Medien haben von einem “Woodstock mit dem Papst" gesprochen - und damit verkannt,was wirklich geschah, nämlich Erstaunliches: Millionen kommen und der Papst konfrontiert sie mit der Wahrheit des Evangeliums - ohne Schnörksel, wie bei der Gebetswache in Tor Vergata.
Der Glaube an Jesus, die Nachfolge Christi auf den Spuren des Petrus, des Thomas, der ersten Apostel und Zeugen schließt auch heute eine Stellungnahme für Ihn und nicht selten eine Art neues Martyrium ein: das Martyrium dessen, der heute wie gestern berufen ist, gegen den Strom zu schwimmen, um dem göttlichen Meister, dem Lamm zu folgen, wohin es auch geht (vgl. Offb 14,4). Nicht zufällig habe ich mir gewünscht, liebe Jugendliche, daß während des Heiligen Jahres am Kolosseum der Glaubenszeugen des 20. Jahrhunderts gedacht werden sollte.
Das Blutvergießen wird euch vielleicht nicht abverlangt, aber die Treue zu Christus sicher! Es geht um die Treue im alltäglichen Leben: Ich denke an die Verlobten und die Schwierigkeit, in der Welt von heute die Reinheit in Erwartung der Ehe zu leben. Ich denke an die jungen Ehepaare und die Prüfungen, denen sie ausgesetzt sind, wenn sie sich um gegenseitige Treue mühen. Ich denke an die Beziehungen unter Freunden und an die Versuchung der Unlauterkeit, die sich einschleichen kann.
Ich denke auch an jene, die einen Weg besonderer Weihe eingeschlagen haben, und an die Mühe, die sie zuweilen aufbringen müssen, um in der Hingabe an Gott und die Menschen treu zu bleiben. Ferner denke ich an alle, die Beziehungen der Solidarität und Liebe in einer Welt leben wollen, wo scheinbar nur die Logik des Profits und des persönlichen oder Gruppen-Interesses gilt.
Ebenso denke ich an jene, die für den Frieden arbeiten und sehen, wie in verschiedenen Teilen der Welt neue Kriegsherde entstehen und größer werden. Ich denke an alle, die sich für die Freiheit des Menschen einsetzen und feststellen, daß er noch Sklave seiner selbst und der anderen ist; ich denke an alle, die dafür kämpfen, daß das menschliche Leben geliebt und geachtet wird, und zusehen müssen, wie häufig Anschläge auf das Leben verübt werden und ihm die gebührende Achtung versagt bleibt.
Liebe Jugendliche! Ist es schwer, in einer solchen Welt zu glauben? Ist das Glauben schwer im Jahr 2000? In der Tat: Es ist schwer. Das darf man nicht verschweigen. Es ist schwer, aber mit der Gnade Gottes ist es möglich. Jesus hat schon dem Petrus erklärt: “Nicht Fleisch und Blut haben dir das offenbart, sondern mein Vater im Himmel" (Mt 16,17).
Heute Abend werde ich euch das Evangelium überreichen. Es ist das Geschenk, das der Papst euch in dieser unvergeßlichen Gebetswache überlassen möchte. Das darin enthaltene Wort ist Jesu Wort. Wenn ihr im Gebet still darauf hört und euch vom weisen Rat eurer Priester und Erzieher helfen laßt, es für euer Leben zu verstehen, dann werdet ihr Christus begegnen und Ihm folgen, indem ihr Tag für Tag das Leben für Ihn einsetzt!
In der Tat: Es ist Jesus, den ihr sucht, wenn ihr vom Glück träumt; Er ist es, der auf euch wartet, wenn euch nichts von dem zufriedenstellt, was ihr vorfindet; Er ist die Schönheit, die euch so anzieht; Er ist es, der euch provoziert mit jenem Durst nach Radikalität, der euch keine Anpassung an den Kompromiß erlaubt; Er ist es, der euch dazu drängt, die Masken abzulegen, die das Leben verfälschen; Er ist es, der in euren Herzen die wahreren Entscheidungen herausliest, die andere am liebsten ersticken würden.
Jesus ist es, der in euch etwas entfacht: die Sehnsucht, aus eurem Leben etwas Großes zu machen; den Willen, einem Ideal zu folgen; die Ablehnung, euch von der Mittelmäßigkeit verschlingen zu lassen; den Mut, euch in Demut und Treue darum zu mühen, euch selbst und die Gesellschaft besser zu machen, damit sie menschlicher und geschwisterlicher werde.
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Liebe Freunde! Da das dritte Jahrtausend heraufdämmert, sehe ich in euch “die Wächter auf den Morgen" (vgl. Jes 21,11-12). Im Lauf des zur Neige gehenden Jahrhunderts wurden junge Leute wie ihr in riesigen Massen zusammengerufen, um das Hassen zu lernen; sie wurden entlassen mit dem Auftrag, gegeneinander zu kämpfen. Die verschiedenen Heilslehren ohne Gott, die die christliche Hoffnung zu ersetzen versuchten, haben sich später als Höllen im wahrsten Sinn des Wortes herausgestellt.
Heute seid ihr hier zusammengekommen, um zu bekräftigen, daß ihr im neuen Jahrhundert nicht bereit sein wollt, euch für Gewalt und Zerstörung instrumentalisieren zu lassen; ihr sollt den Frieden verteidigen und dafür, wenn nötig, auch persönlich einstehen....
Liebe Jugendliche des anbrechenden Jahrhunderts! Wenn ihr zu Christus “Ja" sagt, dann sagt ihr “Ja" zu jedem eurer höheren Ideale. Ich bete darum, daß Er der Herr sei in euren Herzen und in der Menschheit des neuen Jahrhunderts und Jahrtausends. Fürchtet euch nicht, euch Ihm anzuvertrauen! Er wird euch führen, er wird euch die Kraft geben, ihm jeden Tag und in jeder Situation zu folgen.
Auszug aus der Ansprache Papst Johannes Paul II. bei der Gebetswache am Weltjugendtag am 19. August 2000.