VISION 20002/1989
« zum Inhalt Schwerpunkt

Mehr als Unterhaltung

Artikel drucken Die moderne Popmusik und ihre Auswirkungen

Junge Leute mit Kopfhörern in der U-Bahn, ohrenbetäubende Musik aus Zimmern von Teenagern, zehntausende Zuhörer bei Rock-Konzerten: Musik als Träger einer eigenen Jugendkultur. Über dieses Phänomen sprachen wir mit einem Experten der Jugendarbeit, der sich seit 10 Jahren in den USA bemüht, Studenten den Weg zu Gott zu ebnen.

Vision: Haben Sie diese Jugendkultur selbst erlebt?

Keating: Als junger Mensch hat sie mich sehr geprägt - in einer für die Jugend sehr typischen Weise. Allerdings war ich kein extremer Fall.

Vision: In welchem Alter hat dieser Einfluß begonnen?

Keating:Ich denke, so ab dem Alter von 12 bis 13 Jahren. Die Rock-Musik wurde mir wichtig, und ich fing an, in Rock-Konzerte zu gehen: Die Familie verlor für mich an Bedeutung, und ich verbrachte abends mehr und mehr Zeit mit Freunden beim Musikhören.

Vision: Und weiche Wirkungen hat das?

Keating: Die Jugendkultur wird über sehr machtvolle Medien vermittelt: über die Musik, Filme oder Videos. Da geschieht mehr als nur Unterhaltung. Da’ steckt vielmehr eine Art Predigt darin, da wird verkündet, wie man das Leben zu verstehen habe, was wichtig im Leben und was nebensächlich sei. Es ist geradezu eine Philosophie.

Vision: Welche Botschaft wird dabei verkündet?

Keating: Eine schaurige: ein Apell an die Oberflächlichkeit durch Einsatz von allern, was unmittelbar beeindruckt. Ihr Kern ist die Rebellion - gegen die EItem, gegen jede Form von Autorität und daher auch gegen Gott. Da gibt es eine Fixierung auf Sex -  und das in einem Alter, in dem man ohnedies Probleme im Umgang mit der eigenen Geschlechtlichkeit hat! Das letzte, was die Jugend brauchen kann, ist die Dauerberieselung mit Pornographie und sexuell erregender Musik. Das sind aber die tragenden Säulen dieser “Kultur”.

Vision: War dies von Anfang an Bestandteil der Rock-Musik?

Keating: Ja, seit dem Beginn. Schon der Begriff‘ Rock’n Roll” hat ja die Bedeutung “Sex machen”. Eine Reihe von Songs wie “Rock around the Clock” oder “Let’s rock through the Night” wurden in der doppelten, Bedeutung Rock=Sex verstanden.

Vision: Dachte Bill Haley, der mit "Rock around the Clock” einen Welterfolg hatte, an diesen Doppelsinn?

Keating: Ich denke ja. Erinnern Sie sich doch daran, daß die Rock-Musik zu Beginn wirklich skandalös gewirkt hat. Seither ist sie salonfähig geworden. Zunächst aber war man betroffen von der Offenheit, mit der diese Musik das Sexuelle propagierte - ohne jeden Bezug zu persönlichem Engagement.

Vision: Und die Dosis wurde laufend gesteigert.

Keating: Zweifellos. Man könnte aufzeigen, wie im Zeitablauf die Grenzen des Annehmbaren immer mehr verschoben worden sind. Hätten einige Bands ihre Darbietungen von heute vor 15 Jahren zum Besten gegeben, sie wären sicher im Gefängnis gelandet. Heute beachtet man es nicht mehr. Man hat sich daran gewöhnt.

Vision: Was wird da heute verkündet?

Keating: Eine einfache Botschaft: Laß es dir heute gut gehen, denk nicht an morgen, mach, was dir Spaß macht...

Vision: ....solange es dir Spaß macht...

Keating: ja, und das wahre Leben findest du durch Sex. Daher haben junge Leute leicht den Eindruck, es komme darauf an, den richtigen Freund, die richtige Freundin zu haben, die richtigen Sexpraktiken anzuwenden - dann sei das Leben schon fein. Das ist es, was sie in den Filmen und Videos sehen: ein aufregendes, fröhliches, erfüllendes Leben. Und danach sehnen sich die Jungen ja, sie gieren nach Leben. Wer sich aber auf den angebotenen Weg begibt, entdeckt, daß von Erfüllung keine Rede ist. Ja, im Gegenteil: Je länger sie tun, was ihnen vorgegäukelt wird, umso mehr leiden sie.

Vision: Wie kommt es zu dieser Fehlorientierung?

Keating: Manchmal entsteht der Eindruck, die Jugend stelle sich gegen die Erwachsenen. Meine Erfahrung sagt mir aber, daß die jungen Menschen sich stets an Erwachsenen ausrichten. Sicher spielen die Altersgenossen eine wichtige Rolle, man ahmt sie nach. Wer aber der Sache auf den Grund geht, entdeckt, daß in letzter Konsequenz hinter allen Erscheinungen Erwachsene stehen. Daher stellt sich die Frage: Nach welchen Erwachsenen richtet sich die Jugend aus?

Vision: Wer sind die Drahtzieher? .

Keating: Schauen Sie einmal genau hin: Unter der Oberfläche der Jugendkultur finden Sie als Hauptmotiv die Gier. Der Schlüssel zu diesem Phänomen ist.das Geld. Da werden Milliarden Dollars gemacht mit Platten, Kassetten, Bekleidung, Konzerten.... Die Manager der Plattenfirmen tun alles in ihrer Macht stehende, um bestimmte Gruppen ins Geschäft zu bringen.

Vision: Nehmen diese Manager auch Einfluß auf den Inhalt der Songs?

Keating: Sehr wohl. Vielfach sind die Rock-Gruppen einfach die Schöpfung eines Produzenten. Dieser sucht sich die Leute, die er sich vorstellt, verpaßt ihnen ein verkaufsträchtiges Image, das er sorgfältig aufpoliert. Dann wird eine Marketing-Strategie entwickelt: Die “richtigen” Ereignisse werden inszeniert und in den “richtigen” Medien werbewirksam unter die Leute gebracht, damit die Band ein “Hit” wird:

Vision: Und die Akteure?

Keating: Oft sind die Musiker zu jung, um zu merken, was da gespielt wird. Sie sind geblendet: viele Frauen, viel Spaß, viel Drogen - und viel Ruhm... Viele merken es erst zu spät. Dann Ieben sich vielfach Musiker und Produzenten auseinander. Aber meist sind sie schon Gefangene ihres Lebensstils.

Vision: Wer diese Szene mit offenen Augen beobachtet, erkennt die große Bedeutung von Sex in der Show-Welt. Wenn Sie aber von dämonischen Einflüssen sprechen, werden Ihnen viele nicht folgen können.

Keating: Bei ihrer Entstehung war die Rock-Musik stark von der Jugendbewegung der 60er-Jahre beeinflußt, vor allem von dem damals vorherrschenden Bemühen, alle Tabus zu brechen. Diese Bewegung stand relativ stark unter okkulten Einflüssen. Zwar hat sich die Jugendbewegung im weiteren Verlauf davon eher gelöst, dafür haben aber die Rock-Musiker auf dieser Linie weitergemacht. Manche von ihnen geben zu, daß sie den Satan anbeten, und tun es auch tatsächlich. Andere ”schmücken” sich nur damit.

Vision: Meinen sie, sich damit besser verkaufen zu können?

Keating: Einige ja. Am offensichtlichsten ist es wohl bei der Gruppe “Black Sabbath”. In einigen ihrer Konzerte laden sie die Zuhörer ein, ihr Leben dem Teufel zu weihen. Andere Bands verwenden satanische und okkulte Symbole und geben sich einen teuflischen Anstrich, weil dies eine große Faszination auf die Jugend ausübt. Es ist geheimnisvoll und schaurig. Und vor allem: Es erhöht die Verkaufszahlen.

Vision: Hat das Folgen auf die Zuhörer?

Kealing: Zweifellos. Einerseits öffnet es die Jugend für die Welt des Okkulten. Andererseits führt es manchmal zu schrecklichen Reaktionen. Da gab es in den USA einen 17jährigen, der seinen 15jährigen Freund rituell ermordet hat. Zunächst war alles entsetzt: Wie konnte ein scheinbar ganznormaler Jugendlicher in einer Kleinstadt so etwas tun? Es stellte sich heraus, daß er eine bestimmte Art von Musik bevorzugte. Seine Eltern wußten nicht, daß er jahrelang vom okkulten Einfluß dieser Musikwelt fasziniert war und entsprechende Bücher las.

Sicher ist das ein Extrembeispiel. Aber viele junge Menschen geraten mehr oder weniger stark in den Sog solcher Einflüsse. An der Hand ihrer Musik-Idole öffnen sie sich dem Okkulten in der Meinung, das sei schon in Ordnung:

Vision: Und die Beatles. Passen sie auch in dieses Bild?

Keating: Sie sind fraglos eine ganz bedeutende Band gewesen. Millionen Platten, die sie verkauft haben. Vielmehr haben sie die Rock-Musik in ein neues Zeitalter geführt. Erinnern Sie sich: Anfangs traten sie mit Krawatte auf. Ihr Haar erschien den Menschen damals lang, heute erscheinen sie uns geradezu als herzige Buben. Ihre Musik irgendwie “dümmlich-sexy”. Die Beatles aber machten das, was in der wilden Rock-Szene vor sich ging, salonfähig: Drogen, ausgefallene Religiosität, das Okkulte. So sangen sie Songs wie etwa “Lucy in the Sky with Diamonds”, wo es um LSD geht. Sie wurden die “psychedelische Band”. Dann wurde John Lennon Kommunist, George Harrison ein Hare-Krishna. Sie praktizierten transzendentale Meditation, hielten Einkehr mit einem indischen Yogi. Und so fand durch Vermittlung der Beatles eine Reihe von spirituellen Praktiken eine weltweite Verbreitung. Sie öffneten das Tor, durch das viele seltsame Einflüsse Einzug hielten.

Vision: Nun zu etwas anderem: Sie waren ja selbst von dieser Jugendkultur fasziniert. Wie sind Sie kerausgekommen?

Keating: Vorweg - ich liebe die Musik immer noch. Damals war ich von ihr gefangen. Ich hatte eine riesige Platten- und Kassettensammlung. Stundenlang bin ich in die Musikwelt getaucht - und war selig. Ich wurde richtig abhängig davon, mußte stets Musik um mich haben. Sie wurde mein Dauerbegleiter: im Auto, zuhause, bei Freunden ... Ohne sie wurde ich nervös. Als einmal meine Stereoanlange für zwei Monate ausfiel, wurde mir das Maß meiner Abhängigkeit bewußt. Ich hatte richtige Entzugserscheinungen.

Vision: Aber wie kamen Sie davon los?

Keating: Meine Gedanken kreisten zunehmend um Fragen des Todes und der Sinnlosigkeit. Und das ist verständlich, denn ein beachtlicher Teil von dem, was ich hörte, könnte man “Verzweiflungsmmusik” nennen - deprimierend - und düster. Ich brauchte einige Jahre, um aus meiner depressiven Stimmung’ herauszukommen.

Vision: Haben Sie da eines Tages beschlossen, nicht mehr Musik zu hören?

Keating: Nein, es war ein langsamer Prozeß. Etwa mit 20 begriff ich, daß mein Geist irgendwie irrational gefangen war. Ich erkannte: Um geistig frei zu sein, mußte ich mich von dieser Dauerbeeinflussung meiner Gefühlswelt Iösen. Dazu kam ein Zweites: Ich begann, mich ernsthafter um ein lebendigeres Glaubensleben zu bemühen, wollte im Einklang mit meinem Gewissen leben. Und auch da erwies sich die Musik als Hindemis. Sie steigerte meine Aggressivität, war Quelle ständiger sexueller Reizung, kurz, sie erschwerte mir, das Rechte zu tun.

Vision: Haben Sie eine Botschaft für die Jugend?

Keating: Zunächst einmal: Es gibt Leben - auch außerhalb der Musik. Sie ist etwas Wunderbares, muß aber den richtigen Stellenwert behalten. Zu intensiv genossen, ist sie gefährlich. Als vernunftbegabte Wesen sollten wir sicherstellen, daß wir dieses wunderbare Geschenk, die Musik, zu unserem Wohl nutzen.

Vision: Und die Eltern?

Keating: Sie können viel helfen. Zwar ist es ihnen nicht möglich, jedes Milieu, in dem sich ihre Kinder bewegen, unter Kontrolle zu halten. Will nämlich ein junger Mensch um jeden Preis ausbrechen, wird man das nicht verhindern können. Dann helfen nur persönliche Erfahrungen. Aber folgendes ist für Eltern wichtig: Sie sollten wissen, wie groß die Macht der Musik ist und dadurch besser verstehen, warum ihre Kinder so an der Musik hängen. Darüber hinaus können sie ihren Kindern gegenüber klarstellen: "Was du anderswo hörst, das ist deine Sache. Aber was zuhause gehört wird, das geht uns an. Und da müssen wir dir sagen: Manche Musik wird bei uns nicht gespielt.” Das müssen Kinder respektieren lemen.

Mit Michael Keating sprachen Alexa und Christof Gaspari.

 

Als wir mit Michael Keating sprachen, waren wir einigermaßen betroffen. So schlimm soll es in der Musik-Szene zugehen? Wir leben doch schließlich auch in dieser Welt und beobachten sie mit offenen Augen. War uns das weitgehend entgangen?

Sicher, daß in den Medien Sex im Spiel ist, wer weiß das nicht? Aber mit dieser Intensität und Konsequenz? Und der Okkultismus. Schien das nicht alles spätestens seit der von Rationalität geprägten Fortschrittsgläubigkeit der fünfziger und sechziger Jahre überwunden?

Keineswegs. Wer sich diesbezüglich genauer informieren will, ist eingeladen, einen Blick in die Jügendzeitschriften zu werfen oder sich sich einmal die Video-Clips der Erfolghits genauer anzusehen.

Wenn wir in Vision 2000 darauf hinweisen, so tun wir das jedoch nicht, um genüßlich im Elend unserer Zeit zu wühlen oder um Angst zu verbreiten. Wir folgen einfach der Aufforderung Christi, die Zeichen der Zeit zu deuten.

Und daher wollen wir dies als nüchterne Bestandsaufnahme verstehen, um die Frage aufwerfen zu können: Was tun? Wie hilft man der Jugend heute? Und dazu dienen die Beiträge auf den folgenden Seiten.

 

Video-Verführung

Dämonen - Wenn das Tor der Hölle verschlossen ist, kehrt das Böse zur Erde zurück; Salem II - Die Stadt der lebenden Toten; Nightmare 3 - Ein Alptraum ohne Erwachen; Prison - Horror hat eine neue Dimension; The Lost Boys - Tagsüber schlafen, Nachts auf Tour. Niemals alt werden. Niemals sterben. Es macht Spaß, Vampir zu sein;

(Angebot in einer einzigen Auslage eines Video-Geschäftes in der Wiener Favoritenstraße im September 1988)

Auf dem Weg zur Hölle

Leichtes Leben, freie Liebe und eine Dauerkarte für eine Fahrt ohne Wiederkehr

Es gibt nichts, was ich lieber täte als nach unten zur Party zu gehen, wo auch meine Freunde sein werden.

Ich bin auf dem direkten Weg zur Hölle...

Hey, Satan, ich zahle meine Schulden, denn ich spiele in einer Rockband

Hey, Mama, schau mich an, ich bin auf dem Weg ins gelobte Land.

Halt mich nicht auf, hey, hey, hey

Yeah, ich geh´ den Weg bis zum Ende

Auf den direkten Weg zur Hölle.

(Aus dem Erfolgshit der Gruppe ACDC im Jahr 1979)

Beastie Boys

Die Beastie-Boys sind zum Alptraum aller Moral-Apostel avanciert. Ihre Rap-Rhythmen, versetzt mit beinharten Rock-Riffs und Sixties-Beat, sind die ideale Basis für die ruppigen Sprechgesänge, die vor keiner sprachlichen Schweinerei, keiner Anzüglichkeit und keiner Brutalität haltmachen... In der Bühnenschow des Trios fehlt es unter Garantie nicht an Gewalt, Sex und Gottlosigkeit. Barbusige Frauen tanzen ausgelassen zur wilden Rap´n Roll-Musik der Beasties, Männer schlagen ihre Köpfe aneinander ...

(Aus Rennbahn-Express 4/87 und 6/87)

Okkulte Abenteuer

Unter Jugendlichen ist Geisterbeschwörung gang und gäbe. Untersuchungen von Johannes Mischo, Inhaber des Lehrstuhls für Psychologie und Grenzgebiete der Psychologie an der Universität Freiburg, und des Düsseldorfer Soziologen Ulrich Müller zeigen übereinstimmend: Mehr als die Hälfte aller Schüler sind mit okkulten Praktiken in Berührung gekommen. Sie rücken Gläser und Tische, pendeln, legen Tarotkarten, hören Rockmusik mit okkulten Texten, nehmen an Satanskulten und schwarzen Messen teil... .

(Aus "Deutsches Sonntagsblatt" 11/89)

© 1999-2024 Vision2000 | Sitz: Hohe Wand-Straße 28/6, 2344 Maria Enzersdorf, Österreich | Mail: vision2000@aon.at | Tel: +43 (0) 1 586 94 11