VISION 20002/1990
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Heilige Angela

Artikel drucken Botschaft an uns (Alexa Gaspari)

Angela Merici, die Grün­derin des Ordens der Ursulinen, wurde als Toch­ter eines Landwirtes, um 1470 in Desenzano am male­rischen Gardasee, geboren. Ihre Familie gehörte dem lombardi­schen Landadel an. Wesentlich für ihre frühe Kindheit war, wie sie später erzählte, daß ihr Vater abends seinen Kindern aus der HI. Schrift und aus Heiligenge­schichten vorlas. Das entsprach keineswegs dem Zeitgeist der Renaissance, in der vor allem auf Äußerliches, Luxus und Macht Wert gelegt wurde. Angela war von den Heiligengeschichten so beeindruckt, daß sie schon als Kind zu fasten und zu beten begann.

Sehr früh verliert sie ihre Eltern, muß Desenzano verlassen und verbringt die nächsten Jahre bei einem Onkel. Angeregt durch die Franziskaner auf der nahegele­genen Isola di Garda, beschließt das junge Mädchen eines Tages, dem dritten Orden des heiligen Franziskus beizutreten.

Nach diesem Schritt verbringt sie rund 20 Jahre zurückgezogen in Desenzano. Dort arbeitet sie in der Landwirtschaft und führt ein einfaches Leben. Es ist gewis­sermaßen die Zeit der "Wüste" in ihrem Leben. Über diesen Lebensabschnitt wissen wir heute kaum etwas. Erst nachdem sie 1516 von ihren Ordensoberen nach Brescia, in eine Stadt die vorher im Luxus geschwelgt hatte, dann aber von den Kriegswirren zerstört worden war, ge­sendet wird, gibt es Berichte über ihre Tätigkeit:

In der Stadt herrschen Elend, Seuchen und moralischer Ver­fall. Junge Mädchen aller Schichten wurden von ihren El­tern an Männer verkauft. In die­ser bedrängten Lage erweist sich Angela als Segen: Immer mehr Menschen von Brescia entdec­ken, daß sie eine von Gott Begna­dete ist. Man sucht sie auf, um bei ihr Rat, Trost und Frieden zu finden. Ihr Zimmer ist bald stän­dig belagert. Sie hilft den Men­schen, Leid zu tragen, versäumt keine Gelegenheit, Frieden zu stiften, sei es nun zwischen Ehe­paaren oder verfeindeten Fami­lien. So mancher ändert sein Leben, nachdem er eine Aus­sprache mit Angela gehabt hat. Man sagt, daß sie soviel Güte und doch auch so viel Autorität be­saß, daß keiner sich ihr entziehen konnte.

Sie bekam den Namen Madre ­Suor Angela, weil sie soviel Lie­be und Mitgefühl für alle Be­drängten hatte. Ein Zeitgenosse meinte, daß ihr das Wohl des Nächsten so sehr am Herzen lag, daß sie bereit gewesen wäre, "nicht nur ein, sondern 1000 Leben hinzugeben ... falls es not­wendig gewesen wäre, um den geringsten von ihnen zu retten". Wo immer sie sich später befin­den wird, ob auf Pilgerreise oder bei Aufenthalten in Venedig oder Rom, immer wird sie von Men­schen jeden Standes aufgesucht. Ihre Weisheit und Heiligkeit wollen die Menschen erleben, und sie wollen sich helfen lassen. Auf einer Pilgerreise ins Heilige Land, die mit enormen Mühsalen verbunden ist, erblindet Angela vorübergehend, erfährt aber eine wunderbare Heilung. Sie weiß, daß Gott einen besonderen Auf­trag für sie hat. Es vergehen aber noch eine Reihe von Jahren, bis sie ihn ganz erkennt und mit jenem großen Werk, das noch bis in unsere Zeit hereinwirkt, be­ginnt.

Wir schreiben das Jahr 1530: Zu diesem Zeitpunkt haben sich ihr schon einige Gefährtinnen angeschlossen. Angelas Anlie­gen ist nicht nur die Erneuerung der christlichen Familien und das Bewahren der Mädchen vor se­xuellem Mißbrauch, wie er da­mals gang und gebe war. Sie will auch junge Menschen heranbil­den, damit diese ein beispielhaf­tes und nachahmenswertes Le­ben, dem der Apostel in der Urkirche ähnlich, führen. Dazu beginnt sie Mädchen, die in ihren eigenen Familien bleiben, zu un­terweisen und mit ihnen zu beten. Nach etwa fünf Jahren ist die Zahl ihrer "Töchter" auf 28 ge­wachsen.

Angela hat selbst kein Kloster gegründet, sie hat ihren Töchtern keine Tracht vorgeschrieben. Diese haben auch nicht die übli­chen Gelübde abgelegt. Wohl aber ermutigte Angela die Mäd­chen, sich durch Versprechen zur Jungfräulichkeit zu ver­pflichten.1535, am Fest der hl. Katarina von Alexandrien, er­folgte die Gründung ihrer Ge­meinschaft: Als Ausdruck der Verpflichtung trug jedes Mit­glied seinen Namen in das Buch der Gesellschaft. Das war die Ge­burtsstunde der Ursulinen. Warum sie sich Ursulinen nann­ten? Angela wollte, daß sich die Mädchen an dieser heiligen Frau orientieren sollten. Denn auch diese Heilige hatte ihr Werk mit Hilfe von Gefährtinnen begon­nen.

Am 27. Jänner 1540 - nur fünf Jahre nach der Gründung der Ursulinen - schließt Angela für immer die Augen. 30 Tage lang blieb ihr Leichnam, wie berichtet wird, in voller Kleidung in einem offenen Sarg in der Krypta der Kirche St. Afra, ohne daß sich im geringsten Verwesungsgeruch verbreitet und Totenstarre ein­tritt. Von ihrem Totenbett stam­men auch die einzigen Bilder von Angela, die sich aus Bescheiden­heit nie hatte abbilden lassen wollen. Nach ihrem Tod wächst der Orden weiter und wird erst viel später in christlichen Schu­len eingesetzt.

Was mir besonders gefällt

Ein Zeitgenosse beschreibt die Hl. Angela folgendermaßen: "Ihre Worte waren zündend, mächtig und zart; sie wurden mit solcher Nachdrücklichkeit ausgesprochen, daß jeder zugeben mußte: Gott ist da!" Angela kennzeichnete eine Verbindung von Demut und Bescheidenheit mit Unbeirrbarkeit, Überzeu­gung und Autorität. Da man ihr außerdem noch eine tiefe Freude angesehen hat, kann ich mir gut vorstellen, daß sie die Menschen überzeugt hat.

Beeindruckt hat mich auch, daß Angela stets von vielen Freunden umgeben war. In ihren Anleitun­gen schreibt sie: "Seid einig und einträchtig untereinander, alle ein Herz und ein Wollen. Laßt das Band der Liebe euch fest zu­sammenschließen, schätzt einan­der, ertragt einander in Jesus Christus." Sie hatte selbst viele Freunde und pflegte diese Freundschaften sehr behutsam. Freundschaft, das hieß für sie Vertrauen und sich gegenseitig anvertrauen, einander ermutigen und Teilen von Freud und Leid. Es heißt: einfach für den anderen da zu sein. Und da bin ich mir erst so recht bewußt geworden, daß echte Freundschaft nichts Selbst­verständliches ist. Wie dankbar bin ich für meine Freunde. Wie oft, vor allem in letzter Zeit, haben mir meine Freunde gehol­fen, waren sie für mich da, haben für mich gebetet ...

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