VISION 20003/2024
« zum Inhalt Portrait

Der heilige Franz von Sales

Artikel drucken Botschaft an uns (Von Elmar Lübbers-Paal)
 
Franz von Sales  

Der Gentleman unter den Heiligen“ wird der zu seinen Lebzeiten besonders sanftmütige Bischof Franz von Sales genannt. Auf die Frage, welche Bücher er empfehle, antwortete der heutige Patron der Schriftsteller: „Die Bücher der Autoren, deren Name mit S beginnen: Sankt Augustinus, Sankt Thomas, Sankt Bernhard …“.
Einer der katholischen Bestseller ist Franz von Sales’ Werk Philothea, in dem er dem geneigten Leser eine „Anleitung zum frommen Leben“ in die Hände legt. Seit mehr als 400 Jahren wird es immer wieder neu aufgelegt. Nach wie vor erfreut es sich einer großen Leserschaft.
Seine optimistische und liebevolle Wesensart machen den 1567 geborenen Mystiker und Kirchenlehrer auch heute noch zu einem Vorbild der christlichen Lebensführung. Dem französischen Schriftsteller Victor Hugo (1802 - 1885) hat die bescheidene und sehr herzliche Lebensart des heiligen Bischofs so zugesagt, dass er ihm mit einer Begebenheit aus dessen Leben in seinem weltbekannten Werk Les Misèrables („Die Elenden“) ein literarisches Denkmal setzte.
Vermutlich kennen Sie die Szene, in der der bischöfliche Diener einen bettelarmen Dieb mit dem Tafelsilber des Bischofs flüchten sieht, ihn einfängt und zum Bischof zurückschafft. Als er Franz von Sales den gestellten Dieb samt Diebesgut vorführt und die Ausrede des Langfingers, dass der Bischof ihm das Silber geschenkt habe, vorbringt, bestätigt der Bischof diese Aussage und fügt sogleich noch hinzu, dass er sich gerade eben schon die Frage gestellt habe, ob er nicht dem Bettler auch noch die silbernen Kerzenständer hätte mitgeben sollen.
Diese literarisch verarbeitete Großherzigkeit des Gottesmanns ist nur eine von vielen, die die mit christlichem Schalk getätigten Worte und Taten dieses liebenswürdigen Heiligen aufzeigt.
Von den 20 Jahren, in denen Franz von Sales Fürstbischof von Genf mit Sitz in Annecy war, sind etliche zum Schmunzeln und Nachdenken anregende Begebenheiten überliefert.
Für die Bekehrung unzähliger Menschen zeichnet sich der „Lehrer der Liebe“ verantwortlich. Einer zur Konversion anstehenden Frau hatte sich Bischof Franz schon sehr lange und ausführlich gewidmet und ihr alle verbliebenen Zweifel ausräumen können, als diese plötzlich den Zölibat angriff, indem sie meinte, dass sie nicht verstehen könne, weshalb die Kirche immer noch daran festhalte. Entgegnete ihr Franz von Sales ganz lässig, mit einem milden Lächeln auf den Lippen: „Gnädige Frau, wenn ich eine Familie hätte, fände ich bestimmt nicht so viel Zeit, auf Ihre Schwierigkeiten einzugehen.“ Diese überraschende Antwort sorgte dafür, dass sich die Dame schon sehr bald in die Kirche aufnehmen ließ.
Aber selbst bei Familienmitgliedern wusste der sanftmütige Oberhirte mit einer zum Nachdenken anregenden Schläue zu kontern. Etwa als er seinen Bruder Jean-Francois beim Mittag­essen versetzte und erst eintraf, als das Essen schon längst erkaltet war. Sein Bruder, der später sogar sein Nachfolger im Bi­schofs­amt werden sollte, protestierte solchen Benehmens wegen energisch. Franz fing plötzlich an zu lächeln. Das reizte seinen Bruder noch mehr, und er fragte ihn, warum er nun lächle. Der Angesprochene gab lediglich andeutend zur Antwort: „Ich dachte an eine sehr glückliche Frau.“ „Was für eine Frau meinst Du?“, fragte Jean-Francois. Franz entgegnete schelmisch: „An die Frau, die du nicht geheiratet hast.“
Der oft mit heiterer Weisheit agierende Franz von Sales war das erste von zehn Kindern einer adeligen Familie aus Savoyen. Die schulische Bildung war den Eltern besonders wichtig, so dass man den Jungen auf die Jesuitenschule in die heutige Stadt Clermont-Ferrand schickte. Sein Vater ließ den Buben an der renommierten Universität von Paris Philosophie und Jura studieren, da er eine Diplomatenkarriere einschlagen sollte.
Durch die in seiner Zeit heiß diskutierte calvinistisch protes­tantische Lehre von der Vorherbestimmung, also dass Gott von Ewigkeit her schon bestimmt hätte, welcher Mensch zur Seligkeit und welcher für die ewige Verdammnis bestimmt wäre, stürzte den aufgeschlossenen Studenten in eine tiefe Glaubenskrise.
Schließlich glaubte er sogar, dass er selbst zu den Verdammten gehören würde und nichts dagegen tun könne. Durch eine daraus resultierende Depression erkrankte in der Folge auch sein Körper. Mit letzter Kraft schleppte er sich 1587 in die Kirche Saint Etienne des Gres. Dort erlangte er durch das vertrauensvolle Mariengebet „Memorare“ und der vollzogenen Marienweihe neue Kraft. Es setzte eine von Liebe und Güte geprägte Glaubenslebendigkeit bei Franz frei.
Aus rein privaten Gründen studierte er nun auch Theologie. Mit zwei Doktortiteln war 1592 seine Studienzeit beendet. Durch die vielen vorbildlichen Jesuiten, die er während seines Studiums kennengelernt hatte, festigte sich sein Entschluss, selber Ordenspriester werden zu wollen. Bereits im Folgejahr wurde der geniale Franz von Sales zum Dompropst ernannt und zum Jahresende empfing er die Priesterweihe.
Für ihn stand fest, dass er anderen Menschen die Glaubenszweifel, ausgelöst durch die calvinis­tische Lehre, ersparen wollte. So begab er sich freiwillig, durchaus unter Lebensgefahr, in die Region Chablais in der Diözese Genf, um dort den frohen, befreienden katholischen Glauben zu predigen.
Franz von Sales wurde zum Pionier, indem er sich die damals modernste Verkündigungsmöglichkeit zu nutze machte. Als einer der Ersten setzte er Flugblätter zur Glaubensunterweisung ein. Die „Frohe Botschaft“ verfasste Bischof Franz dabei in der Landessprache und nicht, wie sonst damals üblich, in Latein.
Diese mit großem Erfolg einhergehende Nutzung von Flugblättern veranlasste Papst Pius XI. vor exakt hundert Jahren dazu, Franz von Sales zum Patron der Schriftsteller und Journalisten zu erklären. Schließlich hatten seine Flugblattaktionen damals fast die ganze Bevölkerung seiner Region wieder zum katholischen Glauben geführt.
Das besondere an seinen Nachrichten war auch, dass Franz auf die sonst übliche Polemik gegenüber den anderen Glaubensrichtungen verzichtete und mit deren Vertretern sogar öffentliche Diskussionen führte. Nach einer bravourösen Bischofsprüfung vor dem Papst in Rom wurde er zum Nachfolgebischof von Genf ernannt. Da Genf aber unter calvinistischer Herrschaft stand, residierte Fürstbischof Franz von Sales von Annecy aus.
Nach einer Fastenpredigt 1604 in Dijon  lernte er die von seinen Predigten begeisterte Witwe, Baronin Johanna Franziska von Chantal, kennen. Sie sollte, durch Franz inspiriert, die Mitbegründerin der Ordensschwesternschaft „Heimsuchung Mariens“ (heute Salesianerinnen) werden.
Im Gegensatz zu den bisherigen Ordensgemeinschaften nahmen die neuen Klosterfrauen auch kranke und betagte Mitglieder auf. Auch diese missionarische Neuerung hatte ungeahnten Erfolg. Noch zu Franz` Lebzeiten entstanden 12 Niederlassungen des Ordens. Da Bischof Franz sich auch um einen gehörlosen Jungen namens Martin kümmerte und ihn sogar als Gärtner einstellte, haben im Laufe der Jahre viele Gehörlosen-Einrichtungen Franz von Sales zu ihrem Patron erkoren.
Franz von Sales hatte vor, sein Leben als betender Einsiedler zu beenden, der Gott auch weiterhin mit dem Rosenkranz und der Feder in der Hand dienen wollte, doch dieser Wunsch nach vermehrter Kontemplation und schriftstellerischer Tätigkeit blieb ihm verwehrt. Seine zunehmenden, auch diplomatischen Reisen schwächten seinen Körper. Auf der Rückreise von einem Königsempfang in Avignon begleitete er den Herzog von Savoyen. Dabei erlitt er in Lyon am 28. Dezember 1622 einen tödlichen Schlaganfall.
Franz von Sales wurde nur 55 Jahre alt. Er, der alles aus Liebe, aber nichts durch Zwang tat.  


© 1999-2024 Vision2000 | Sitz: Hohe Wand-Straße 28/6, 2344 Maria Enzersdorf, Österreich | Mail: vision2000@aon.at | Tel: +43 (0) 1 586 94 11