Die In-vitro-Fertilisationstechnik (IVF) ist ein Teilbereich der Fortpflanzungsmedizin. Sie stellt seit mehr als 10 Jahren eine Behandlungsart der Unfruchtbarkeit dar und wird weltweit angewendet.
Eizellen werden einer Frau entnommen, anschließend außerhalb des Körpers (also in vitro, im Glas) besamt und - nach eingetretener Befruchtung (Fertilisation) - werden mehrere Embryonen in die Gebärmutter einer Frau eingesetzt. Bei den vielfältigen Ursachen der Unfruchtbarkeit stehen bei der Frau vorwiegend Eileiterschäden im Vordergrund, in zunehmendem Maße werden aber krankhafte Samenqualitätsänderungen beim Mann als Grund für den Einsatz der IVF herangezogen.
Bei der Frau wird mit Hilfe einer Hormonbehandlung eine überzählige Eibläschenreifung ausgelöst. Diese vom normalen Geschehen abweichende Überzahl an Eibläschen (Follikel) wird zu gegebenem Zeitpunkt mittels Punktion abgesaugt, wodurch bis zu zwölf Eizellen gewonnen werden können. Nach einer mikroskopischen Qualitätsuntersuchung der Eizellen werden diese in eine Nährlösung gebettet und bei Bedarf nachgereift.
Stunden vorher erfolgt die Samengewinnung, meistens durch Masturbation. Auch die Samenflüssigkeit wird einer Kontrolle und speziellen Aufbereitung unterzogen. Neben einer Anreicherung der Samenzellen erfolgt dadurch auch eine Aktivierung derselben.
Nach Abschluß der obigen Vorbehandlung werden die Eizellen unter standardisierten Kulturbedingungen besamt, wobei derzeit pro Eizelle zwischen 30.000 und 150.000 Samenzellen zugesetzt werden. Zwölf bis 24 Stunden nach der beschriebenen Besamung kann bei 70 bis 90 Prozent der reifen Eizellen eine Befruchtung nachgewiesen werden.
In den nächsten 48 Stunden werden die Embryonen auf ihre Qualität im Mikroskop überprüft und kontrolliert, um nur die besten zur Übertragung heranzuziehen. Embryonen minderer Qualität werden ausgesondert, verworfen oder für andere Zwecke verwendet. Da für die nachfolgende Embryoübertragung in den mütterlichen Organismus, also in die Gebärmutterhöhle, durchschnittlich nur drei Embryonen benötigt werden, bleiben Embryonen übrig.
Ein Hinweis: Von verschiedenen Forschungsbereichen besteht Interesse an "Embryonenmaterial". Die IVF-Technik ist imstande, es zu liefern, und die Tiefkühltechnik schafft die Voraussetzung zur Lagerung.
Drei Embryonen im Vier- bis Acht-Zellstadium werden jetzt mit Hilfe eines dünnen Kunststoffschlauches in die Gebärmutter eingesetzt, und man erwartet die Entwicklung möglichst nur eines Embryos. 20 Prozent der übertragenen Embryonen nisten sich in die Gebärmutterschleimhaut ein, und etwa die Hälfte dieser eingenisteten Embryonen kommt dann zur Geburt; das heißt, daß von 100 Embryonenübertragungen ungefähr zehn Kinder tatsächlich geboren werden. Die Erfolgsquote der IVF-Technik variiert aber je Arbeitsgruppe. Weltweit wurden bis Juni 1988 etwa 15.000 Kinder nach einem Gametentransfer bzw. nach IVF-Programmen geboren. Die mit der IVF verbundenen Risiken sind: 15 Prozent höhere Mehrlingsrate, 25 Prozent mehr Aborte, fünf Prozent Bauchhöhlenschwangerschaften und 20 Prozent Frühgeburten und andere Komplikationen.
Alfred Dietmaier
Der Autor ist Frauenarzt, sein Beitrag ein Auszug aus "Der Status des Embryos".