VISION 20005/2000
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Kein Ruhmesblatt für Österreichs Medien

Artikel drucken (Christof Gaspari)

Zwei Millionen Jugendliche beim Weltjugendtag in Rom - für Österreichs Medien nicht wirklich berichtenswert. Der ORF - er widmete dem Geschehen rund um das gesunkene russische U-Boot laufend Berichte und Kommentare - übte in Sachen Weltjugendtreffen vornehme Zurückhaltung: Kurzmeldungen war das Beste, was zu hören war.

Den “Salzburger Nachrichten" war das Ereignis sechs Zeilen unter einem dreispaltigen Bild wert. Jugendliche aus 160 Ländern hätten sich dem “römischen Woodstock-Feeling" hingegeben. Dreispaltig auch das Bild im “Kurier" und 23 Zeilen auf Seite 1. Der Titel: “Zwei Millionen schwitzten für Gott" - welch unüberbietbar treffende Kennzeichnung! Dafür aber ein objektiver Bericht auf Seite 8.

Bemerkenswert auch “Die Presse": Ein Bild mit Bildtext auf Seite 1 und ganze 29 Zeilen neben einem großen Bild auf Seite 12. Dafür in derselben Nummer eine ganze Seite Gespräch mit dem Chef der HypoVereinsbank, rund 300 Zeilen über das gesunkene U-Boot und nicht ganz 200 über den Touristen-Ansturm auf den Buckingham-Palast!

Den Vogel aber schoß “Der Standard" ab: “Tänzchen für den Papst" so die Überschrift über dem Bild auf Seite 1. Und “Papst gefeiert wie ein Popstar" der Titel des Berichts auf Seite 3. Darin wird das Geschehen, so gut es eben geht, relativiert. So hätten etwa die Franzosen ihre Fußballmannschaft in Roms Straßen hochleben lassen. Und: “Ein Teil der etwa 2.200-köpfigen Österreicher-Delegation zog Shopping und Sightseeing so manchem religiösem Event vor." Die Massenbeichte im Kolosseum sei umstritten und die Kluft zwischen konservativer und romkritischer Jugend spürbar gewesen. Unübersehbar seien die organisatorischen Mängel gewesen. Und: “Wesentlich Neues hatten die katholischen Kirchenvertreter für die Jugend nicht parat..."

Was daraus zu lernen ist: Österreichs Medien nehmen die Kirche nur zur Kenntnis, wenn Negatives zu berichten ist: Kirchenaustritte, romkritische Äußerungen von Theologen, Querelen in der Kirche... Was Erneuerung signalisiert, findet entweder nicht statt oder wird heruntergespielt. Medien, die über die größte Zusammenkunft, die jemals in Europa stattgefunden hat, fast nichts berichten, können offenbar Wichtiges nicht von Unwichtigem unterscheiden. Auch der Umstand, daß vielfach Nebensächliches (die Temperaturen, das Schwitzen, Pannen in der Organisation), hervorgekehrt wird, läßt erkennen, daß jegliches Gespür für die geistige Dimension solcher Ereignisse fehlt.

Fazit: Wer zukünftige Berichte derselben Medien über Fragen des Glaubens und der Kirche richtig einschätzen will, sollte diese Berichterstattung in Erinnerung behalten.

CG

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