VISION 20001/1988
« zum Inhalt Freitag - Zeichen der Zeit

Erziehen - wohin?

Artikel drucken

In einer pluralistisch angelegten Gesellschaft wird Erziehung verunsichert. Eltern wissen nicht mehr, woraufhin sie denn erziehen sollen. Um ein durchaus aktuelles Beispiel zu gebrauchen: Sollen sie ihren Kindern eine gewisse Enthaltsamkeit auferlegen, die die geschlechtliche Begegnung auf jeden Fall an das Erlebnis wirklicher Liebe bindet, oder sollen sie, wie manche dem Zeitgeist angepaßte Redner propagieren, möglichst viel und möglichst früh zu sexuellen Kontakten angeregt werden, weil das der Selbstverwirklichung besonders förderlich sei?

Die Schulen als öffentliche Anstalten des Staates haben in der pluralistischen Gesellschaft vielfach auf Erziehung ganz verzichtet. Sie konzentrieren sich auf Wissensvermittlung. Es ist einer der großen Irrtümer, daß die pluralistische Gesellschaft wertfrei sei. Das Gegenteil ist der Fall. Pluralistische Gesellschaft ist nicht denkbar ohne Toleranz, ohne Anerkennung personaler Freiheit. Im Grunde genommen, ist sie nicht denkbar ohne den radikalen Anspruch der Person, in ihrer Würde als Zweck seiner selbst anerkannt zu werden. Wo diese Grundwerte nicht anerkannt werden, da verkommt eine freie, pluralistische Gesellschaft zur Anarchie und schließlich zur Diktatur. Der Mensch wird im Verweigern einer wirklichen Erziehung Ideologien in die Arme getrieben, die nur darauf warten, ihn bevormunden zu können.

© 1999-2024 Vision2000 | Sitz: Hohe Wand-Straße 28/6, 2344 Maria Enzersdorf, Österreich | Mail: vision2000@aon.at | Tel: +43 (0) 1 586 94 11