Die Lehre der Kirche über die Empfängnisregelung läßt sich in drei grundlegenden Sätzen darlegen:
- Zur christlich verstandenen Ehe gehört die grundsätzliche Bereitschaft, Kinder zu bekommen.
- Im Sinne einer echten Gewissensentscheidung haben die Eltern das unvertretbare Recht, die Zahl ihrer Kinder zu bestimmen.
- In der ehelichen Umarmung von Mann und Frau und ihren Sinngehalten erkennen wir die Handschrift Gottes. Weit davon entfernt, ein bloß biologisches Geschehen zu sein, ist die sexuelle Vereinigung so sehr mit der Würde des Menschen und seiner Gottebenbildlichkeit verbunden, daß der Mensch sie nicht verstümmeln, nicht manipulieren, nicht nach seinem Willen umformen darf. Das, so scheint mir, ist auch der Sinn der kühnen Worte von Johannes Paul II: "Achtet den von Gott gegebenen Lebenszyklus! Diese Achtung gehört zu unserer Achtung Gott selbst gegenüber, der Mann und Frau geschaffen hat, nach seinem Abbild, indem er seine eigene lebensspendende Liebe sich widerspiegeln ließ in den Mustern ihres Sexualverhaltens." Für den Christen bedeutet das: Er sollte sich nach Kräften bemühen, seine Ehe nach dem Ideal von "Humanae vitae" zu leben und zwar im Sinne jenes heiligen, vertrauenden Gehorsams, von dem das 2. Vaticanum im Hinblick auf das Lehramt der Kirche spricht.
Wie in vielen Bereichen der Moral, wäre auf dem Gebiet der sexuellen Liebes-Ethik ein bloß mechanisch-blinder Gehorsam ohne jedwedes innere Verstehen nicht nur auf die Dauer kaum lebbar, sondern vor allem ein moralisches Torso. Darum verlangt ja der Papst auch immer wieder: Vertieft euch in den Sinn und die Gründe dieser Lehre!
Sehr oft stehen Verhütungsmittel keineswegs im Dienst eines liebenden Ehepaares, das keinen anderen Ausweg findet, sondern sie werden benützt, um bloß sexuellen Ansprüchen Genüge zu tun. Daß Frauen die Verhütungsmittel dann als "Instrument männlicher Ausbeutung" erleben, ist gut zu verstehen.
Wir sehen die Betonrinnen, in die wir die Flüsse gelegt haben, und erschrecken über die Chemikalien, die unsere Welt vergiften. Wie lange aber wird es noch dauern, bis wir den Leib des Menschen, vor allem den Schoß der Frau wenigstens so achten, wie einen See im Gebirge oder eine Bucht am Meer? Wir sagen, der Leib ist eine Schöpfung Gottes und darüber hinaus "Tempel des Heiligen Geistes". Müßten wir dann nicht alle nicht-therapeutischen, manipulativen Eingriffe von ihm fernhalten?
Viele Ehen leiden heute an einer Immunschwäche der Liebe und enden in der Scheidung. Nun hat sich aber, den Erfahrungen von Paul Marx zufolge, das Leben nach den Regeln der natürlichen Empfängnisregelung als fast 100 %igen Schutz vor der Scheidung erwiesen. Wäre da eine Methode, die nicht Kinder, sondern Scheidungen verhütet, von unermeßlichem Wert?
Der Mensch ist in allen Bereichen seines Lebens von der Sünde bedroht - auch in seinen sexuellen Beziehungen zum Ehepartner. Auch die Ehe ist nicht die Insel der sexuellen Seligkeit, ein Paradies der Liebe, in dem der Sündenfall nicht stattgefunden hätte. Die eheliche Liebe kann z.B von einer Konsumhaltung unterlaufen werden. Dieser Gefährdung gegenüber sind Zeiten der sexuellen Enthaltsamkeit eine Hilfe. Sie stehen im Dienst der Liebe. Die künstliche Empfängnisverhütung spaltet den Menschen in zwei Teile: Den störenden Teil, nämlich die Fruchtbarkeit, schaltet sie aus. Das Wort der "Ganzhingabe" wird zu einer "Teilhingabe", die Liebe des ganzen Menschen zu einer "Teilliebe".
Durch Empfängnisverhütung wird der zärtliche Satz: "Ich liebe Dich", verändert in: "Ich liebe dich teilweise. Denn deine Weiblichkeit stört mich, weil du schwanger werden könntest." Verhütung verneint die Fruchtbarkeit des Partners, zerteilt diesen in einen bejahten und in einen abgelehnten "Teil".
Johannes Paul II spricht von einer Spiritualität des ehelichen Aktes. Wie der Christ beim Empfang der heiligen Kommunion innerlich begreifen soll, wen er empfängt und was diese Vereinigung bedeutet, so sollen die Ehepaare geistig vor Augen haben, was ihre sexuelle Vereinigung als Ausdruck der fruchtbaren Liebe nach den Absichten des Schöpfers ist.
Die Sexualmoral der Kirche ist ein Hoch-Ethos der Liebe. Das heißt: Das Leben nach den Normen dieser Ethik ist nicht leicht, aber beglückend.