in Leben im Dienst ihrer Mitmenschen – als Familienfürsorgerin, international geehrte Organisatorin von Flüchtlingshilfe und bis heute im hohen Alter als Ratgeberin für Hilfesuchende aller Art: Maria Loley ist ihr Leben an der Hand Gottes gegangen.
Wenn Dich jemand fragen würde: Was ist Vorsehung? – wie würdest Du antworten?
Maria Loley: Von Jugend an hat mich diese Frage bewegt. Also suchte ich mir die Antwort aus der Schrift. Da bin ich besonders bei Stellen aus der Bergpredigt hängen geblieben, etwa wenn Jesus sagt: Euer Vater weiß, was ihr nötig habt. Und: Er weiß es, bevor ihr Ihn überhaupt bittet. Gott sieht jede Not voraus. Er hört unser Rufen. Er ist uns ja in unfassbarer Weise zugewendet. Unsere Namen sind in Seine Hand geschrieben, wie der Prophet Jesaja sagt. Er kennt unsere Nöte und weiß auch die Wege heraus aus der Not.
Gut, aber greift Er auch ein?
Loley: Ich habe die Erfahrung gemacht, dass sich dann die Umstände auf nicht vorhersehbare Weise unsichtbar fügen. Oft habe ich mich gefragt: Wieso passiert genau jetzt dieses oder jenes? Wieso sagt mir gerade jetzt diese Person etwas Bestimmtes? Warum tritt ein Umstand ein, der mich aus einer Gefahr herausführt? Durch solche Erfahrungen bin ich im Laufe meines Lebens auch in eine immer engere Beziehung zu meinem Schutzengel getreten. Wie oft war ich mir sicher, dass mir von ihm her Hilfe zuteil wird! Dass dies so ist, wissen wir ja aus der Schrift. Da heißt es: „… Denn der Herr ist deine Zuflucht, du hast dir den Höchsten als Schutz erwählt. Dir begegnet kein Unheil, kein Unglück naht deinem Zelt. Denn er befiehlt seinen Engeln, dich zu behüten auf all deinen Wegen. Sie tragen dich auf ihren Händen, damit dein Fuß nicht an einen Stein stößt…“ (Ps 91) Starke Worte:?Der Engel sorgt dafür, dass mein Fuß nicht an einen Stein stößt. Das habe ich mir immer wieder plastisch vorgestellt…
Du nimmst das, wie es da steht?
Loley: Klar. Das ist keine symbolische Aussage. Es drückt eine Realität aus: Ich habe einen Engel, der von Gott für mich einen Auftrag bekommen hat. Für mich geht es darum, eine freundschaftliche Beziehung mit ihm einzugehen.
Wie soll man sich das denn vorstellen?
Loley: Man muss eben das Bewusstsein pflegen, dass dieser Engel da ist, gegenwärtig. Mir ist das eigentlich fast immer bewusst. Im übrigen Leben ist das ja ähnlich: Ich weiß mich stets mit dir in Freundschaft verbunden – auch wenn Du nicht in der Nähe bist. Und die reale Nähe des Engels ist noch verbindlicher als die Nähe eines geliebten Menschen. Da geht es um eine innere Sicherheit, in der ich durch eine Unzahl von Schriftstellen bestärkt worden bin.
Hast Du das dann in deinem Leben auch wirklich so erfahren?
Loley: Selbstverständlich. Da gibt es eine Unzahl von Begebenheiten, in denen ich mich gefragt habe: Warum ist das jetzt so gelaufen? Es gab mehrere Situationen, in denen mich Gott konkret durch Eingreifen in ein Geschehen vor dem Tod bewahrt hat.
Erzähle…
Loley: Ich denke da an eine Autofahrt, bei der ich angesetzt hatte, einen Lkw zu überholen. Als ich etwas vor dem Lkw bin, blockiert das rechte Vorderrad, es schleudert mich zunächst vor den Kühler des Lastwagens und dreht mich dann so, dass ich auf der Gegenfahrbahn lande und verkehrt zur Fahrtrichtung zum Stehen komme. Ich war so konsterniert, dass ich zu keiner Reaktion fähig gewesen war. Für den Fahrer des Lkw war es unfassbar, dass es ohne Zusammenprall abgegangen war. Im Moment war mir klar: Dass Du überlebt hast, war menschlich nicht machbar. Oder eine andere Geschichte: Nach dem Krieg war ich ohne Arbeit und in echter Not, nichts zu essen. Da bekomme ich einen Brief von einer älteren Freundin, einer gläubigen Frau. Sie habe von mir geträumt und sei unruhig aufgewacht. Daher ihr Brief. Es sei ihr der Gedanke gekommen, es könnte mir schlecht gehen. Sicherheitshalber lege sie Geld bei: 50 Schil?ling, damals ein lebensrettender Betrag. Ich könnte noch weitere, menschlich unerklärbare Erfahrungen erzählen (siehe Kasten).
Wie antwortest Du aber auf die Frage: Wieso gibt es dann so viele Menschen, denen in ähnlicher Situation keine Hilfe zuteil wird, die scheitern, zugrunde gehen, verzweifeln? Sieht Gott da weg?
Loley: Man kann nicht jede Frage rein diesseitig beantworten. Wer das wollte, müsste die unüberblickbar vielen Zusammenhänge des Lebens kennen. Aber eines weiß ich sicher: Gott ist da! Er sieht die Lage, Er weiß, wie es uns geht, und Er erhört uns, wenn wir uns an Ihn wenden. Manchmal wird es allerdings auch so sein: Wenn ich einen sehr guten Freund habe, der mir jederzeit helfen würde, ich mich aber nie an ihn wende, wird die Hilfe eben oft ausbleiben. Fest steht jedenfalls und für diese Überzeugung lebe ich: Wer sich vertrauensvoll an Gott wendet, kann fix damit rechnen, dass im rechten Moment Hilfe kommt. In meiner beruflichen Tätigkeit als Fürsorgerin habe ich oft erlebt, dass Leute gesagt haben: „Ich habe diesen Schicksalsschlag als die Katastrophe schlechthin angesehen. Heute erkenne ich: meine Interessen, meine Einstellung, etwa den Mitmenschen gegenüber, hätte ich nie geändert, wenn mich diese Not nicht getroffen hätte. Jetzt weiß ich, dass es zum Guten ausgeschlagen hat. Dem Missgeschick verdanke ich, dass es mir jetzt gut geht. Und ich frage nicht mehr : Gott, wo bist Du? Warum hörst Du nicht? Heute, im Rückblick erkenne ich, dass ich irgendwie geführt war.“
Heißt das: Jeder täte gut daran, die Augen für das Wirken Gottes in seinem Leben zu öffnen und darauf zu setzen?
Loley: Ich bin immer tiefer in die Einsicht geführt worden, wie Gott führt, was nicht heißt, dass ich alles sofort durchschaue. So konnte ich zunächst nicht verstehen, warum ich zweimal nach kurzer Zeit aus Klöstern, in die ich eintreten wollte, entlassen wurde. Jedes Mal trat eine Krankheit auf, die ich davor nie gehabt hatte und die mir das Leben im Kloster unmöglich gemacht hätte. Beim zweiten Mal war für mich klar: Gott lehnt zwar nicht meine Bereitschaft zur totalen Hingabe ab, aber Er will mich auf einen anderen Weg führen – auch wenn ich momentan keine Ahnung hatte, wohin dieser führen würde. Über die Jahre hinweg bin ich dann eher im Dunkeln gegangen, habe aber immer deutlicher erkannt, wie sinnvoll diese Führung weg vom Klosterleben war. In meinem Wirken als Fürsorgerin, später in der Flüchtlingshilfe und der „Bewegung Mitmensch“ kamen meine Fähigkeiten viel wirkungsvoller zur Geltung. Gott hatte mich dazu berufen, meine Hingabe mitten in der Welt im Dienst an meinen Klienten und den vielen anderen Hilfesuchenden zu leben.
Wie erkennt man den Weg, den Gott uns führen will?
Loley: Man betet, überlegt gut und tut das, wovon man glaubt, es sei das Richtige. Aber dann ist es auch notwendig, sich mit dem auseinanderzusetzen, was einem auf dem eingeschlagenen Weg entgegenkommt, um es im Lichte Got?tes zu betrachten. So hatte ich oft gute Vorgesetzte, deren Rat mir Weisung wurde, habe aber auch Rausschmisse erlebt – die sich im Nachhinein als durchaus „wertvoll“ erwiesen, weil sie mich von einem Weg abgehalten haben, der nicht gottgewollt war. Insgesamt habe ich nie eine Sinnlosigkeit erlebt, nur weil sich eine meiner Erwartungen in Luft aufgelöst hatte, obwohl vieles in meinem Leben nicht nach meinen Ideen gelaufen ist. Beruflich bin ich beim Jugendamt gelandet, konnte dort mit vielen Familien arbeiten und meine Fähigkeiten voll einsetzen. Bei den Hilfe suchenden Menschen war mein Platz. Dorthin hat mich Gott geführt. Ja, es gibt nichts auf der Welt, worauf ich mich mehr verlasse als auf Got?tes Führung.
Das Gespräch hat CG geführt.