Pfingstmontag, Messe im Dom von Nizza: In seinen einführenden Worten erklärt der Priester, nun habe “le temps ordinaire", die normale Zeit, begonnen. Ich weiß schon: “temps ordinaire" ist die französische Bezeichnung für die Zeit im Jahreskreis. Aber irgendwie erweckt sie im deutschsprachigen Hörer - durchaus zuunrecht - die Assoziation mit äußerst banal. Und so stieg in mir die Frage hoch: Klingt das nicht so, als bräche jetzt nach der Osterzeit für Christen wieder die Alltagsroutine an? Unter dem Motto: genug Halleluja für heuer, zurück in die nüchterne Welt von heute, nach deren Spielregeln es zu überleben gilt.
Diese Frage bewegte mich umso mehr, als sie im Kontrast zu der Erfahrung stand, die meine Frau und ich zehn Tage zuvor bei Exerzitien mit F. James Manjackal gemacht hatten. Da stand das Leben aus dem Heiligen Geist im Zentrum der Betrachtungen, ein Leben voller Dynamik und neuen Aufbrüchen, erfüllt von der Erfahrung, daß Gott gegenwärtig ist und mächtig wirkt.
In der Apostelgeschichte ist nachzulesen, daß die nachpfingstliche Zeit ganz im Zeichen des Heiligen Geistes und Seines Wirkens stand. Da war “le temps ordinaire", also die Zeit im Jahreskreis, alles andere als banal. In den Wochen und Monaten nach Pfingsten ist alles eigentlich erst so richtig losgegangen - wenn Sie mir diese saloppe Formulierung erlauben.
Stehen wir nicht heute vor einer ähnlichen Herausforderung, nämlich die gewöhnliche Zeit zu einer außergewöhnlichen zu machen? In seinem Rundschreiben “Novo Millennio ineunte" ruft Papst Johannes Paul II. die Gläubigen auf, neu aufzubrechen. Ein neues Zeitalter bricht an, ein Zeitalter, in dem der Heilige Geist Wunder wirken wird wie zur Zeit der Apostel.
Christof Gaspari