VISION 20003/2024
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Eine Flut von Erwachsenentaufen

Artikel drucken Erstaunliches Geschehen in Frankreich

Erstaunlich viele Erwachsenentaufen gab es heuer in Frankreich. Die Artikel auf dieser Seite beleuchten das erfreuliche Phänomen von verschiedenen Warten her.

 
In Frankreich steigt die Zahl der
Erwachsenen, die um die Taufe bitten
 

Es tut so gut, von Gott überrascht zu werden, der manchmal unsere Vorhersagen und unsere Pläne durchkreuzt. Ein großartiges Beispiel dafür erleben wir in diesen Tagen. Während sich unsere Kirche in einer beispiellosen Krise befindet und viele sich wegen des Auszugs aus der Kirche und des Mangels an Berufungen Sorgen machen, entsteht, wer weiß woher, eine wahre Flut von Jugendlichen und Erwachsenen, die um die Taufe bitten.
Dieses Phänomen begann genau vor anderthalb Jahren. In der Gemeinde, in der ich Pfarrer bin, sind innerhalb weniger Monate Dutzende von ihnen aufgetaucht, sodass wir heute achtmal mehr Katechumenen haben als vor zwei Jahren. Zunächst einmal war meine Reaktion eher eine Aufwallung von Stolz: „Was für eine tolle Gemeinde wir doch haben! Welche Fruchtbarkeit!“
Geben wir es zu: Unser erster Impuls besteht oft darin, uns selbst naiv zuzuschreiben, was in Wirklichkeit völlig über uns hinausgeht. Denn im Gespräch mit anderen Priestern meiner Diözese musste ich demütig – und mit großer Freude anerkennen! –, dass wir absolut keine Ausnahme waren. Dann stellten wir fest, dass der ländliche Raum genauso betroffen war wie die Stadt: Ein befreundeter Landpfarrer sagte, er sei geradezu überfordert vom plötzlichen Auftreten von mehr als 20 neuen Katechumenen. Es handelt sich also nicht um ein isoliertes Phänomen, sondern um eine richtige Epidemie!
Überraschend ist, dass dieser Anstieg sowohl plötzlich als auch gleichzeitig erfolgt: gleichzeitig und in vielen Gemeinden. Als ob sie eine Parole weitergegeben hätten ... Natürlich werden die Analysten nicht versäumen, uns über dieses Phänomen aufzuklären: die Covid-19-Krise, die Angst einflößenden Kriege, die Klimakrise ... Diese Erklärungen mögen vielleicht eine gewisse Relevanz haben, aber es gibt darüber hinaus noch einen anderen Faktor, der mit soziologischen Analysen außerdem nicht unvereinbar ist: Gott selbst sät Sein Wort aus und berührt die Herzen dort, wo wir es nicht erwarten, dort, wo wir es nicht mehr erwartet haben. Und genau in dem Moment, in dem wir es am wenigsten erwarten, weckt Er diese neue Fruchtbarkeit, außerhalb unseres Blickfelds und unserer gut durchdachten pastoralen Projekte! Somit ist klar, dass diese Fruchtbarkeit nicht von uns, sondern von Ihm kommt.
Wenn Jesus entschieden hat, zuerst die Fischer zu rufen, so wahrscheinlich deshalb, weil die Natur des Fischfangs unvorhersehbar ist. Der Landwirt muss sich mit den klimatischen Unwägbarkeiten auseinandersetzen, aber Jahr für Jahr und mit harter Arbeit trägt das, was er sät, am Ende Früchte. Der Fischer hingegen kann sein Netz zehnmal auswerfen, hundertmal, ohne etwas einzuholen. Er ist ein bisschen so wie wir: Er muss sich auf die Gnade verlassen. Und das Besondere an der Gnade ist, dass sie uns überrascht, etwa so wie der wundersame Fang, den niemand vorhergesehen hatte. Die Krisen, die unsere Kirche durchmacht, sind noch nicht gelöst und wir müssen uns ihnen weiterhin mutig stellen. Aber wie schön ist es, am frühen Morgen die zum Bersten gefüllten Netze zu entdecken! Das ist Gnade: unvorhersehbar, verwirrend, berauschend. Lasst uns Gott danken!

Der Autor ist Pfarrer in Bordeaux, sein Beitrag ist Famille Chrétienne vom 9.-15.3.24 entnommen.



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