VISION 20005/2001
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Familie - erfolgreichstes Erziehungsmodell

Artikel drucken Man kann Kinder nicht auf jede beliebige Art großziehen, sie brauchen dauerhafte Zuwendung (Christa Meves)

Die Zukunft der Familie entscheidet sich am Leitbild der Frau. Um dieses wird seit vielen Jahren leidenschaftlich gerungen. Christa Meves stellt sich dieser Debatte und entwickelt eine hoffnungsvolle Perspektive.

Zunächst war das eine notwendige und sinnvolle Entwicklung: Die vor 100 Jahren begonnene Emanzipation der Frau. Diese stille Revolte erschloß ihr das Universitätsstudium, erwirkte die Möglichkeit zur Ausbildung in fast allen Berufen und befreite die Frauen von der absoluten Abhängigkeit vom Mann, die dieser nur allzuoft zur Machtanmaßung ausgenutzt hatte. Sie beschenkte die Mütter mit der Möglichkeit, beim frühen Tod des Ehemannes und nach dem Auszug der erwachsenen Kinder wieder berufstätig zu werden.

In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts behielt dennoch Familienbildung und Familientätigkeit für die meisten Frauen Priorität. Berufsausbildung war für die meisten von ihnen eher eine Art Rückversicherung, eine Vorsorge für mögliche Zeiten persönlicher Not. Die Familie blieb weiterhin für viele Menschen Lebensmitte und Lebensziel.

Das war der notwendige, fortschrittliche Status, der bis 1970 in den deutschsprachigen Ländern erreicht worden war und sich bewährt hatte. Aber dann setzte unter einem radikalen, liberalistischen und feministischen Trend im Zeitalter der “Antibaby-Pille" eine weitere Phase der Frauenemanzipation mit folgenden Schwerpunkten ein:

* Der Erwerbstätigkeit wurde ein wesentlich höherer Wert zugemessen als der Familientätigkeit. Slogans wie: “Kinder, Küche, Kirche out", machten die Runde. Naserümpfend sprachen manche Medien und arrivierte Frauen von Familienmüttern als “Nur-Hausfrauen". Die Familie als Lebenswert, Dienst an der Zukunft und Ort gedeihlicher Kindererziehung wurde unter dem Ansturm der 68er-Revolte für überholt erklärt.

* Lange Schul- und Ausbildungszeiten wurden unter dem Motto der “Chancengleichheit" für einen Großteil der jungen Frauen angestrebt und ausgebaut.

* Unter der Devise “Vereinbarung von Familie und Beruf" blieben nun viele junge Mütter durchgängig berufstätig. Zwar wurde in Österreich und in Deutschland ein Karenzjahr für Säuglingsmütter eingerichtet, doch manche nahmen es nicht in Anspruch aus Angst, ihren Arbeitsplatz zu verlieren oder ihren beruflichen Anschluß zu verpassen.

Die Bilanz dieser 35jährigen Entwicklung ist erschütternd:

* Immer weniger Großfamilien wurden gebildet, manche Frauen verzichteten ganz auf eine Familiengründung. Dadurch setzte ein zukunftsbedrohender Geburtenschwund ein. Derzeit gibt es etwa 1,3 Kinder pro Familie, weit unter dem zum Überleben der Bevölkerung notwendigen Niveau von 2,3. Besonders die fleißigen, kraftvollen und um ihre Karriere bemühten Akademikerinnen blieben eher kinderlos. Manche verpaßten die Familiengründung geradezu.

* Immer mehr Mütter sahen sich genötigt, ihre Kinder schon im Säuglings- und Kleinkindalter (und erst recht im Schulalter) in Institutionen mit wechselnden Bezugspersonen betreuen zu lassen. Da das den natürlichen Entwicklungsbedingungen der Art Mensch nicht entspricht, kam es bei immer mehr Kindern zu seelischen Fehlentwicklungen mit schweren Beeinträchtigungen ihrer Bindungs- und Arbeitsfähigkeit im Erwachsenenalter. Die Folgen: Die neurotische Depression mit ihren vielen psychosomatischen Facetten wurde zur Volkskrankheit und belastet bereits die Krankenkassen.

* Die Renten lassen sich durch den Geburtenschwund und die Minderung der arbeitsfähigen Menschen im jungen Erwachsenenalter nicht mehr bezahlen.

* Neurotische Verwahrlosung mit ihren Facetten Gewaltbereitschaft und Kriminalität nahmen überhand.

* Da immer mehr junge Erwachsene Bindungsfähigkeit in ihrer Kindheit nur unzureichend erworben haben, entstand immer weniger Ehefähigkeit, sodaß (in einem liberalistischen Klima) die Ehescheidungen zu boomen begannen. Heute wird in Deutschland und Österreich jede dritte Ehe geschieden. Es entsteht eine Vielzahl von Scheidungswaisen, die ihr Nest verlieren und durch die unzureichende Geborgenheit unruhig, konzentrationsgestört und im zunehmenden Maße verhaltensgestört werden.

* Der Stand der Familienmutter mit vielen Kindern ist durch die Abwertung und einseitige Förderung erwerbstätiger Frauen in eine lebensbedrohliche Diskriminierung geraten.

Es setzte eine Isolation derjenigen jungen Mütter ein, die gegen die Trends mehrere Kinder in eigener Obhut aufzuziehen suchten: Großmütter und Tanten, die einst oft unterstützend einsprangen, sind heute selbst berufstätig; die Väter sind durch die modernen Berufe mehr außer Haus und dadurch mehr in Anspruch genommen. Eine gleichartige Mitbeteiligung der Väter an der Familientätigkeit gibt es trotz vieler Bemühungen nur in wenigen Fällen.

Diese Situation führt bei den mehr oder weniger alleinerziehenden Müttern zu immer mehr Überbürdung und Streß. Dadurch verliert die Gründung größerer Familien immer mehr an Attraktivität. In vielen Fällen liegt die Erziehungsarbeit von Müttern mit mehreren Kindern allein auf ihren Schultern. Durch diesen Streß werden manche von ihnen mit ihrer Situation unzufrieden, unglücklich und krank. Die Qualität ihrer Erziehungsarbeit kann darunter leiden.

Auf diese Weise ist ein emotionaler, wirtschaftlicher und geistiger Niedergang, ja ein Genozid, programmiert.

Fragt man angesichts dieser Bilanz nach dem Hauptnenner der negativen Entwicklung, so wird deutlich, daß sie Ausfluß der anmaßenden Überheblichkeit im Zeitgeist der Moderne ist. Wie jedes Geschöpf in der Natur unterliegt der Mensch Entfaltungsbedingungen. Mißachtet er sie, weil er meint, er könne Kinder aufziehen, wie es ihm gerade gefällt, so dreht er damit an einer Schraube, die das Fundament trägt.

Der Mensch kommt in einem extrem unfertigen Zustand zur Welt und bedarf während seiner langen Kindheit einer an konstante Personen gebundenen phasenspezifischen Betreuung. Die Familie mit mehreren Kindern mit Eltern, die für sie verantwortlich sind - am besten noch von Großeltern und weiteren Verwandten unterstützt - bilden deshalb das erfolgreichste Erziehungsmodell.

Die Familie (mit der Mutter als Hauptbezugsperson) ist, so lehrt die Erfahrung - eine Vorgabe des Schöpfers, wie es nicht nur die Psychologie sondern sogar die moderne Hirnforschung bestätigt. Der Spielraum für Veränderungen dieses Urkonzepts ist viel kleiner als unsere Zeit anmaßend meint - so die traurige Erkenntnis über die Entwicklung der vergangenen 30 Jahre. Heute ist es fast schon zu spät!

Wenn wir also die jungen Mütter nicht bis zur Zukunftslosigkeit in die Erwerbstätigkeit treiben wollen, brauchen wir eine Anerkennung ihres Engagements und darüber hinaus ein Konzept, das die Mütter wieder mit Freude - weil anerkannt! - abgesichert und entlastet Mütter sein läßt, ohne daß dies von ihnen als Rückschritt und als Sackgasse erlebt wird.

Dieses Konzept hat unser Freundeskreis schon vor 20 Jahren entwickelt. Allerdings gelang es bisher nicht, Politiker zu seiner Verwirklichung zu bewegen.

Wir schlagen vor, Mutterschaft zu einem Beruf mit Rentenanspruch zu erheben. Es sollte zu diesem Beruf mit Beginn der ersten Schwangerschaft vorerst ein halbes Jahr ausgebildet werden. Fortbildung erfolgt dann in einmal monatlich stattfindenden Abendkursen und während folgender Schwangerschaften.

Damit das durchführbar ist, haben alle Mädchen nach ihrem Schulabschluß ein Jahr als Familienhelferin zu absolvieren. Die Honorierung und der Rentenanspruch steigt mit der Zahl der Kinder. Nach der Familienphase ist Weiterbildung zu familiennahen Berufen und zum Beruf der “Mütterausbildnerin" möglich.

Dadurch bekommen die jungen Frauen eine echte Wahlfreiheit. Sie können selbstverständlich auch eine andere Berufsausbildung absolvieren. Sie können aber auch noch später in den Mutterberuf umsteigen, wenn sich ihre Lebensplanung ändert. Die Errungenschaften der Frauenemanzipation zur Bildungserweiterung der Frau bleiben so unangetastet.

Dieses Konzept enthält die Möglichkeit zur Gesundung der Gesellschaft durch eine Sanierung der Familie. Folgende positive Entwicklungen könnte das einleiten:

* Viele Frauen würden sich wieder im jungen Alter entschließen, Kinder zu bekommen.

* Sie würden nicht mehr isoliert, überbürdet und als Nur-Mutter mannabhängig bleiben.

* Die Arbeitslosigkeit und die Zahl der Sozialhilfe-Empfänger würde abnehmen - und zwar um jene Frauen, die staatliche Hilfe in Anspruch nehmen, weil sie - den Vorschlägen des Arbeitsamtes bei der Stellensuche ausweichend - zu Hause dringend gebraucht werden, aber auf die finanziellen Mittel nicht verzichten können und wollen.

* Langfristig würde der Krankenstand sinken, weil mehr Kinder seelisch und körperlich gesund aufwachsen.

* Die seelische Schwächung der Bevölkerung (in Deutschland gibt es acht Millionen registrierte depressive Menschen!) würde abnehmen.

* Es bestünde die Hoffnung, daß viel mehr Menschen sich seelisch so gesund entwickeln würden, daß sie ihre Begabungen und vor allem ihre Liebesfähigkeit zu einem hohen, geistigen, menschlichen Status entfalten könnten. Nur auf diese Weise ist Konkurrenzfähigkeit und Elitenbildung möglich - nicht durch fortgesetztes Anziehen der Leistungschraube bei Schülern und Studenten.

Es ist dringend an der Zeit, nicht länger den Kopf in den Sand zu stecken. Alle verantwortlichen Kräfte sollten sich zusammenfinden und mit einer realistischen Kehrtwendung ein neues christliches Zeitalter installieren, in dem die Liebe zum Wohl aller als der höchste Wert gelebt wird.

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