VISION 20003/1989
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Hält der Generationenvertrag?

Artikel drucken (Konrad Adam)

In einem historisch beispiellosen Ausmaß hat sich die Gegenwart daran gewöhnt, zu Lasten der Kommenden ein luxuriöses Dasein zu führen. Sichtbarste Kennzeichen sind die hemmungslose Staatsverschuldung und jene alberne Fiktion, die in der Fachsprache der Sozialpolitiker als Generationenvertrag bezeichnet wird.

Er ist das Muster eines Vertrages zu Lasten Dritter, der schon deshalb unwirksam bleiben muß, weil er gegen die guten Sitten verstößt. Tatsächlich erfordert es ein beträchtliches Maß an Naivität, auf die Erfüllung einer Abmachung zu bauen, die alle Vorzüge der einen Seite vorbehält und alle Nachteile den anderen überläßt, den Kindern und den Ungeborenen. Weil sie kein Stimmrecht haben, glaubt man, sie ungestraft übervorteilen zu dürfen.

Das ist jedoch mit Sicherheit ein Trugschluß. Sie werden, wenn sie erst erwachsen sind, besseres zu tun haben, als sich an einen Vertrag zu halten, den sie niemals abgeschlossen haben. “No taxation without representation” (Keine Belastung ohne Mitsprache) heißt ein eherner Grundsatz im englischen Rechtsleben.

Auf diese Regel können und werden sich die Enkel berufen, wenn die Masse der alten Menschen in 20 oder 30 Jahren auf den Gedanken kommen sollte, von ihnen ihre Renten einzufordern.

Tatsächlich ist es keinem zuzumuten, einem System die Treue zu halten, das eine einzige Generation weitaus besser stellt als alle, die vorausgegangen sind oder noch folgen werden. Unter diesen Umständen den Zusammenbruch der Sozialordnung vorauszusagen, erfordert kein prophetisches Geschick. Das Chaos, heißt es sogar in einem “Handbuch des Verfassungsrechtes”, kündigt sich im Falle unveränderter Beibehaltung der bisherigen Praxis und bei Wahrung aller Besitzstände mit geradezu versicherungsmathematischer Genauigkeit an.

Konrad Adam auf dem 14. Intern. Familienkongreß in Bonn. Der Autor ist Mitarbeiter der Frankfurter Allgemeinen Zeitung.

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