John Henry Newman (1801 - 1890) war anglikanischer Priester, Theologe, Dichter und Haupt der “Oxford-Bewegung", die die anglikanische Kirche auf der Basis der katholischen Elemente ihres Bekenntnisses erneuern wollte. Nach langem inneren Ringen trat er 1845 in die Katholische Kirche ein.
Zwei wichtige Elemente der Newman'schen Lebensgeschichte:
Erstens die mit innerer Konsequenz betriebene, meist aber mehr gleichsam passiv erlittene und nicht selbst ausdrücklich und bewußt beabsichtigte Bewegung auf die Katholische Kirche zu. Newman gehörte zu den - in jedem Zeitalter - seltenen Menschen, die sich die Frage nach Glaube, Überzeugung und Wahrheit etwas kosten ließen. Das innere Ringen wird im vorliegenden Band umrißhaft nachempfunden (und auf ausführlichere biographische und autobiographische Literatur verwiesen).
Das Lebensthema Newmans war zweitens überhaupt die Frage nach der religiösen, metaphysischen Wahrheit: Der damalige - und heutige - Zeitgeist (“Liberalismus: Umschlag ins Totalitäre" heißt ein entsprechendes Kapitel) lehnt die Möglichkeit, beziehungsweise Wirklichkeit, daß Gott sich verbindlich in die Welt hinein aussagt, ab.
Newman hat allerdings die objektive Macht des Gewissens verspürt, das ihn dazu verhielt, Gott und seiner konkreten, geschichtlichen Offenbarung im Volk Israel, in Christus und in der Kirche Gehorsam zu leisten. Newman wußte, daß im Subjektiven des je persönlichen Gewissens etwas Objektives, Unerbittliches und Unverfügbares wirkt. “Das Gefühl des Gewissens ist ... ein bestimmtes scharfes Empfindungsvermögen ... und begleitet gewisse unserer Handlungen, die wir daraufhin recht oder unrecht nennen. Dieses Gefühl des Gewissens ist ein doppeltes: Es ist ein Sinn für das Sittliche und ein Sinn für Pflicht; ein Urteil der Vernunft und ein herrischer Befehl." Und dieses Gewissen lenkt den Menschen auf die Suche nach dem Wahren, nach der Selbstaussage Gottes im Naturrecht und in der Offenbarung.
Es ist lohnend, sich mit Newman zu beschäftigen. Das, was Newman schreibt, ist nicht deswegen gut, weil es Newman schreibt, sondern, weil es wahr ist. Allerdings hatte Newman die Gabe, diese Wahrheit, die er findet und bezeugt, meisterhaft in Worte zu fassen. Der Autor zeichnet das sehr einfühlsam und kenntnisreich nach. Wer sich dem Licht der Newman'schen Theologie so intensiv aussetzt wie der Autor der vorliegenden Biographie, kann selber zur Erhellung der Leser nicht unwesentlich beitragen.
Der Rezensent kann das Werk als Gegengift gegen den Zeitgeist und als spirituellen Vitamincocktail für die geistliche Hausapotheke ausdrücklich weiterempfehlen.
Wolfram Schrems