Wer war Severin?
Vor 1500 Jahren, in der Zeit des zusammenbrechenden weströmischen Reiches, lebte in Favianis (im Großraum Wien) der heilige Severin. Damals drangen entlang der Donau germanische Stämme Richtung Westen vor. Es herrschten Terror und Krieg, Hungersnöte und Armut. Da sammelte Severin in großem Stil Kleider und Nahrungsmittel, befreite gewaltlos Gefangene und machte den verzweifelten Menschen Hoffnung.
Er organisierte weiträumige Hilfswerke. In seiner Lebensbeschreibung (der “Vita Severini”: 30 Jahre nach seinem Tod verfaßt, ist sie eines der wenigen Dokumente aus dieser chaotischen Zeit) lesen wir: “In seiner Güte besaß er eine solche Liebe für die Gefangenen und Bedürftigen, daß fast alle Armen in den Städten und Kastellen durch seinen Arbeitseifer betreut wurden. Da viele seine liebevolle Freigiebigkeit den Armen gegenüber sahen, gaben sie bereitwillig den Zehenten von ihren Früchten an die Armen ab, obwohl sie selbst unter der harten Herrschaft der Barbaren Hunger und Not kannten.”
Gleichzeitig aber forderte er von den Menschen eine notwendige Eigenleistung: “Faste, bete, sei barmherzig”, war sein Standardspruch in Notzeiten. Wer ihn befolgte, überstand erstaunlicherweise alle Probleme ohne größeren Schaden.
Severin starb am 8. Jänner 482 mit dem Psalm 150 auf den Lippen: “Lobet den Herrn in seinem Heiligtum, alles, was Atem hat, lobe den Herm!” Er wurde sechs Jahre später von Favianis nach Neapel übergeführt.
Erfahrungen
Typisch ist die folgende Begebenheit: Die Stadt Tulln war von Barbaren, mit denen die Römer einen Bündnisvertrag hatten, besetzt. Gleichzeitig drängten neue Feinde heran: Die Not war groß. Da empfiehlt Severin sein “Faste, bete, sei barmherzig”, und die Menschen folgen dem Rat. Am dritten Tag nach dem Abendgottesdienst gibt es plötzlich ein Erdbeben. Die fremden Besatzer flüchten verwirrt aus der Stadt und bringen sich in der Dunkelheit gegenseitig um. Die anderen Feinde sind irritiert und ziehen ab. Die Stadt ist gerettet.
Oder: Favianis an der Donau ist mitten im Winter von einer Hungsnot bedrängt. Da fastet (!), betet und hilft die Bevölkerung, wo es notwendig ist. Und plötzlich kommt Föhn auf. Er bricht völlig unerwartet das Eis der Donau. Und damit können die mit Nahrungsmitteln beladenen Schiffe aus Rätien nach Favianis durchkommen.
Was mir Severin sagt
Wir aufgeklärte Menschen des 20. Jahrhunderts suchen für alles eine “logische” Erklärung - und handeln dann der Logik entsprechend. Was hätten wir etwa in folgendem Fall getan? Kuchl im Salzburgerland wird von Heuschrecken-Schwärmen bedroht. Severin ordnet in bewährter Manier ein dreitägiges Fasten und Gottesdienste an. Er fordert zu Werken der Nächstenliebe auf. Alle halten sich daran. Am vierten Tag sind die Heuschrecken weg. Und tatsächlich: Alles ist unversehrt - mit der Ausnahme eines einzigen Feldes, das, wie mit dem Lineal gezogen, kahlgefressen war. Es gehört einem, der “gescheiter” gewesen war und der versucht hatte, drei Tage hindurch die lästigen Biester von seinem Feld zu verscheuchen ... Übrigens wird er auf Veranlassung Severins in weiterer Folge von den anderen miternährt.
Spontane Frage: Wer von uns Christen würde heute einem Bauern den Rat Severins geben? Ihm sagen: “Spritze nicht Vertilgungsmittel, sondern faste, bete, sei barmherzig!”
Das aber ist die Botschaft des ältesten Heiligen Österreichs: glaube konkret, lebe anders als deine Umgebung - welche Revolution der Beziehung zu mir, zu Gott, zu meinen Mitmenschen! Sollte ich nicht jetzt mein persönliches Verhalten auf die drei Worte Severins ausrichten?
P.S.: Die Lebensbeschreibung des Hl. Severin kann in der Pfarre Heiligenstadt, Pfarrplatz 3, 1190 Wien bestellt werden (Preis öS 30.-)