an ihrem Alltagsleben. Wie ein Goldgräber fing ich an, objektiv Positives bei ihnen zu suchen und vor der ganzen Klasse das Positive auszusprechen, bezugnehmend auf mich: Z.B.: „Danke, Helene, mich hat es gefreut, dass Du in der Pause Deiner Mitschülerin wertschätzende Worte gesagt hast.“
„Franz, mich freut es, dass Du diesmal die Hausübung vollständig gemacht hast.“
Mit diesen ehrlich wertschätzenden Worten fing ein gegenseitig wohlwollendes Begegnen an, das sich über die vielen Jahre hinweg zu einem Erfolgsmodell bei Konflikten entwickelte.
Dazu einige grundlegende Aspekte:
– Jeder Mensch hat einen sogenannten Liebestank, wenn er im Mutterschoß anfängt zu wachsen. Zudem hat er ein Anrecht darauf, dass sein Liebestank regelmäßig von seinen Mitmenschen angefüllt wird.
– Wir Menschen haben zwei Augen und zwei Ohren, die ganz nahe am Gehirn angebracht sind. Das ist mit ein Grund, warum wir eine große Fähigkeit haben, die Mängel unserer Mitmenschen bis ins Detail zu erkennen. Wenn wir hier stehen bleiben, dann werden wir Kritisierende und zerstören bisherige Beziehungen, oft auch unbewusst. Diese große Fähigkeit, beim Mitmenschen seine Mängel erkennen zu können, soll eigentlich dazu dienen, erfinderisch zu werden, wie ich meinem Mitmensch helfen kann, aus seinen Mängeln herauszuwachsen. Wenn wir diese Begegnungsform wählen, dann dürfen wir uns Goldgräber nennen.
– Ein weiterer Aspekt zeigt uns das Naturgesetz: Wenn ich bei einer Außentemperatur von minus 10 Grad das Fenster öffne und ich im Innenraum 22 Grad Wärme habe, dann dringt die Kälte massivst in die Wärme hinein. Übertragen auf uns Menschen bedeutet das: Ein Mensch mit einem stark ausgeformten, liebenden Herzen wird immer wieder Menschen anziehen, die ihren Unmut, ihre Aggression, ihre Wut, ihre Frustration bei Menschen mit einem stark liebenden Herzen anheften.
– Wir müssen wissen, dass wir bei jedem Konflikt Anteile haben, auch dann, wenn wir sie nicht erkennen können oder wenn es nur 5% sind. Daher führt das folgende Gesprächsmodell, das schon mehrfach angewendet und erfolgreich erprobt wurde, zu einem ehrlichen Neustart bei Konflikten.
Das bewährte Neustart-Erfolgsmodell bei Konflikten unter Erwachsenen:
1. Das Wissen, dass bei Konflikten jeder einen Konfliktanteil hat.
2. Die eigenen Konfliktanteile beim andern erfragen.
3. Den Andern bitten, aus seiner Wahrnehmung heraus alles auszusprechen, was ich ihm in der letzten Zeit an Verletzendem zugefügt habe.
4. Dann sagen: „Danke, dass Du so ehrlich zu mir bist.“
5. Weiter sprechen: „Und dafür bitte ich Dich um Verzeihung.“
6. Gleich darauf fragen: „Wie kann ich das wieder gut machen?“
So kann/soll das erste Neustart-Gespräch sein:
F: „Darf ich Dir was Schönes sagen?“
M: „Ja.“
F: „Ich habe lange über unsere Beziehung nachgedacht und über unsere Konflikte. Auch ich habe Anteile an unseren Konflikten. Bitte sag mir, wo ich Dich gekränkt, nicht wahrgenommen, Dich kritisiert habe. Bitte sag alles heraus. Ich werde Dir zuhören und Dich aussprechen lassen.“
M: „Du fragst nicht nach, wie es mir im Betrieb beim Arbeiten geht. Regelmäßig werde ich von Dir kritisiert. Du bist unzufrieden und nörgelst an mir herum. Du siehst nicht, wenn ich mit den Kindern spiele. Ich bekomme kaum Lob von Dir. Ich komme mir wie benützt vor und sollte mich so verhalten, wie Du es für richtig findest. Auch die Zeiten unserer körperlichen Nähe wird von Dir allein bestimmt.“
F: „Danke, dass Du mir alles ehrlich heraussagst.“ „Dafür bitte ich Dich um Verzeihung.“„Bitte sag mir, wie kann ich das wieder gutmachen?“
M: „Ich möchte, dass Du mich ausreden lässt, wenn ich Dir was erzähle, dass Du mich nicht unterbrichst. Ich wünsche mir, dass wir einmal wöchentlich ein Gespräch führen, bei dem jeder über seine Gefühle sprechen darf, ohne dass der Andere einen negativen Kommentar dazu gibt. Ich wünsche mir auch, dass wir einander mehr beobachten und einmal wöchentlich einander sagen, was wir Gutes beim Anderen wahrgenommen haben. Ich wünsche mir auch, dass wir einander unsere Sehnsüchte mitteilen.“
Ab diesem Zeitpunkt soll mindestens einer von beiden mit dem „Goldgraben“ beginnen. Wir suchen beim anderen nur nach guten Eigenschaften, die mir bisher Freude bereiten und Hilfe sind.
Z.B.: pünktlich sein, zuhören, sich mit den Kindern beschäftigen, gut kochen, die Wohnung aufräumen, Besucher herzlich aufnehmen, sich um Verwandte kümmern, bei Reparaturen geschickt sein, den Kindern bei den Hausaufgaben helfen, geduldig sein, ruhig sein beim Sprechen…
Einige Tage nach dem Neustart-Gespräch sagt F zu M:
F: „Ich möchte Dir gerne mitteilen, was mir an Dir in den vergangenen Tagen Positives aufgefallen ist. Wann kann ich Dir das sagen?“
M: „Heute Abend um ca. 20 Uhr.“
Um 20 Uhr fängt F das Gespräch an:
F: „Ich bin selber überrascht, dass ich bei Dir einige gute Eigenschaften gefunden habe, die ich bislang als nicht nennenswert gesehen habe. Wenn es im Haus was zum Reparieren gab, so hast Du dies bestens gemacht. Beim Schlafengehen unserer Kinder bist Du oft an der Bettkante gesessen und hast mit ihnen gesprochen. Zu meiner Mutter warst Du oft nachsichtig, wenn sie sich aufgeregt hat. Bei wichtigen familiären Überlegungen und vor Entscheidungen hast Du große Verantwortung übernommen.“
In der Folge sollen wir regelmäßig Gespräche führen, wobei auf das Ausredenlassen höchster Wert gelegt wird.
Auch die ausgesprochenen Worte sollen vom Anderen inhaltlich nicht kommentiert oder abgeschwächt werden.
Wichtig ist auch das Segnen, es ist ein Auftrag Gottes an uns. Weil Du ein Mensch mit einem stark ausgeformten liebenden Herzen bist, wirst Du immer wieder Menschen anziehen, die aufgrund ihres verwundeten Herzens und aufgrund eines leeren Liebestanks ihren Unmut, ihre Aggression, ihre Wut, ihre Frustration bei Dir abladen.
Dahinter steht ein Auftrag Gottes an uns, den Liebesmangel dieses Menschen mit Segnen zu begegnen.
Folgende zwei Segensgebete – mehrfach angewandt und schon erfolgreich erprobt – schenken dem Betenden Befreiung von Ängsten, Ärger, Wut und Hass und motivieren, zu einem Neustart bei Konflikten:
„Allmächtiger Gott, ewig liebender Vater, ich danke Dir, dass ich Dir jetzt ... in Dein göttlich liebendes Vaterherz hinein legen darf, wo sie/er beständig und durchdringend Deine göttliche Vaterliebe zu spüren bekommt, und er bereit und frei wird, all jenen zu verzeihen, die sich an ihm mitschuldig gemacht haben. Amen.“
„Jesus, ich danke Dir, dass Du in ... wohnst, ihn heilst, versöhnst, mit Deiner Weisheit anfüllst und seine Berufung zum Erblühen bringst, Amen.“
Ermutigende Rückmeldungen:
– „Seit ich diese Gebete regelmäßig spreche, ist ein großer Friede in unsere Hausgemeinschaft eingekehrt.“
– „Wir haben mit diesen Segensgebeten vor wenigen Tagen begonnen. Jetzt haben wir mitgeteilt bekommen, dass der Streitsüchtige für ein Gespräch bereit ist.“
Der Autor hat eine Broschüre Konfliktgespräche ohne Verlierer verfasst. Sie kann unter folgender Adresse:christoph.alton@gmail.
com und gegen einen freiwilligen Druckkostenbeitrag bestellt werden. Nähere Infos auch unter: www.konfliktgespraeche
OHNEverlierer.net