VISION 20002/1996
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Leserbriefe

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Der Manipulation paroli bieten

Einer Statistik zufolge glauben mehr als 50 Prozent der Jugend­lichen (16-25 Jahre), daß über die Medien der Versuch einer Manipulation unternommen wird, eine Ansicht also so dar­zustellen, daß eigene Gegenar­gumente - oft bedingt durch Wissensmangel - keine Kraft und kein Gewicht mehr haben. Einer der Hauptgründe, warum Manipulation überhaupt mög­lich wird, ist die geistige Träg­heit. Sie wird durch den Überge­nuß von oberflächlichen, dem Geist der Zeit angepaßten Infor­mationen gefördert.

Wie aber kann man gegen diese Gefahr der Manipulation ankämpfen? Die vielzitierte Phrase, alles kritisch zu hinter­fragen, ist deshalb als erster Schritt nicht zielführend, weil für eine kritische Frage wohl auch entsprechendes Wissen er­forderlich sein könnte. Das also sollte ich mir aneignen. Beim kritischen Fragen kommt es dar­auf an, das Problem mit seinem Umfeld zu erfassen und auszu­loten, um Zusammenhänge und Querverbindungen, die erst eine erweiterte Perspektive ermögli­chen, zu erkennen.

Über allem sollte dauernd das Bewußtsein schweben, daß wir in einer Zeit des Materialismus aufgewachsen sind und in die­sem Umfeld weiterleben. Wir le­ben aber auch in einer Zeit des Spezialistentums. Die massen­haft auftretenden Fachleute ver­unsichern und machen es fast un­möglich, „kritisch zu hinterfra­gen". Denn der Experte gibt zu verstehen, daß es so gut wie nichts „dahinter" gebe und oh­nedies alles klar sei.

Dann kann man Aussagen von selbsternannten Spezialisten le­sen, die etwa lauten: Der „Mensch sei nichts als ein Bün­del bedingter Reflexe", die „Lie­be ist nichts als ein schlecht un­terdrückter Trieb" oder das „Ge­wissen ist nichts als eine verin­nerlichte Gesellschaftsform". Viktor Frankl nennt diese be­dauerlichen Anschauungen Sub­humanismus.

Diesem Subhumanismus gilt es, paroli zu bieten. In erster Linie wird dies durch eine Ausbildung möglich, die uns befähigt, in un­serer säkularisierten Welt allem zum Trotz jene Spuren von Transzendenz zu entdecken, welche größere Zusammenhän­ge auch jenseits des anerzogenen Materialismus erkennen lassen.

Heinz Neugebauer, A-1100 Wien

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