Die Unterhaltung geriet unlängst beim Abendessen in Fahrt, als wir auf den Papst zu sprechen kamen. “Er hat der Kirche so furchtbar geschadet”, sagte eine Dame leidenschaftlich. “Ich bin ja katholisch”", fuhr sie fort, “und liebe meine Kirche. Aber bald stehe ich allein da. Warum kann sich der Papst nicht mit der Realität in Sachen Empfängnisverhütung und Abtreibung abfinden und die Kirche wieder relevant machen?"
Weil ich selbst nicht katholisch bin - allerdings doch einiges über die Grundlagen des Katholizisrmus weiß - schien es mir höflicher, an diesem Abend die katholischen Anwesenden ihre Meinungsverschiedenheiten allein austragen zu lassen. Dabei war die Rede von der Homosexualität und von der Scheidungsstatistik und vom Umgang mit solchen Fakten. Am besten habe ihn David O’Brian vom “Holy Cross College” in Massachusetts gekennzeichnet, als er in US News & World Report letzte Woche erklärt hat: "Wir können ja nicht hinüber nach Rom und denen dort einfach sagen: ´Schaut, ihr könnt euch wirklich nicht dauernd in unsere Angelegenheit hier einmischen´."
O´Brians Haltung verblüfft mich ebenso wie die Seelenangst vieler Katholiken, weil der Papst Gehorsam verlangt. Sie bleiben Katholiken, verlangen aber, die Kirche möge sich ändern. Ich finde das verwirrend. Mein Verständnis von Katholizismus schließt die Vorstellung von einem Debattierklub aus. Bisher dachte ich, Kern des Katholischen sei es, seine Stichworte nicht von der Welt her zu beziehen, sondern die Welt auf Gott hin relevant zu verändern.
Das geschieht, so meinte ich bisher, auf der Annahme, daß der Papst Stellvertreter Christi sei und daß die Kardinäle bei der Papstwahl vom Heiligen Geist geleitet seien.
Wer also mit den Ansichten des Papstes nicht übereinstimmt, der kann ja Fragen stellen und dafür beten, daß der Papst seine Meinung ändert - aber doch nicht Grundsätzliches infrage stellen, weil beispielsweise in einer Diskussion im zweiten Jahr des Soziologiestudiums eine abweichende Meinung geäußert wurde.
Wer katholisch ist, akzeptiert das Lehramt in der Überzeugung, daß Religion eine Reihe metaphysischer Glaubenssätze und nicht Ergebnis einer Meinungsumfrage ist.
zitiert aus "Catholic Family" Nr. 1