Sonntag Nachmittag in Wien-Favoriten: Rund 70 Menschen, meist Frauen und jüngere Leute, nehmen an einer Veranstaltung teil, die über den Medienkoffer zur Sexualerziehung informieren soll. Genau genommen warten wir aber vergebens. Trotz mehrmaliger Aufforderungen kommen die Referenten am Podium nämlich nie wirklich zum Thema.
Volksschuldirektor Peter Böhm, Autor von zwei didaktischen Teilen des Medienkoffers: "Zärtlichkeit" und Anleitungen zu Tast- und Berührungsspielen, teilt zwar eine Liste mit Kapitelüberschriften mit - aber was weiß man dann schon über den Inhalt!
Elfriede Jugovic, ebenfalls Direktorin, ärgert sich über die öffentliche Kritik am Medienkoffer. Mächtige Gruppen seien da am Werk. Ich erkundige mich: wer? Die Katholische Kirche, bekomme ich zu hören. Sie sei ebenso wie die Medien bestens über alles informiert, argumentiere aber nur mit Halbwahrheiten.
Böhm bedauert, daß man im Ministerium darauf reagiert habe und etwa den Film (in dem der personifizierte Orgasmus als mit Federn geschmückter Vogel auftritt) aus dem Angebot genommen habe. Aus seinen Ausführungen höre ich heraus, daß ihm spielerischer Umgang mit Sex ein Anliegen ist und er sich den gleichen Zugang für Burschen und Mädchen wünscht. Zwar wird immer wieder betont, es gehe nicht nur um Sexualtechnik, sondern vor allem um Partnerschaft. Aber genau genommen landen wir immer wieder nur bei Fragen der Technik. Schade.
Als ich die schlechten Erfahrungen in den USA mit dem Sexualunterricht ins Gespräch bringe, von der Einrichtung von Sexualkliniken und dem dramatischen Anstieg von Abtreibungen bei Schülerinnen berichte, zeigt sich das Podium uninformiert - und bezweifelt den Wahrheitsgehalt meiner Aussage. Dennoch wird die ursprüngliche euphorische Stimmung gedämpft. Verunsicherung und Ratlosigkeit machen sich breit. Mir wird klar, wie wichtig es wäre, die viele Information, die das Scheitern der Sexualisierung ja längst erkennen läßt, unter die Leute zu bringen.