VISION 20002/1988
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Spielzeuge der Biotechnik

Artikel drucken (Bernard Nathanson)

Der Kampf um die Abtreibung spielt sich in einem auffallenden und lauten Disput ab. Dahinter jedoch findet eine ungeheuerliche Revolution statt und zwar im Bereich der Reproduktionstechnologie. Wir haben den Zeugungsvorgang nicht nur in seine verschiedenen Bestandteile zerlegt, wir haben ihn vielmehr geradezu "atomisiert". Ja, das ist der richtige Ausdruck: atomisiert. Ich muß Ihnen wohl nicht die Exzesse, Mißbräuche und die wesenhafte Immoralität der "In-vitro-Fertilisation”, der künstlichen Befruchtung (IVF) und ihrer Programme im Detail erklären.

Allein in den USA gibt es 175 Kliniken für die IVF. Es ist ein Industriezweig mit einem Umsatz von 30 bis 40 Millionen Dollar im Jahr - aber mit einer "Erfolgsquote" von nur sechs Prozent!

Als eine Folge der IVF haben sich andere, noch abstoßendere Entwicklungen ergeben: etwa die ultra-rasche Tiefkühlung von Embryos und ihre Aufbewahrung in Embryo-Banken. Diese Technik wirft eine Reihe ganz schwieriger Fragen auf. Erstens: Wem gehören diese Babies, wenn ihre Eltern sterben oder einfach die Verantwortung für sie ablehnen?

Weiters: Die Technik der Teilung solcher Embryos mittels Mikro-Skalpells ist mittlerweile perfektioniert worden. Jedes Kind kann daher in zwei geteilt werden. Das eine kann dann eingepflanzt werden, während das Zwillingsgeschwister in der Embryo-Bank verbleibt. Erkrankt dann beim eingepflanzten Menschen im Laufe seines Lebens ein Organ, so kann der tiefgefrorene Zwilling aktiviert werden, um soweit zu wachsen, bis der notwendige Bestandteil entnommen und als Ersatz für das in Mitleidenschaft gezogene Organ verwendet werden kann - durch Transplantation.

Viele von Ihnen wissen, daß im Zuge der IVF mehr Kinder "erzeugt" als gebraucht werden. Bei jedem erfolgreichen IVF-Vorgang gelangt man zu vier bis acht Embryos. Davon werden aber nur vier oder fünf eingesetzt in der Hoffnung, daß nur eines oder zwei überleben. In manchen Fällen aber wachsen alle vier oder fünf heran. Für diesen Fall haben wir eine neue Methode entwickelt, die sich "selektiver Fötozid" nennt: Der Arzt nimmt eine Nadel, sucht mit Ultraschall das Herz jedes "unnötigen" Kindes, sticht die Nadel in das Herz und injiziert entweder Luft oder ein Gift und tötet damit die überzähligen Kinder. Diese Technik ist mittlerweile in den USA relativ weit verbreitet.

In einer Pressekonferenz hat mich jemand der Sensationshascherei beschuldigt. Davon kann keine Rede sein. Das alles ist nicht Zukunftsmusik. Diese Dinge geschehen jetzt.

Bei Diabetes oder bei der Parkinsonschen Krankheit wird fötales Gewebe als Mittel angesehen, die Krankheit zu heilen. Der Markt für solche Gewebe ist unermeßlich groß. Würde man etwa nur den Markt für fötales Bauchspeicheldrüsengewebe (zur Behandlung von Diabetes) betrachten, so schätzt das Unternehmen diesen auf drei Milliarden Dollar allein für die USA.

Dabei wird argumentiert, daß diese Forschung lebensrettend sei. Es ist aber nur ein kleiner Schritt hin zur Verwendung fötalen Gewebes für nicht lebensrettende Zwecke. Es ist offenkundig, daß in Zukunft jene, deren Sexualfunktion gestört ist, sich um die Transplantation fötaler Sexualorgane anstellen werden, daß Kahlköpfe an Haartransplantaten und Zahnlose an Zahngewebe interessiert sein werden.... Hier zeichnen sich unvorstellbare ökonomische Möglichkeiten ab. Eine Hauptindustrie des 21. Jahrhunderts könnte das "body-shop", ein Geschäft für Körperbestandteile werden! Alles, was dann am Menschen abgenützt ist, wird man zu ersetzen versuchen. Ist es nicht so, daß mit dieser Technologie niemand mehr zu sterben braucht? Worüber wir im Grund genommen reden, ist daher die Unsterblichkeit auf diesem Planeten...

Wenden wir uns einer Gruppe von Chemikalien mit der Bezeichnung "GNRH-Agonists" zu. Es handelt sich um Medikamente, die den Fortpflanzungsapparat der Frau hormonell lahmlegen. Dann steht diese Fortpflanzung für vielfältige Manipulationen auf hormoneller Basis offen. Derzeit laufen Experimente mit dem Wachstumshormon. In der Tiermedizin werden so die Zeiten der Trächtigkeit beschleunigt. Im 21. Jahrhundert wird man die Frauen fragen können: "Wie lange wollen Sie schwanger sein?" Dann kann es soweit kommen, daß manche von ihnen zwölfmal im Jahr schwanger werden. Dank der Abtreibungspille, werden sie dann selbst ihr Kind vorzeitig töten, es verkaufen, um wieder schwanger zu werden....

Der Autor ist Professor für Gynäkologie in den USA.

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