VISION 20001/1988
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Traut Euch!

Artikel drucken (Alexa und Christof Gaspari)

"Was Ihr miteinander zu tun begonnen habt, ist etwas Heiliges. Ihr müßt es mit einem reinen Herzen tun. Betet für dieses Anliegen und betet miteinander. Bevor Ihr überhaupt etwas tut, verbringt mindestens eine Stunde vor dem Allerheiligsten. Dann erst sollt Ihr wichtige Entscheidungen treffen. Kommt zusammen und betet. Fangt niemals dieses wunderbare, schöne Werk ohne intensiven Kontakt zu Jesus Christus an. Wenn Ihr auf das Kreuz blickt, werdet Ihr erkennen, wie sehr er uns geliebt hat - damals vor Jahrhunderten. Und wenn wir auf den Tabernakel schauen, so sehen wir, wie sehr Er uns jetzt liebt. Deswegen ist die Eucharistie die Kraft und die Freude sich verschenkender Liebe. Ich wünsche mir, daß Ihr Jesus im heiligen Sakrament zum eigentlichen Grund des Bestehens Eurer Gruppe macht. Dann werdet Ihr auch mit Überzeugung sprechen können, nicht nur mit Eurem Hirn, sondern von Eurem Herzen her."

Mutter Teresa an die Veranstalter

Buchstäblich aus dem Nichts ist dieser große Kongreß entstanden. Ein Beispiel dafür, daß Glaube auch heute noch Berge versetzen kann. Ein Rückblick von Alexa und Christof Gaspari.

Angefangen hat das Kongreßgeschehen vor Jahren - mit einem behinderten Kind. Antoinette Goess erzählt: Die Tochter einer Freundin hatte ein Schule für die Erziehung schwer behinderter Kinder erfolgreich absolviert und war nun auf der Suche nach einer Stelle. Auf Umwegen gelangte sie zu einer Familie nach Venezuela, die als jüngstes von acht Kindern ein behindertes bekommen hatte, das besonderer Betreuung bedurfte. Die Mutter dieser acht Kinder, Christine Vollmer aber war eine der beiden treibenden Kräfte, die mit der Veranstaltung von Familienkongressen in Lateinamerika wichtige Impulse zur Erneuerung der Familie in diesen Ländern gesetzt hatte.

Die seit damals bestehenden Kontakte brachten auch die Botschaft von den Kongressen nach Österreich. Wer davon hörte, war zwar beeindruckt, was Privatinitiative alles in Gang zu setzen vermag, aber niemand kam auch nur auf den Gedanken, sich ein solches Unternehmen selbst zuzutrauen.

Die nächste entscheidende Etappe war dann der 9. Internationale Familienkongreß in Paris, der erste auf europäischem Boden. Damals wurde versucht, eine möglichst große Gruppe von Österreichern nach Paris in Marsch zu setzen.

Trotz aller Bemühungen waren dann die österreichischen Teilnehmer am Kongreß nicht sehr zahlreich. Dafür aber waren die rund 20 Personen sehr beeindruckt von dem, was sie während dieser vier Tage erleben durften: Freude aus gelebtem Glauben und die Überzeugung so vieler Menschen, daß sich der Einsatz dafür lohnt, einander zu helfen in glücklichen Familien zu leben. Und da taucht zum ersten Mal der Gedanke auf: So etwas müßte man in Österreich auch versuchen! Aber wie?

Keiner von uns hatte irgendeine Erfahrung in der Organisation von Kongressen, keiner konnte sich vorstellen, wie man die für ein so großes Vorhaben notwendigen Mittel aufbringen könnte, keiner traute sich zu, dafür die Verantwortung zu übernehmen.

Immerhin wurde ein erster entscheidender Schritt gesetzt. Ein Brief, der über den Pariser Kongreß und die dort ausgelöste Begeisterung berichtete, wurde an alle Klöster in Österreich geschickt mit der Bitte, um das Zustandekommen einer ähnlichen Veranstaltung auch in unserem Land zu beten.

Diesem Umstand und der Ausdauer von Veronika Czernin ist es zweifellos zu verdanken, daß die ganze Sache nicht "sanft entschlummert" ist. Bei mehreren Gelegenheiten versuchte diese nämlich, immer wieder neue Leute für den Kongreß-Gedanken zu begeistern.

Aber immer wieder stieß man letztlich auf dasselbe Problem: Wie soll denn das gehen?

Die nächste wichtige Etappe war dann eine Wallfahrt nach Medjugorje, an der sich einige der mittlerweile näher Interessierten (fast ausschließlich Frauen - Hausfrauen!) sowie Christine Vollmer und Angela Malherbes, die Organisatorin des Pariser Kongresses, beteiligten. Drei Tage Beratung und Gebet (vor allem dieses) brachten ein erstes Ergebnis: Man würde das Projekt weiter verfolgen und Antoinette Goess würde die Verantwortung dafür übernehmen.

So weit, so gut. Aber wer sollte das Ganze praktisch in die Hand nehmen? Und dann fiel eine weitere wichtige Entscheidung: Joseph Dobblhoff entschied sich, die Aufgabe des Organisators zu übernehmen.

Damit waren die beiden Kristallisationspunkte gefunden, um die sich das weitere Geschehen bilden konnte. Immer noch war - nach den üblichen Kriterien - nichts Weltbewegendes geschehen.Noch fehlte es an fast allem, noch gab es kein Programm, kein Geld, keinen Sponsor. Das eigentliche Kapital war das Vertrauen auf die Führung Gottes und die Bereitschaft der bisherigen Referenten, bei Bedarf ohne Honorar nach Wien zu kommen. Damals fiel auch die Entscheidung, ganz im Gegensatz zur üblichen Vorgansweise bei Großveranstaltungen, sich nicht unter den Schirm einer großen Institution zu begeben. Wir wollten frei von Einflußnahme bleiben. Aber alle, die sich mit unserem Anliegen identifizieren wollten, sollten herzlich eingeladen sein mitzuwirken. Damit wurde eine Bewegung in Gang gesetzt, die uns alle überrascht hat. Jeder konnte seine Fähigkeiten einbringen, seine Initiativen entfalten. Jeder mußte aber auch lernen, sich in diesem Geist des Miteinander, der Nächstenliebe einzubringen.

In der Zeit unmittelbar vor dem Kongreß war aus dem ursprünglichen Häuflein eine Zahl von 400 Mitarbeitern geworden. Sie waren auf ganz Österreich verteilt. Welch eine Mobilisation an Engagement, das mit keinerlei Ehrungen rechnen konnte und ausschließlich von der inneren Überzeugung getragen war, an einem wichtigen, guten Werk beteiligt zu sein! "Ich kenne keinen, der unter uns Macht ausüben möchte", faßt Joseph Doblhoff seine Erfahrungen mit den Mitarbeitern zusammen.

Bei dieser Kongreßvorbereitung haben wir konkret erfahren dürfen, was alles möglich wird, wenn sich Menschen wirklich in den Dienst Gottes stellen. Wie gut dann menschliches Zusammenwirken funktionieren kann. "Im Grunde genommen, funktionieren wir in dieser Vorbereitungstätigkeit wie eine richtige von Gott geschaffene christliche Familie. Wir machen jene Erfahrung, die wir auf diesem Kongreß eigentlich bezeugen wollen", stellt Joseph Doblhoff fest.

Es ist klar, daß eine solche Bewegung nicht straff zentral geführt werden kann. Daher war auch von Anfang an die Bemühung da, in jedem Bundesland eine möglichst selbständige Gruppe von engagierten Mitarbeitern zu gewinnen. Dafür gab es kein Werbekonzept, keine Marktanalyse zur Auffindung der richtigen Strategie, sondern einfach persönliche Begegnungen, die Engagement auslösten - oder eben nicht. Dabei ist die Palette derjenigen, die sich eingesetzt haben, sehr groß: junge und alte, Priester und Laien, Städter und Landbewohner, Menschen aus allen Bevölkerungsschichten...

Auch in den einzelnen Bundesländern war wieder dasselbe Problem, das wir schon am Anfang miterlebt hatten: Niemand traute sich zunächst so ein Engagement zu. Aber kaum war ein Kristallisationspunkt da, kam die Angelegenheit in Bewegung. Immer wieder die Erfahrung: Unmögliches wird möglich, wo ein starker Glaube und eine liebevolle Gemeinschaft zusammenfinden.

Immer wieder standen wir vor dem Problem: Ist es zulässig, ein so hohes Ideal von der christlichen Familie vorzulegen? Überfordert man damit nicht die vielen Menschen, die mitten in den Schwierigkeiten ihres Alltagslebens stehen? Aber langsam erkannten wir, daß es notwendig sei, gerade in einer so desorientierten Zeit, ganz eindeutige Wegweiser aufzustellen, damit der einzelne, ja jeder von uns, sich zu orientieren vermag, damit wir wissen, welchen Weg wir zu unserem eigenem Heil einschlagen sollen. Bei den allgemeinen Wegweisungen darf es keine Kompromisse geben.

Gleichzeitig aber erkannten wir, wie wichtig es auch ist, sich nur ja kein Urteil über irgendjemanden anzumaßen. Wegweisung im Klartext, aber niemals Verurteilung. Das wurde unser Programm.

Und das Geheimnis des Erfolgs des Zustandekommens? Der persönliche Kontakt. Das galt auch für die Beschaffung der für den Kongreß notwendigen finanziellen Mittel. Auch da wurden keine Tricks angewendet, keine Geldbeschaffungsstrategie entwickelt, sondern der Weg des persönlichen Gesprächs gesucht. Dabei wurden nicht kluge "Verkaufsgespräche" geführt. Vielmehr war es auch hierbei wichtig, jemanden für ein Anliegen zu gewinnen, mit dem er sich selbst identifizieren konnte. Was war also die Bilanz dieser umfangreichen Vorbereitungen? Die vielen, die an ihr mitgewirkt haben, sind in diesen Tagen und Wochen reich beschenkt worden. Sie haben die Erfahrungen gemacht, daß der Einsatz im Vertrauen auf das Wirken Gottes Dinge ermöglicht, die von vornherein und rein weltlich betrachtet unmöglich erscheinen.

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