VISION 20002/1989
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Ein Neubeginn in Kalkutta

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Vision: Maria, Du bist jetzt 23 und hast uns vor zwei Jahren in einer Firmstunde von Deiner Bekehrung erzählt. Hattest Du bis dahin keinerlei Bezug zum Glauben?

Maria: Doch, früher bin ich immer mit den Eltern in die Messe gegangen, aber mehr aus Anstand als aus Interesse. Ich habe schon an Gott geglaubt, aber eher an einen "Sonntagsgott". Am meisten begeistert war ich von der Jugendnacht in St. Gabriel. Die religiöse Begeisterung, die mich dort regelmäßig erfaßt hat, hielt dann jeweils etwa einen Monat an. Dann ist sie wieder verflacht. Ich habe mich auch für andere Religionen interessiert: Buddhismus, Hindiusmus usw. Genau genommen hatte ich mir eigentlich eine eigene Religion zurechtgemacht. Die Mutter Gottes habe ich ganz abgelehnt. Im Glaubensbekenntnis konnte ich den Satz "geboren von der Jungfrau Maria" nicht sprechen. Ich habe das immer mit vollster Überzeugung ausgelassen. Ich wollte einfach nicht daran glauben, daß Jesus wirklich Sohn Gottes ist, und daher konnte Maria auch nicht Jungfrau sein. Ich hatte eine Religionslehrerin gehabt, die sehr "tolerant" war: Was dir paßt, das glaube, den Rest nicht. Man solle nicht intolerant und engstirnig sein, das sei altmodisch. Christen müßten z.B. Buddha genau so hoch halten wie Jesus. Ich bin mir dann auch unheimlich gut vorgekommen, so tolerant zu sein. Und dann kam der Tag, an dem ich nach Kalkutta gefahren bin.

Vision: Wie bist Du auf die Idee gekommen, zur Mutter Teresa zu fahren?

Maria: Ich hatte gerade eine Krankenschwesternausbildung abgeschlossen und wollte eigentlich zuerst für einige Zeit in die USA gehen, habe aber keinen Job bekommen. Dann kam mir ein kleines Heft der Mutter Teresa unter. Darin war zu lesen, daß sie Leute brauche und sich sehr über Hilfe freue. So beschloß ich eben aus reiner Abenteuerlust, dorthin zu fahren.

Vision: Und was sich dort alles für Dich geändert?

Maria: Meine Glaubensprobleme waren eines Tages schlagartig weg. Da hat sicher vieles mitgespielt: Ich hatte mit so vielen tiefgläubigen Menschen Kontakt. Da waren etwa viele Priester und Schwestern, die mir so Unglaubliches, Wunderschönes aus ihrem Leben erzählt haben (von Heilungen und anderen Wundern). Ich habe Krankheit und Armut unter einem neuen Gesichtspunkt kennengelernt. Dort wurde auch täglich Rosenkranz gebetet. Ohne daß eine Erklärung nötig gewesen wäre, wußte ich plötzlich all das, was mir früher so fremd war und begriff nicht mehr, warum ich es vorher abgelehnt hatte: Christus ist Sohn Gottes und Er ist da, spricht zu mir, ich bin Ihm wichtig. Das war für mich die erste wirkliche Begegnung mit Gott.

Vision: Könntest Du uns sagen, was Dich am meisten verändert hat?

Maria: Ich wußte bald ganz genau, daß ich ohne tägliches Gebet den Tag nicht durchhalten würde. Dabei konnte ich mit Gebet bis dahin gar nichts anfangen. Als ich nach Kalkutta gekommen bin, habe ich mir vorgenommen, das Leben der Schwestern, so gut es geht, mitzumachen, also Morgenmesse um 6 Uhr Früh, abends eine halbe Stunde Rosenkranz und eine halbe Stunde Anbetung.

Vision: Ist Dir das schwergefallen?

Maria: Ja, vor allem zu Beginn, denn ich mußte um 5 Uhr meine Unterkunft verlassen, weil ich nicht bei den Schwestern gewohnt habe. Das hieß, bei Dunkelheit weggehen. Da ich außerdem in einer unguten Gegend gewohnt habe, habe ich wirklich jeden Tag vor Angst gezittert. Aber es hat mich unwiderstehlich zur Messe gezogen.

Einmal war ich nicht bei der Frühmesse gewesen. Die Folge war: Ich mußte zu Mittag nach Hause fahren, weil ich das Elend nicht mehr ausgehalten habe. Am meisten verändert hat mich sicherlich dieses tägliche Gebet: Vor allem die Anbetung war mir wichtig. Da konnte ich den Tag an mir vorüberziehen lassen und verarbeiten. Und wenn ich so dagesessen bin, habe ich genau gespürt, daß Jesus im Raum war. Das war die Veränderung: Jesus ist da, spricht zu mir und gibt mir Hoffnung.

Vision: Wie ist das dann weitergegangen?

Maria: Ich habe dann mit Mutter Teresa gesprochen. Sie hat mir gesagt, daß sie nicht will, daß Europäer auf Dauer in Indien arbeiten. Ich solle in mein Land zurückgehen, zu meiner Familie, dorthin, von wo ich gekommen bin, weil ich die Leute in meinem Land viel besser verstehen kann. Gott habe mich da hingestellt.

Das Interview führte Alexa Gaspari.

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