VISION 20006/1989
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Noch einmal: Überbevölkerung

Artikel drucken (Christof Gaspari)

Überbevölkerung: Schwerpunktthema von Vision 5/89. Einer unserer Leser hat sich die Mühe gemacht, sich ausführlich und kritisch mit unseren Aussagen auseinanderzusetzen. Im folgenden Auszüge aus der Kritik und eine StelIungnahme zu ihr.

Kritik: Was ist der Grund für den Rückgang der Zuwachsraten im Bevölkerungwachstum? Wäre es möglich, daß er in den Maßnahmen der Dritten Welt zu suchen ist, die in dem Artikel als nicht notwendig angesehen werden? Was wäre, wenn diese Maßnahmen unterblieben wären? Vielleicht könnte man dann nicht so beruhigend argumentieren!

VISION 2000: Sicher hat die Politik der gezielten Geburtenbeschränkung die Entwicklung beeinflußt. Die Frage: Was wäre gewesen, wenn..? ist jedoch in der Geschichte nicht zu beantworten. Hingewiesen sei aber auf die Parallelität des derzeit in der Dritten Welt stattfindenden Fruchtbarkeitsrückgangs mit dem in Westeuropa zu Beginn des 20. Jahrhunderts, als es weder Pille, Spirale oder legalisierte Abtreibung gab. Für die damalige Entwicklung werden überwiegend veränderte Lebensumstände verantwortlich gemacht: Kinder waren nicht mehr wirtschaftliche Investitionen.

Kritik: Seit wann ist der Rückgang einer Zuwachsrate etwas Beruhigendes?

VISION 2000: Zuwachs bleibt Zuwachs. Das stimmt. Abnehmendes Wachstum ist dennoch bemerkenswert - als Vorläufer für eine Stabilisierung. Wir wollten zeigen, daß kein Grund zu Alarmstimmung in Sachen “Bevölkerungsexplosion” vorliegt.

Kritik: Natürlich ist der Hunger in der Welt ein Verteilungsproblem (derzeit) und natürlich könnten die Länder der 3. Welt mehr Nahrungsmittel erzeugen. Doch was ist der Preis dafür? Durch Düngemittel, Pestizide und Insektizide bis knapp vor dem Kollaps (in den Industrieländern) ausgebeutete Böden. Soll diesen Unsinn die 3. Welt nachmachen?

VISION 2000: Mit wenigen Ausnahmen wären die Länder der 3. Welt imstande, sich selbst zu ernähren. Dort, wo Hunger herrscht, sind meist ungerechte Verteilung, Kriege und diktatorische Systeme schuld. Als weiterer Faktor kommt die Ausrichtung der Landwirtschaft auf Exporte in die Industrieländer zum Tragen. Diese Produktion ist meist auch besonders umweltschädlich: In Monokulturen wird Agrarindustrie betrieben. Ein geeigneter Ausweg ist die stärkere Berücksichtigung der örtlichen Bedürfnisse, die Abkehr von der Produktion für den Weltmarkt, die Entwicklung angepaßter Technologien, lokaler Traditionen und Pflanzen. Agro-Industrie weltweit ist nicht der einzige Weg zur Emährung einer immer weniger stark steigenden Weltbevölkerung.

Kritik: Denkt eigentlich irgendjemand etwas weiter in die Zukunft als seine wahrscheinliche Lebensspanne ausmacht? Mag sein, daß sich alles bis zum Jahr 2050 noch halbwegs ausgeht. Aber was ist nachher?

VISION 2000: Die größeren Probleme haben auf lange Sicht nicht die sich langsam stabilisierenden Völker der Dritten Welt, sondern die von massiver Überalterung bedrohten Industrieländer: 2030 soll jeder dritte Österreicher im Pensionsalter sein! Am schwierigsten wird die Situation in China sein, wenn es weiterhin konsequent die Ein- Kind-Politik fortsetzt. Außerdem: Würden wir wirklich an die zukünftigen Generationen denken, müßten wir vor jeder anderen Überlegung unsere desolate geistige und unsere bedrohte Umweltsituation sanieren.

Kritik: Ist es menschenwürdiger, mit dem Urteil auf den Lippen, “die Reichen sind schuld”, vor Hunger zu krepieren oder die Möglichkeit zu bekommen, gezielt und massenhaft die Empfängnis weiterer Todeskandidaten zu verhindern?

VISION 2000: Da ist sie wieder, die Panikstimmung, die leicht das Urteil trübt. “Vision 2000” wendet sich an Mitteleuropäer. Was können wir da im Zusammenhang mit dem Thema Überbevölkerung sagen? 1.) Bei nüchterner Betrachtung kein Grund zur Panik. 2.) Unser Land ist eher von Überalterung als von Überbevölkerung bedroht, also Mut zum Kind. 3.) Unsere allzu üppige Lebensart fördert den Hunger in der Welt. Daher Mut, einfacher zu leben und mehr zu helfen.

Kritik: Leichrmöglich, daß einige Zehn- oder auch Hunderttausende die geistigen, körperlichen und kulturellen Voraussetzungen mitbringen, daß Billings- und ähnliche Methoden funktionieren. (Es soll auch Menschen geben, die anstandslos einen Kopfstand können; die meisten werden zum Stehen dennoch ihre Beine nötig haben). Vielleicht sinkt dann der Bevölkerungszuwachs um ein paar Prozent, bleibt aber trotzdem.

VISION 2000: Natürliche Methoden der Empfängnisregelung sind kein Kunststück nur für Eliten. Das zeigen Erfahrungen aus Indien: Bei Analphabeten gibt es die besten Erfolge. Diese Methoden zu lehren, bedarf ebenso eines Erziehungsprozesses wie das Wecken der Bereitschaft, regelmäßig die Pille zu schlucken oder sich sterilisieren zu lassen. Was aber ist menschenwürdiger?

Kritik: Woher nimmt das Christentum das Recht, den Völkern anderen Glaubens seine Doktrin aufzunötigen? Eine Doktrin (ich meine das Verbot der empfängisregelnden Pille), die nicht auf einem Wort Christi beruht, sondern auf der - zugegeben - mangelhaften Weisheit der Wissenschafter (beider Seiten)!

VISION 2000: Es stimmt, Christus hat sich nicht zur Empfängnisregelung geäußert. Dafür haben die Päpste (die vom Herm eingesetzte Autorität) hier eindeutig und wiederholt Stellung bezogen und dabei überzeugend argumentiert. Hier geht es übrigens um eine ethische und nicht um eine wissenschaftliche Frage. Die Päpste kommen in Sachen Bevölkerungspolitik übrigens zu demselben Ergebnis wie die politischen Vertreter der meisten Länder der 3. Welt: Sie lehnen die verordneten Geburten-Kontrollprogramme ab. Es sind Interessensvertretungen wie die International Planned Parenthood Federation, die Weltbank, der Währungsfonds, die Pharma-Industrie, die pausenlos die Werbetrommel für mehr Technik und Chemie in die Schlafzimmer rühren.

CG

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