VISION 20002/1988
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Umwelt und Umkehr

Artikel drucken Es mehren sich die Meldungen über Umweltkatastrophen: vergiftete Meere, aussterbende Tier- und Pflanzenarten, eine zunehmend zerstörte Ozonschicht, ...

Wir kennen diese Meldungen. Sie lassen uns kurz aufhorchen, machen uns vielleicht traurig, aber dann sagen wir uns: Was kann ich da schon machen? Ich habe ja kaum eine Möglichkeit, etwas zu ändern. Vielleicht kann ich Greenpeace finanziell unterstützen, damit ein paar Robben gerettet werden... Aber bringt das wirklich die dringendst nötige Veränderung?

Und so kommen wir zu der typisch österreichischen Feststellung: “Es muaß wos g’scheh’n!” Aber es geschieht nichts - oder nur Unbedeutendes.

Ich möchte aus Jes 30,8-26 einige Verse zitieren, die mir für unsere Geisteshaltung sehr treffend erscheinen:

“Sie sind ein trotziges Volk, mißratene Söhne; Söhne, die auf die Weisung des Herrn nicht hören. Sie sagen zu den Sehern: Seht nichts!, und zu den Propheten: Erschaut für uns ja nicht, was wahr ist, sondern sagt, was uns schmeichelt, erschaut für uns das, was uns täuscht. Weicht nur ab vom rechten Pfad, laßt uns in Ruhe mit dem Heiligen Israels!”

Besitzen diese Worte nicht eine große Aktualität? Die Menschen erwarten von den Heilspropheten unserer Zeit (wir nennen sie “Experten”) nur Glücksbotschaften.

Wenn ein Politiker verkündet, wir haben einen ausländischen Abnehmer (z.B. die DDR) für unseren Sondermüll gefunden, dann atmen alle erleichtert auf: Gott sei Dank, daß der Dreck nicht bei uns vergraben wird!

Daß ein eiserner Vorhang aber weder wasser-, noch gas- oder strahlendicht ist, wissen wir eigentlich seit Tschernobyl.

So spricht der Prophet Jesaja weiter zu seinen Zeitgenossen und zu uns allen: “Darum - spricht der Heilige Israels: Weil ihr dieses Wort mißachtet, weil ihr auf Ränke vertraut und euch auf das Falsche verlaßt, darum wird eure Schuld für euch sein wie ein herabfallendes Bruchstück von einer hoch aufragenden Mauer, die dann plötzlich, urplötzlich einstürzt. Denn so spricht der Herr, der Heilige Israels: Nur in Umkehr und Ruhe liegt eure Rettung, nur Stille und Vertrauen verleihen euch Kraft.” (Jes 30, 12-15)

Das, was uns der Prophet da voraussagt (was wie eine einstürzende Mauer über uns zusammenbrechen wird), das erleben wir Tag für Tag.

Wir sehen es wohl, wir spüren es wohl, aber es ist eine Hilflosigkeit der Menschen da, weil niemand einen Weg weist, wie es denn anders gehen sollte.

Carlo Caretto schreibt in seinem Buch "Was uns Franziskus heute sagt”: Euer Hauptfehler besteht darin, daß ihr alles nach dem Maßstab des Geldes meßt und nicht nach dem Maßstab der Wahrheit und der Liebe.”

Das Geld, der Mammon regiert alles. Wir würden erschrecken, wenn wir sehen könnten, wie stark unser Leben wirklich vom Mammon bestimmt ist. Viele Menschen suchen heute nach einem Ansatz zu einer Änderung. Viele protestieren z.B. gegen eine allzu leichtfertige Zerstörung der Umwelt durch Kraftwerksbauten.

Aber wenn dann die Politiker oder Wirtschaftsexperten uns mit einer Erhöhung des Strompreises um einige Groschen drohen, dann verläßt uns der Mut zum Umweltschutz sehr rasch und wir unterwerfen uns wieder bedingungslos der Herrschaft des Mammons.

Der einzelne ist in unserem komplizierten, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen System den “Experten” ausgeliefert. Man spricht dem Laien immer mehr das Wissen und die Kompetenz ab, sich zu Umweltfragen überhaupt zu Wort zu melden.

Solche Verweise mußten sich in letzter Zeit auch kirchliche Persönlichkeiten wie der Bischof von Linz (in der Frage der Atomenergie nach Tschernobyl) und der Erzbischof von Salzburg (in der Frage um Wackersdorf) gefallen lassen. Wer die absolute Herrschaft des Mammon und seiner Vasallen antastet, tut dies nicht ungestraft. Das freundlich lächelnde Antlitz des Wohlfahrtsstaates, abgebildet in tausenden Großflächenplakaten vor jeder Wahl, verwandelt sich und wird zueinem brutalen Polizeiregime, das mit Schlagstöcken, Wasserwerfern und Tränengas gegen aufmüpfige Bürger vorgeht.

Wer die Festung Wackersdorf mit allem Drum und Dran gesehen hat, dem muß doch die Widersprüchlickeit dieses Unternehmens auffallen. Hier wird eine Anlage, die den Wohlstand des Bürgers sichern soll, vor eben diesem Bürger mit Beton, Stacheldraht, Bluthunden, Polizei und Tränengas geschützt!

Das ist doch so paradox, daß es schon ein kleines Kind begreift! Ja, es kann dies eben nur ein Kind, ein kindlicher Geist begreifen. Deshalb fordert Jesus ganz klar und unmißverständlich: “Niemand kann zwei Herren dienen.... Ihr könnt nicht beiden dienen, Gott und dem Mammon.” (Mt. 6,24)

In dem Augenblick, da wir uns dem Mammon beugen, also der Versuchung des Haben-Wollens, unterliegen wir dem Zwang des Haben-Müssens. Und darauf sind die ideologischen Systeme in Ost und West aufgebaut.

Verlust der Gesamtschau

Das Übel schlechthin, das die größten Katastrophen sowohl in der Gesellschaft wie auch in der Umwelt verursacht, ist der Verlust der Gesamtschau. Was technisch machbar, ist wird auch gemacht: Wir bauen Industrieanlagen oder Kraftwerke mitten in unberührte Urwaldlandschaften; jemand “erfindet” die antiautoritäre Erziehung - und sie wird angewendet; wir lernen Gene zu durchschauen - und züchten neue Rassen...

Da es dem Menschen möglich ist, die Welt 60- bis 90mal zu zerstören, wird er es nicht wenigstens einmal tun...? Es sei denn...., er erkennt davor die Zeichen der Zeit, und er kehrt um. Zu sehen und zu hören gäbe es ja genug solche Zeichen: sich weltweit ausbreitende Dürre, Aussterben von Tier- und Pflanzenarten, vor allem aber zunehmendes Erkranken und Leiden der Menschen.

Wir wissen das alle, bekommen es zu spüren. Aber kaum erheben wir unsere Stimmen, antworten die Experten: Gut, aber dann müßt ihr mit Arbeitslosigkeit rechnen, der Strom wird um 100% teurer, und ihr müßt eure Autos verkaufen. Es genügen meist schon ein paar solcher Drohungen, und schon werden wir still und resignieren.

Gibt es eine Chance, diesem Teufelskreis zu entkommen? Ja, es gibt diese Möglichkeit! Das möchte ich allen zurufen, die resigniert haben.

1. Schritt: Umkehr des Herzens

Der erste Schritt, um den wir nicht herumkommen, ist der schwierigste: die Umkehr des Herzens. Wer sich diesen Schritt ersparen will, wird bald wieder in Dumpfheit und Resignation versinken.

Die Umkehr des Herzens führt mich nämlich zu der Erkenntnis, daß Gott unser Vater ist und daß er es gut mit uns meint. Er will uns heilen, retten und erlösen. Von Ihm dürfen wir alles erwarten.

Dazu bedarf es aber eines kindlichen Geistes. Gescheiten, erwachsenen, vernünftigen Geistern kommt das zu primitiv, zu infantil vor. Wenn ich aber einmal Gottes Liebe in mich eingelassen habe, dann wird mir bewußt, daß Gott schon längst am Werk ist, um uns aus unserer verfahrenen Situation zu retten.

Hat Er nicht Seinen Sohn Sohn gesandt, der für uns sogar in Tod gegangen ist? Jetzt erfahre ich mich als einer, der von der Liebe Gottes betroffen und reich beschenkt ist, der durch diese Liebe seinen wahren und eigentlichen Wert erfährt. Jetzt erst habe ich die Voraussetzung dafür, für die Machtmethoden des Materialismus unerreichbar zu sein.

Wenn wir in dieser Weise umzudenken (eigentlich müßten wir “umzuherzen” sagen, denn wir erhalten ein neues Herz!) beginnen, dann wächst - vom einzelnen ausgehend- eine neue Gesinnung, die von Gott geschenkt ist. Ich sehe darin eine der entscheidendsten Aufgaben der Kirche von morgen.

Ich glaube also, daß Umweltschutz ein integraler Bestandteil eines Umkehrprozesses sein muß, der im Herzen des einzelnen Christen wurzelt, der sich aber vor allem in kleinen, lebendigen Zellen konkretisiert.

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