VISION 20002/1989
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Marcel Callo

Artikel drucken Botschaft an uns (Christine Hofinger)

Wer war Marcel Gallo?

Der am 4. Oktober 1987 in Rom selig gesprochene Marcel Callo war ein Druckereiarbeiter aus der Bretagne in Frankreich. Am 6. Dezember 1921 als zweites von neun Kindern in Rennes geboren, mußte er mit 13 Jahren die Schule verlassen und arbeiten gehen. Die Lehrzeit war hart. Das Druckerhandwerk gefiel ihm, aber für ihn, der aus einer sehr behüteten Familie kam, war der rauhe Umgangston am Arbeitsplatz schwer zu ertragen.

Marcel Callo war zunächst ein begeisterter Pfadfinder. Auf Wunsch seines Seelsorgers und wohl auch auf Grund der Erfahrungen im Betrieb schloß er sich mit 14 Jahren einer neuen Bewegung an: der von Joseph Cardijn ins Leben gerufenen Christlichen Arbeiterjugend (CAJ).

Hier setzte er sich mit beträchtlicher Energie für seine Kameraden und für ein Leben aus dem Glauben ein, lebte er doch schon als Jugendlicher aus einer tiefen Verbundenheit mit Christus.

Dann kam der Krieg, die Besetzung Frankreichs durch die Deutschen. 1943 wurde Marcel Callo als Zwangsarbeiter nach Deutschland deportiert. Obwohl es ihm sehr schwer fiel, seine Familie (die gerade bei einem Bombenangriff eine Tochter verloren hatte) und seine Braut zu verlassen, faßte er sein Schicksal als Chance auf: “Ich gehe als Missionar!”

Das war er dann auch im Lager von Zella-Mehlis, in Thüringen: Er organisierte Messen für die Fremdarbeiter und traf sich mit CAJ-Aktivisten - bis sie am 19. März 1944 verhaftet wurden. “Viel zu katholisch!” hieß es lakonisch.

Aus dem Gefängnis von Gotha wurden er und seine Kameraden in verschiedene Konzentrationslager abtransportiert. Marcel Callo kam mit zwei anderen nach Mauthausen. Sie litten und starben dort - wie so viele andere - an Unterernährung und Erschöpfung, Marcel Callo am 19. März 1945 im Alter von 24 Jahren.

Eine Erfahrung

Am Beginn des Arbeitsdienstes in Deutschland fühlte sich Marcel Callo körperlich und seelisch sehr elend. Er gesteht in einem Brief nach Hause: “Ich habe sehr unter dieser Trennung gelitten. Die zwei Monate nach meiner Ankunft waren äußerst hart und schmerzlich. Nichts hat mich gefreut. Ich konnte nichts fühlen. Ich merkte, daß ich mich Schritt für Schritt verlor. Ich dachte nur an euch. Plötzlich rüttelte mich Christus auf. Er gab mir zu verstehen, daß mein Verhalten nicht recht war. Er forderte mich auf, mich um meine Kameraden zu kümmern. So kehrte dann auch die Lebensfreude wieder zurück...”

Aus dem Konzentrationslager gibt es keine Briefe mehr. Aber ein Mithäftling erzählte, daß Marcel Callo noch im Stollen von Gusen mit seinen Kameraden heimlich gebetet und zu ihnen gesagt hat: “Habt Vertrauen, Christus ist bei uns... Wir dürfen uns nicht gehen lassen, Gott steht uns bei.”

Was mir Marcel sagt

Am Anfang war er ein Aktivist, am Ende ein Leidender. Beides, das, was er geme tat und was ihm lag, und das, was er ohnmächtig mitansehen und ertragen mußte, bekam Sinn durch seine Verbundenheit mit Christus.

“Christus ist für mich ein Freund, der mich nicht einen Augenblick lang verläßt”, bezeugt Marcel Callo. Christus war die Quelle seiner Kraft.

Der Beitrag des jungen Mannes war sein Bemühen, sich zusammenzunehmen, treu im Gebet zu bleiben und sich vor den anderen zu Christus zu bekennen. Leicht war es sicher nicht, junge Arbeiter zur Osterbeichte oder Fremdarbeiter zum Meßbesuch zu bewegen. Apostel zu sein, das war das Leitwort der CAJ, dafür haben Callo und seine Freunde viel riskiert.

Ich frage mich, was ich riskiere, wenn ich von Christus spreche - und warum ich in dieser Hinsicht so zurückhaltend bin. Außerdem ist die Erinnerung an Marcel Callo und an Mauthausen ein gutes Mittel gegen Wehleidigkeit.

Christine Hofinger hat die Biographie von Marcel Callo aus dem Französischen übersetzt: Paul Gouyon “Marcel Callo”, Otto Müller Verlag, Salzburg, 1988, 136 Seiten, 138 öS

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