Ein guter Freund hat mir das Buch vor mehr als einem Jahr geschenkt. Seitdem begleitet es mich als “Gute-Nacht-Lektüre" und im Urlaub. Und so habe ich es im vergangenen Jahr in kleinen Dosen, genußvoll gelesen.
Schon öfter wollte ich es Ihnen, liebe Leser, ans Herz legen. Jetzt aber, da ich es ganz zu Ende und manches wiedergelesen habe, ist der Zeitpunkt gekommen, es Ihnen guten Gewissens zu empfehlen.
“Komm, Schöpfer Geist" ist eine umfassende Betrachtung des wunderbaren Wirkens Gottes in den Herzen der Menschen. Sein Autor, P. Raniero Cantalamessa, Kapuziner, Theologe, Professor in Mailand, gab 1980 seine akademische Laufbahn auf, um sich dem Verkündigungsdienst zur Erneuerung der Kirche zu widmen.
Die Geschichte seines Verfassers prägt dieses Buch sehr, verbindet sich doch in dem Werk eine ganz erstaunliche Kenntnis der Heiligen Schrift und der Schriften der Kirchenväter mit dem Zeugnis vom Leben aus dem Heiligen Geist. “Komm, Schöpfer Geist" lebt also aus der Spannung zwischen Theorie und Praxis, es vertieft die Einsicht in die Lehre der Kirche und ermutigt zu einem Leben aus dem Heiligen Geist, der gerade in unseren Tagen so machtvoll die Kirche erneuert.
Cantalamessa wählt den Hymnus “Veni, creator spiritus", als Gerüst, in das er seine Betrachtungen über den Heiligen Geist einfügt. Die im Hymnus angesprochenen Themen werden in den einzelnen Kapitel abgehandelt: Komm, o Geist, Schöpfer, Größte Gabe Gottes, Lebendiges Wasser, Feuer, Liebe, Finger der Rechten Gottes, Halte den Feind von uns fern, Schenke uns bald den Frieden..., um nur einige zu nennen.
Wenn ich dem Buch etwas vorwerfen wollte, so ist es die Tatsache, daß es mit einer theologischen Betrachtung über die Trinität schließt und nicht mit Zeugnissen, die die Herzen bewegen.
Vielen, die vielleicht Vorbehalte gegen den emotional betonten Zugang zum Glauben in der Charismatischen Erneuerung haben, wird jedoch gerade diese Nüchternheit wohltun. Und es ist zu hoffen, daß sie den Appellen Cantalamessas folgen und sich konkret für die persönliche Erfahrung der Liebe Gottes, die ja durchaus überwältigend emotional sein kann, öffnen (siehe den Auszug aus dem Buch Seite 6-7).
Am besten übergebe ich zum Schluß P. Raniero das Wort: “Unsere Meditationen möchten den Menschen helfen zu merken, daß der “heftige Sturm" von Pfingsten immer noch weht, und daß Jesus immer noch damit beschäftigt ist, seine Jünger “anzuhauchen"; daß der Abendmahlsaal sich wieder geöffnet hat und daß die Wasser des Teiches von Betesda erneut “aufwallen". Wer geheilt werden will, muß nichts anderes tun, als sich hineinwerfen." CG
Komm, Schöpfer Geist - Betrachtungen zum Hymnus Veni Creator Spiritus, Herder-Verlag, Freiburg 1999, 445 Seiten.
Auseinandersetzung mit einem gängigen Vorwurf
War Paulus ein Feind der Frauen?
Die Kritiker werfen der Kirche immer wieder vor, daß der Apostel Paulus frauenfeindlich gewesen sei. Sie berufen sich dabei auf seinen Ausspruch im ersten Korintherbrief, daß die Frau “in der Kirche zu schweigen" habe (1Kor 14,34). Die Kritiker lassen aber meistens den Zusammenhang außer acht: Paulus spricht hier nämlich nur über den Gemeindegottesdienst. Den Frauen wird also das “Lehren" im Gottesdienst - wir können es auch modern ausdrücken und sagen: das Predigen in der Eucharistiefeier - untersagt.
Der Apostel verbietet den Frauen also nicht das Reden in der Kirche - im Gegenteil, er läßt auch Frauen prophetisch reden (vgl. 1Kor 11,5).
Ebensowenig ist damit gemeint, daß Frauen in der Gemeinde bloß eine passive Rolle zu spielen hätten - zahlreiche Schriftstellen belegen vielmehr das Gegenteil: Weibliche Mitarbeiter des Paulus setzen sich für das Evangelium ein (Röm 16,1), sie lehren andere den Glauben, arbeiten also in der Katechese (Apg 18,26); sie entwickeln ein starkes Engagement im karitativen Bereich (Röm 16,1f, 1Tim 3,11), und darüber hinaus entsteht durch sie die neue Lebensform der gottgeweihten Jungfräulichkeit im Dienst der Kirche (1Kor 7,25-40).
Paulus stellt ein für allemal klar, daß es in Bezug auf die Würde von Mann und Frau durch die Taufe und Gotteskindschaft keine Unterschiede gibt, daß solche aber sehr wohl in Bezug auf die Aufgaben der Geschlechter existieren. Hier entwickelt Paulus das bekannte Bild vom “Leib mit den verschiedenen Gliedern", die aufeinander angewiesen sind (1Kor 12,12).
Und auch die vielgeschmähte, von ihm angemahnte “Unterordnung der Frau unter den Mann", die die Gegner des Glaubens uns ebenfalls immer wieder um die Ohren schlagen, steht in einem ganz anderen Kontext, als es auf den ersten Blick scheinen mag: nämlich im Rahmen einer gegenseitigen Unterordnung von Mann und Frau, die eine Liebe bedeutet. Auch der Mann soll sich für seine Frau einsetzen, und zwar in einem solchen Maße “wie Christus sich für die Kirche eingesetzt hat" - also bis hin zum Totalopfer.
Auszug aus ihrem Vortrag in Meran, zitiert in “Lebe 53/2001
Schweigen vor dem lebendigen Gott
Schweigen bedeutet mehr -
nicht nur still werden und den Lärm abhalten, der mich umgibt.
nicht nur entspannen und die Nerven ruhig werden lassen.
Das ist nur Ruhe.
Schweigen heißt: Mich loslassen - nur einen einzigen Augenblick.
Verzichten auf mich selbst, auf meine Wünsche, Pläne, Sympathien, Abneigungen, Freuden und Schmerzen, auf alles, was ich von mir denke und was ich von anderen halte, auf meine Verdienste, alle Taten.
Verzichten auf das, was ich nicht getan habe; auf meine Schuld und auf die Schuld der anderen an mir, auf alles, was in mir unheil ist.
Verzichten auf mich selbst.
Nur einen Augenblick DU sagen und Gott dasein lassen, ohne Vorbehalt, ohne Zögern, bedingungslos - und ohne auszuschließen, daß ich nachher brenne.
Das ist Schweigen vor Gott.
Dann ist im Schweigen Stille und Reden, Leiden und Hoffen und Lieben zugleich.
Dann ist Schweigen: Empfangen.
Auf dieses Schweigen weiß ich keine Antwort als neues Schweigen, weil Gott größer ist, weil jede versuchte Antwort zu klein gerät.
Und doch habe ich keine Angst, zu reden und zu handeln, weil das Schweigen eines Augenblickes vor Gott, mit Gott und in Gott die lauten Stunden erlöst.
(aus Taizé)