VISION 20006/1989
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Habt Mut zum Widerspruch

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Ein neuer Elan der Verkündigung und der Katechese ist nötig. Wenn die Substanz der Frohen Botschaft unter tausend Entschuldigungen vor dem Zeitgeist verkleidet wird, wie soll sie Freude wecken und Überzeugungen schaffen? Der Schwung der Botschaft darf nicht in endlosen Vorüberlegungen und Beschwichtigungen erstickt werden. Das Wort des Apostels ist auch heute wegweisend: “Als ich zu euch kam, Brüder, kam ich nicht, um glänzende Rede oder gelehrte Weisheit vorzutragen, sondern um euch das Zeugnis Gottes zu verkündigen. Denn ich hatte mich entschlossen, bei euch nichts zu wissen außer Jesus Christus, und zwar den Gekreuzigten... Meine Botschaft und Verkündigung war nicht Überredung durch gewandte und kluge Worte, sondern war mit dem Erweis von Geist und Kraft verbunden” (1 Kor 2,1-4). Das ist selbstverständlich keine Abwertung des Intellekts, der “immer zur Anwort bereit sein” muß (1 Petr 3,15). Es sagt uns aber, daß das Wort vom Glauben leer wird, wenn es die tragende Wirklichkeit aus dem Auge und aus dem Herzen verliert, der jedes Denken im Glauben dienen muß.

Wehrt auch der Gefahr und der Versuchung zu falschen Kompromissen, zu einer falschen Identifikation von Kirche und Gesellschaft. Weil Hirten, die im Dienst Jesu Christi stehen, immer auch dem großen prophetischen Erbe verpflichtet sind, ist der Mut zum Unangepaßten, ja zum Unbequemen ein grundlegendes Element rechter Pastoral. Christen werden gewiß immer darum bemüht sein, möglichst viele für den Glauben und für die Gemeinschaft mit dem Herrn zu gewinnen und die sittlichen Werte des Evangeliums im öffentlichen Leben zur Wirkung zu bringen. Aber der Mut, in unerschütterlicher Treue zum Evangelium Minderheit zu sein, gehört nicht weniger dazu. Der Glaube steht heute wie immer in Widerspruch zu vielem, was gerade gängig ist, und gerade als Widerspruch dient er dem Menschen; im Mut des Widersprechens erhält er neue Schwungkraft, neue Lebendigkeit. Gerade so werden wir neu Salz der Erde und Licht der Welt, Sakrament des Heils für die ganze Welt.

Aus der Ansprache an die Deutschen Bischöfe

Papst Johannes Paul II

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