VISION 20003/1989
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Christen, seid mutiger!

Artikel drucken (Thomas Langan)

Engagierte Christen werden in vielen europäischen Gesellschaften zu einer Minorität. Dennoch ist es nicht der Moment, sich als Christ von der Bildfläche zurückzuziehen. Es ist vielmehr der Moment, mehr, ja‚ viel mehr vom Rest der ernsthaften Christen zu verlangen. Es ist eine Zeit, an ihre Großzügigkeit zu appelieren, ja an ihren Heroismus. Sich an den moralischen Niedergang rundherum anzupassen ist - theologisch, geschichtlich, menschlich - der größtmögliche Fehler.

Wir sollten uns die Haltung der frühen Christen, die vor der unpraktischen Aufgabe standen, das größte bisher bekannte Weltreich zu bekehren, zu eigen machen. Sie wurden nicht nur belächelt (das einzige Martyrium, das bis jetzt von uns verlangt wird), sondern wurden wie die Christen heute im Osten an den Rand gedrängt und oft getötet.

Der einzige wirkliche Feind der europäischen Christenheit ist in uns: Es ist jene geheimnisvolle Krankheit, die christliche Feigheit. Und es gibt nur ein Rezept gegen diesen tödlichen Feind: das Gebet und die Großherzigkeit, die zum Opfer bereit ist.

Fragen wir uns doch einmal: wo finden wir in der europäischen und in der amerikanischen Kirche heute Wachstum?

Die anspruchsvollen kontemplativen Orden haben weitaus mehr Berufungen als jene, die sich dem “Trend” anpassen. Die Priesterseminare jener Diözesen in den USA, die größtes Gewicht auf spirituelle Bildung legen und die Mission der Priester besonders betonen, sind voll, die laxen hingegen halb leer. Die “charismatischen” Gemeinschaften, die viel Engagement von ihren Mitgliedern erwarten, sind gewachsen. Man könnte einwenden, daß es sich hier nur um die “Treffpunkte” des extrem konservativen Rests handelt. Ich würde sicher nicht jedem Konservativen den Vorwurf ersparen, er wolle sich mit seinesgleichen nur vom Rest der Welt absondern oder sich an vereinfachte Ideologien klammern. Dazu gibt es allzu viel Krankhaftes in jeder Gruppierung von Menschen. Die Pathologie des rechten Flügels ist um nichts seltener und um nichts beruhigender als die des linken. Allerdings ist es eher christlich, das Positive hervorzukehren.

Was an einigen dieser Gemeinschaften so heilsam ist, ist ihre christliche Identität, die gut in einer Hingabe an Christus fundiert ist und einen großen Durst nach Gebet bewirkt. Sprechen wir es aus: Christen, die nicht wissen, wo es lang geht, die den Sinn für eine persönliche Beziehung zu Christus verloren haben, die ihren Glauben nicht durch immer intimeren Umgang mit Christus in Gebet und Sakrament stärken, solche lauwarmen Christen gehen unweigerlich ins Nichts. Ihre Gemeinschaften sind dazu verurteilt auszusterben.

Thomas Langan am 14. Intern. Familienkongreß in Bonn. Der Autor ist Professor für Philosophie an verschiedenen Universitäten Kanadas.

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