VISION 20002/1989
« zum Inhalt Worte an uns

Liebet eure Feinde

Artikel drucken (Eugen Voss)

Viele haben für die verfolgten Christen gebetet. Das war richtig und gut. Und die Verfolgten danken für das Geschenk der Fürbitte.

Aber das Beten für die Verfolgten ist nicht genug. Jesus erwartet mehr. "Ich aber sage euch: Liebet eure Feinde und bittet für die, welche euch verfolgen."

Das ist eigentlich logisch. Der Beter soll keine Symptombehandlung betreiben, indem er für das Opfer betet. Er soll das Übel an der Wurzel packen und sich des Verfolgers annehmen.

So lassen wir uns also auf Diktatoren aller Kontinente ein, auf bewaffnete Banden und Guerillakrieger, auf Herrscher, die ihre Macht von einer Religion ableiten und im Namen dieser Religion Andersgläubige verfolgen. Wer für Verfolger betet, macht eine innere Erfahrung. Früher oder später wird ihm gezeigt, daß hinter der Fratze des Fanatikers oder des von der Machtgier Verkrüppelten ein Mensch verborgen ist. Auch dieser Mensch kam klein und nackt zur Welt. Auch er ist berufen, ein Sohn, eine Tochter Gottes zu sein. Es ist sein Unglück, daß er das nicht weiß oder daß er das verdrängt hat.

Darum haben die Wissenden die heilige Pflicht, stellvertretend für ihn daran zu denken und an diese höchste Berufung zu glauben. Sie sind herausgefordert, durch ihr Beten von der schmerzerfüllten göttlichen Barmherzigkeit über den Tyrannen kommen zu lassen.

Das mag schwer erscheinen. Aber Jesus Christus nachzufolgen war noch noch nie ein Spaziergang. Es war immer mit Schwerarbeit verbunden. Und die schwerste Arbeit ist die, die im Geiste zu leisten ist.

Eugen Voss (Auszug aus seiner Predigt anläßlich des Schweigemarsches für die verfolgten Christen am 10. März im Wiener Stephansdom)

© 1999-2024 Vision2000 | Sitz: Hohe Wand-Straße 28/6, 2344 Maria Enzersdorf, Österreich | Mail: vision2000@aon.at | Tel: +43 (0) 1 586 94 11