VISION 20006/2000
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Die Familien der Welt in Rom

Artikel drucken Viel Begeisterung auf einem überfüllten Petersplatz (Christof Gaspari)

250.000 Gläubige auf dem Petersplatz: Männer, Frauen - und sehr viele Kinder am späten Samstag Nachmittag: Am 14. und 15. Oktober fand zum dritten Mal ein Welttreffen der Familien mit dem Papst statt.

Ein spätsommerlicher Tag. Gegen vier Uhr ist der Petersplatz schon recht voll. In großen Gruppen haben sich die Italiener rund um mich niedergelassen. Es geht fröhlich zu, Essen wird herumgereicht. Als der Papst gegen halb sechs Uhr eintrifft, herrscht schon dichtes Gedränge. Jubel! Die Begeisterung rund um mich ist groß. “Giovanni Paulo!" wird skandiert und dazu getrommelt, obwohl man den Papst nur auf dem großen Bildschirm der vor den Kolonnaden angebracht ist, sieht. Die Vesper beginnt.

Bewegende Zeugnisse bekommen wir in den folgenden Stunden zu hören. Da ist etwa die italienische Familie, die nachdem sie ihre eigenen Töchter großgezogen hatte, entdeckt, daß sie vor lauter Beruf die Entwicklung der Kinder fast ganz verpaßt hat. Also bleibt die Mutter daheim und das Paar nimmt drei Kinder an: Zwei mit Down-Syndrom und einen Buben, dem sowohl die Arme wie die Beine fehlen. Wir lauschen gebannt. Ergriffen umarmt der Papst die Fünf, der Bub muß ihm auf den Schoß gehoben werden.

Ein Missionar wiederum berichtet von dem Leiden der Kinder, die vom Sex-Tourismus in Südost-Asien mißbraucht werden. Seit Jahren bemühen sich Don-Bosco-Salesianer, die Kinder aus ihrem Elend zu holen. Aber immer wieder gelingt es, den Kindern einen neuen Lebensweg zu eröffnen. Berührend die Geschichte eines Buben, der zunächst wieder rückfällig wird, dann aber - es wird viel für ihn gebetet - den Weg der Heilung und Vergebung findet.

Die Feier endet mit einer Betrachtung des Papstes zum Thema des Treffens: “Kinder - Frühling der Familie und der Gesellschaft" (siehe Seite 28). Mittlerweile ist es dunkel geworden. Kerzen und Fackeln erleuchten den Platz stimmungsvoll. Eine Ahnung erwacht: Du bist in einer großen, weltweiten Gemeinschaft geborgen, die mit Dir auf dem Weg des Glaubens unterwegs ist. Fern sind die kritischen Bemerkungen über die Kirche, die uns Deutschsprachigen so oft begegnen...

Erstaunlich geduldig die Kinder an diesem Nachmittag. Aber noch erstaunlicher, daß sie auch das verheerende Wetter am Sonntag bei der großen Messe mit dem Papst gut überstanden haben. Da goß es nämlich in Strömen - von acht Uhr bis zum Ende der Feier gegen 13 Uhr. Suchte man anfangs, möglichst trocken unter dem Schirm über die Runden zu kommen, so war es nach mehreren Duschen, die von den Nachbarschirmen kamen, klar. Am Ende der Feier bist Du durch und durch naß.

Und dennoch hielten wieder rund 150.000 Menschen durch - ein ergreifendes Zeugnis, besonders der Familien, die mit kleinen Kindern da waren. Neben uns vollbrachte ein französisches Paar das Wunder, fünf Sprößlinge im Alter von vier bis 12 halbwegs bei Laune zu halten. Die Mutter - ein Wunder an Gelassenheit, der Vater eine Stimmungskanone.

Und dennoch stand die Feier nicht nur im Zeichen des Durchhaltens. Wirklich berührend war die Trauung der acht Paare aus allen Kontinenten, die der Papst im Rahmen dieser Messe vornahm.

Unvergeßlich bleiben wird uns auch jener Moment, an dem der Papst die anwesenden Paare aufgefordert hat, ihre Ehe zu erneuern: Unter unseren Regenschirmen verkrochen sagten wir uns gemeinsam mit zahllosen anderen Paaren wieder zu, in guten und schlechten Tagen zueinanderzustehen, einander zu ehren... Und das im Angesicht der Weltkirche.!Naß bis auf die Haut, aber sehr beglückt haben wir den sich langsam leerenden Petersplatz verlassen, dankbar für diese Begegnung mit Gläubigen aus aller Welt.

Christof Gaspari

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