VISION 20002/1990
« zum Inhalt Schwerpunkt

Viele Rezepte zur Selbsterlösung

Artikel drucken (Christof Gaspari)

New Age Angebote sind mittlerweile selbstverständlicher Bestandteil unseres Alltags geworden. Vieles fällt gar nicht auf, an manches hat man sich gewöhnt. Es ist aber wichtig, diese "sanfte Verschwörung" aufmerksam zu verfolgen.

Vielfältig ist das Erschei­nungsbild des New Age. Da ist zunächst die Un­zahl der Psychotechniken. Sie suggerieren dem Men­schen, er könne seine Probleme durch bestimmte Verfahren in den Griff bekommen. Trotz mancher richtiger Einsichten im einzelnen sind sie, konsequent betrieben, Variationen des Pro­gramms menschlicher Selbster­lösung. Nach einer Zeit überzo­gener Erwartungen an die Medi­zin, blüht jetzt der Psycho-Kult. Exotisch Klingendes wird einer glaubenslosen Zeit als Heilmittel geboten: Urschrei, Rebirthing, Rebalancing, Thanatotherapie... Sehr viele dieser Ansätze öffnen den Menschen für das Überschreiten seines Bewußtseins. Dieses Anliegen wird besonders kultiviert. Daher erfreuen sich auch Mythen und Religionen, die sich mit Übersinnlichem befas­sen, großer Beliebtheit. Mutter-­Erde-Kulte, Alchimie und Astro­logie sind heute ebenso gängig geworden wie Zen und Yoga, Heilmagnetismus und Märchenarbeit für Erwachsene. Vieles davon wird auch in katholischen Bildungshäusern angeboten. Heute leben auch Hexenkulte wieder auf. Die Illustrierte "Quick" schätzte die Zahl der aktiven Hexen in der BRD 1987 auf 10000. "Bibi Blocksberg" heißt eine Hörspiel-Serie, von der bis Ende 1988 etwa 10 Mil­lionen Kassetten verkauft wur­den. Ihr Titelsong: "Bibi Blocks­berg, die kleine Hexe, kann so manches, wovon Ihr träumt, und wird Euch immer helfen, denn sie ist Euer bester Freund..." Längst hat auch die Geschäfts­welt den New-Age-Markt ent­deckt. Da ist zunächst der Buch­handel und das Verlagswesen (hier naschen auch christliche Verlage mit). Unter dem Motto "Lebenshilfe" und "positives Denken" wird in einer Unzahl von Publikationen nicht nur all das vermarktet, was auch Kurse bieten, da wird auch für andere Religionen und den Ok­kultismus geworben (12.000 Titel über Astrologie, Geisthei­lung, Magie oder Reinkarnation auf der Frankfurter Buchmesse 1986).

Als möglicher Einstieg für die Botschaft des New-Age erweist sich auch der gesamte "Bio-Be­reich". Auch hier werden eine Fülle von Rezepten und für gesundes Leben unabdingbare Verhaltensregeln angepriesen. Oft ist der Bioladen dann auch Vermittler von Entspannungs­- oder Meditationskursen. Es paßt ja alles zusammen. "Bio" ist viel­fach die Eingangstür zu einer modernen Form des Pantheis­mus, zur Verabsolutierung der Natur, zur Vergöttlichung ihrer Gebilde. Typisch dafür Günther Schiwy, der New Age für Christen salonfähig machen will: "Darum ist das erste Gebot des neuen Zeitalters: Du wirst die Natur lieben mit ganzem Herzen, mit ganzer Seele und mit all dei­nen Gedanken... "

New Age ist selbstverständlich auch in den Medien "in". Es steht dafür, die Angebote unter diesem Blickwinkel zu beobachten. Aus Filmen, Fernsehen, Kinderbüchern und -spielen kann man immer wieder heraushören: Es gibt eine transzendente Welt rund um dich, die faszinierend ist, von der die Menschen seit jeher gewußt haben und die du dir erschließen kannst. Sie ist aber ganz anders als du im Reli­gionsunterricht gelernt hast.

Man denke an die "Unendliche Geschichte" (lag laut Umfrage 1986 nach der Bibel an zweiter Stelle der Wertschätzung bei den Lesern) von Michael Ende. Wel­che Weltanschauung dieser Au­tor anbietet, illustriert ein Inter­view: "Esoterik ist nichts anderes als konkrete Religion... Die Su­che nach der Wirklichkeit der geistig-seelischen Welt ist das größte Abenteuer, auf das der Mensch sich einlassen kann. Es bringt große Gefahren mit sich. Der Selbständige und Mutige kann aber auch vom Teufel selbst allerhand lernen, denn der Teufel selbst ist, wie Mephistopheles sagt, alt und weiß viel."

Mit Gestalten aus dem All, dem Jenseits, der Welt der Mythen ma­chen uns die Medien zunehmend vertraut: In der Fern­sehserie "Raumschiff Enterpri­se" wird die Begegnung mit Au­ßerirdischen als alltägliches Geschehen dargestellt. "E.T.", der bisher erfolgreichste Film, macht ein an sich häßliches au­ßerirdisches Wesen - dessen Leben dem von Jesus Christus nachgezeichnet scheint - äußerst liebenswert. Ähnlich ist es mit "Alf", jenem außerirdischen Monster, das eines Tages bei Fernsehfamilie Tanner landet und das seither in 50 Länder via Fernsehen große Erfolge feiert. Auf diese Weise werden Monster Teil des gewohnten Vorstel­lungshorizonts - und zwar auf vollkommen unreflektierte Wei­se. Das betrifft vor allem die Kinder, denen solche Wesen als "Schmusetiere" angeboten wer­den: "Besonders vertrauenserweckend sehen sie nicht gerade aus... gebleckte Zähne, mit Hör­nern verzierte Wuschelköpfe und mit Krallen bewehrte Pfo­ten" gibt die Werbung zu - aber sie hätten ein so anschmiegsames Inneres!

Nach dem wissenschaftsgläubigen scheint nun das mythische Neuheidentum angebrochen. Es ist gefährlicher, weil es wie das biblische Weltbild Transzen­denz gelten läßt, diesbezüglich aber irreführende Antworten gibt. Sie werden leider angenom­men: 7 Millionen Deutsche glau­ben an die Existenz von Hexen. Jeder 5. Deutsche und jeder 3. Amerikaner ist überzeugt, er habe schon einmal gelebt und werde nach dem Tod wiederge­boren. Dementsprechend ist der Glaube an die Reinkarnation im Westen heute weiter verbreitet als der an die Auferstehung.

Christof Gaspari

© 1999-2024 Vision2000 | Sitz: Hohe Wand-Straße 28/6, 2344 Maria Enzersdorf, Österreich | Mail: vision2000@aon.at | Tel: +43 (0) 1 586 94 11