Toni Krebs, der freundlichste Hotelier aus Baden - dazu wurde er 1980 von den Badener Gästen erkoren - gibt sich während des Interviews die größte Mühe, mich davon zu überzeugen, daß er zu viele unausrottbare Schwächen besitze, um “würdig" für ein Portrait zu sein. Da unser lieber Freund Toni viel Humor besitzt, wird die Schilderung seiner Schwächen zu einer heiteren Sammlung verschiedenster Anekdoten.
Groß ist wohl seine Enttäuschung, daß mich seine “Beichte" nicht von meinem Vorhaben abbringen kann. Mir geht es ja nicht darum, einen perfekten Menschen vorzustellen, sondern einen Christen, der sich bemüht, seine christliche Überzeugung im Alltag zu leben - mit allen Schwierigkeiten und Schwächen.
Toni wurde am 30. April 1939 in Baden geboren. Die Eltern betreiben hier ein Gasthaus. Toni, der ältere der beiden Söhne, möchte Optiker werden. Eines Tages - er ist gerade 14 - fährt er morgens in die Berufsschule. Als er abends heimkommt, ist der Vater tot.
Kurz davor hatte der Vater ein zweites Haus erworben und in eine Pension umgebaut. Nun sind da also zwei Betriebe, um die sich die Witwe kümmern soll. Und dabei war sie bis dahin nur für die Küche zuständig. Von den Angestellten wird sie bald nach Strich und Faden betrogen. Toni, selbst noch ein halbes Kind, kann das mitverfolgen. Und so beginnt er mitzuarbeiten.
Es ist eine schwere Zeit für den Buben: In der Früh ins Optikergeschäft und bis halb zwei in der Nacht im Gasthaus mit Bierkrügeln unterwegs. Kein freies Wochenende, dafür große Sorgen mit der Mutter, die den Tod des Vaters nicht verkraftet. Immer die Angst, sie könnte sich das Leben nehmen. Wenn sie länger nicht zu Hause ist, geht er sie suchen.
Toni, der einige Jahre bei der Legio Mariae gewesen war, wendet sich in dieser schweren Zeit immer wieder hilfesuchend an die Muttergottes. Diese Zeit, so meint er heute, habe ihn sehr geprägt, ihn schneller reifen lassen als Gleichaltrige. Mit 18 Jahren, nachdem er seine Optiker-Gesellenprüfung bestanden hat, steigt er ganz in die elterlichen Betriebe ein und baut um.
1959 fährt er nach Mariazell und wohnt dort im Marienheim der Schulschwestern. Das Heim ist im Sommer für Gäste geöffnet und wird von den Schülerinnen der Haushaltsschule betreut. Damals lernt Toni die Gretl, sie stammt aus Schladming, kennen. Kurz darauf nimmt er an einer Wallfahrt nach Lourdes teil. “Dort habe ich um meine zukünftige Frau gebetet. Und da ist mir spontan die Gretl eingefallen."
Die beiden verloben sich. “In diesem Jahr haben wir uns viel geschrieben. Ich bin oft nach Mariazell gefahren. Als ich ihre Familie in der Steiermark besucht habe, durfte ich nicht im selben Haus wie meine Verlobte schlafen, sondern beim Nachbarn. Es war eben eine andere Zeit," meint er lächelnd. “Aber es war sehr schön so."
Wie damals in Lourdes, überlegt Toni, habe er immer wieder in seinem Leben deutlich Gottes Führung erlebt.
1961 heiraten die beiden. Gemeinsam mit Tonis Mutter betreut das Paar nun die Pension Max und das Gasthaus. Nach einigen Jahren erkrankt die Mutter an Krebs und stirbt 1975 nach einem langen Leiden, eine Zeit, in der sie, wie mir mein Gegenüber versichert, zu einem tiefen Glauben gefunden habe.
Der Tod der Mutter bewegt ihn, einen Glaubenskurs (Cursillo) zu besuchen. Daheim zurück ist er gerade zur Seelenmesse für die Mutter unterwegs, als ihn ein Mann anspricht: “Er sei doch gerade vom Cursillo zurück, ob er ihn sprechen könne?" Toni erinnert sich genau an die Situation: “Vielleicht nicht sehr freundlich antworte ich: ,Ich kann nicht, muß dringend weg. Sie können aber mit mir in die Kirche fahren'." Nein, das wolle er nicht, sagt der Mann, dann fahre er eben nach Wien. “Weil er in die falsche Richtung ging, bin ich ihm nach, um ihn auf den Irrtum aufmerksam zu machen. Da dreht er sich um - es trifft mich sein Blick. Und ich habe das Gefühl, Jesus schaut mich an und sagt: ,Du hast mich weggeschickt'."
Ich spüre heute noch die Betroffenheit meines Gesprächspartners, der fortsetzt: “Ich habe mir gedacht: Du mußt dein Leben ändern. Es darf nicht nur das Geschäft geben. Deine Arbeit muß auf die Menschen ausgerichtet sein, um ihretwegen, nicht weil sie etwas zahlen."
Nach dem Tod der Mutter wird das Erbe unter den Brüdern geteilt. Toni und Gretl übernehmen die Pension, die es weiter zu renovieren gilt. Vier Kinder bekommt das Ehepaar in diesen Jahren. 1967 erwerben sie die Pension Eden, die sie heute ausschließlich betreiben. Das Haus wird Jahr für Jahr verschönert und vergrößert.
Vor 15 Jahren bekommen sie eine Wandermuttergottes geliehen. Immer wieder setzt sich jemand von der Familie zu ihr nachdem sie zuerst in der Schachtel vergessen worden war.
Als sie dann abgeholt wird, wirkt der Platz leer. Ein Herz Jesu Bild nimmt ihren Platz ein. Von nun an gibt es im Haus einen Hergottswinkel. Als ein Gast dann der Familie Krebs eine Kopie des Herz-Jesu-Bildes aus dem Wr. Stephansdom schenkt, übersiedelt dieses Bild nach dem Umbau der Pension in den “Raum der Stille", der unter dem Dach eingerichtet wird. Als Kardinal Groër davon hört, ein Hotelier wolle dieses Bild weihen lassen, kommt er persönlich nach Baden: Ein schönes Fest umrahmt die feierliche Weihe.
1980 wird Toni Krebs zum “freundlichsten Hotelier von Baden" gewählt. Nebenbei bemerkt ist Toni auch ein begnadeter Komödiant und kann mitreißend erzählen. Lachend sagt er: “Unsere Kinder haben unter unseren Gästen groß geworben." Tatsache ist: Er bekommt viele Stimmen und gewinnt einen Flug nach Rom. Bernhard, sein damals 13jähriger Sohn, kommt mit. Da der Bub am ersten Abend todmüde ist, unternimmt der Vater allein einen Spaziergang. Toni erinnert sich: “Beim Kapitol bin ich zum Tiber hinunter und wollte den Fluß entlang heimgehen. Plötzlich überfallen mich zwei Männer, wollen Geld, versuchen, mir den Ehering herunterzureißen, brechen mir dabei den Finger."
Aber der Ring sitzt zu fest. Dann nehmen sie ihm die Uhr ab, die jedoch ins Gras fällt, unauffindbar im Dunkeln. “Als sie mir das Börsel wegnehmen, um festzustellen, daß es leer ist, habe ich das alles eher lustig gefunden. Das hat sie in Wut gebracht, und einer hat mir mit einem schweren Holz auf den Kopf gehaut."
Die Burschen verschwinden. Toni steht benommen auf, findet die Uhr und geht weiter. Kurz darauf merkt er, der Oberkörper ist naß: Blut. Später stellt sich heraus, das Holz muß mit Rasierklingen gespickt gewesen sein. In den Schuhen steht er im Blut. Die vorbeikommenden Taxis nehmen bei seinem Anblick reißaus. Endlich nimmt sich ein Student seiner an und bringt ihn zum nächsten Spital. Keine Sekunde zu früh, denn dort verliert er das Bewußtsein. Die Schnitte reichen bis zur Halsschlagader: 250 Nähte müssen die Wunden verschließen. Hätte er sich schon vorher am Tiber hingesetzt, er wäre dort verblutet, erklären ihm später die Ärzte. Makaberes Detail am Rande: Badens Bürgermeister wird am nächsten Tag verkünden, der Gemeinderat Krebs sei letzte Nacht in Rom erschlagen worden.
Was ich nun bemerkenswert finde, ist, daß Tonis Kommentar zu diesem schlimmen Erlebnis nur ist, daß Gott bei diesem Geschehen die Hand über ihn gehalten habe. Und das ist sicher: Gott hat den Toni noch dringend gebraucht, als ein Beispiel dafür, wie ein Hotel als christliches Haus geführt werden kann.
Was ist also das Besondere am “Eden"? Familie Krebs bemüht sich, in ihren Gästen den besonderen Menschen zu sehen, ihm mehr zu bieten als Unterkunft und Nahrung. Ein Beispiel dafür ist der hauseigene Morgenfunk. Ihn können die Gäste um halb acht Uhr einschalten. Da erzählt Toni kleine Anekdoten, Tips für die Tagesgestaltung, vor allem aber auch Gedanken zum Nachdenken.
Lächelnd stellt mein Gegenüber fest: “Meine Frau meint manchmal, ich solle nicht zu fromm reden, die Gäste könnten das nicht verkraften. Und dabei: Oft, wenn ich etwas in diese Richtung sage, kommt nachher jemand und meint, heute sei das besonders schön gewesen. Es gebe dem Tag einen besonderen Anstrich. Heute habe ich beispielsweise erzählt, was der Pfarrer in der Predigt gesagt hat: Im Himmel herrsche große Freude über alle, die von ferne kommen und sich Gott zuwenden. Dann nimmt einen Jesus bei der Hand und führt uns zum Vater, der sagt: ,Wie schön, daß du wieder bei mir bist.' Offensichtlich hat das einige Gäste angesprochen."
“Wenn ich die Sendung mache, bete ich dazwischen, damit der Heilige Geist mich leitet. Man merkt einfach, daß die Leute eine riesige Sehnsucht im Herzen haben. Viele Menschen haben heute die Vorstellung von einem Gott, der ein liebevoller Vater ist, verloren." Toni erinnert sie behutsam daran: Beim Morgenfunk, aber auch bei gemütlichem Beisammensein in Toni und Gretls Privatwohnung: “Wenn ich den Eindruck habe, daß bei einem der Gäste irgend etwas nicht stimmt, lade ich denjenigen ein, herüber zu kommen." Bei einem Glas Wein auf der Veranda hat sich dann schon so manches gute Gespräch ergeben.Toni ist dann ganz für den Menschen da, den Gott ihm hier anvertraut hat.
Über die Philosophie seines Hauses schreibt Toni - auszugsweise - im Jahr 1999 in der eigenen Gästezeitung : “Die Philosophie des Hauses Eden entspringt der uralten Tradition der christlichen Gastlichkeit. Alles möge aus Liebe zu Gott und dadurch aus Liebe zu den Menschen getan werden. Das Gastrecht aus christlicher Sicht ist heilig und daher auch heilsam. Fast alle Beschwerden des heutigen Menschen und unserer Zeit (Streß, innere Unruhe, Depression, Einsamkeit, viele Ängste) haben ihre Ursache in der Lieblosigkeit gegenüber unserem Schöpfer und Seiner Schöpfung. Der Gast ist bei uns nicht nur König, sondern auch Mitmensch ... Daher ergibt sich im “Eden" - trotz aller unserer persönlichen Schwächen und Fehlhaltungen - eine Atmosphäre des Friedens, der Hoffnung und oft auch der Heilung. Jeder kann für sich bleiben und trotzdem bildet sich eine freudvolle, ungezwungene Gästegemeinschaft."
Die große Zahl der Stammgäste beweist, daß dies nicht nur leere Worte sind. Ich kenne Toni und weiß, daß er es ernst meint, wenn er sagt: “Der eigentliche Sinn warum ich arbeite, ist, daß ich die Menschen mit den tiefen Fragen nach dem Sinn des Lebens konfrontieren kann. Daß wir im Haus jetzt eine Kapelle haben, ist da sicherlich eine große Hilfe."
Wie es dazu kam, will ich natürlich wissen. “Der Gedanke aus dem Raum der Stille eine Kapelle zu machen, kam mir vor drei Jahren bei einem Besuch im Hospiz am Sonntagberg, wo es auch eine Kapelle gibt," erinnert sich Toni. Bis es allerdings zu einer Erlaubnis vom Ordinariat kam, waren einige Hürden zu überwinden.
Jetzt aber gibt es diesen wunderschönen Raum. Mein Mann und ich waren unlängst bei einer der Monatsmessen. Erstaunlich viele Leute waren da zusammengekommen. Sichtlich erfreut war der Pfarrer über die große Anzahl an Hausgästen, die da wochentags im Urlaub zur Messe gekommen waren. Er bedankte sich mit einer sehr persönlich gehaltenen Predigt, die uns betroffen gemacht und Gott wieder ein Stück näher gebracht hat.
So wird die Kapelle, “der Raum der Stille", zum Mittelpunkt des Hauses, obwohl sie unauffällig im letzten Stock liegt und sich nicht aufdrängt. Im selben Haus wie der Herr zu wohnen, das hat mich bei unserem letzten Aufenthalt im “Eden" beeindruckt. Auch für Familie Krebs ist das sicherlich eine täglich neue Herausforderung, aber auch ein Ort der Zuflucht.
Eines weiß der Toni jedenfalls ganz genau, ohne den totalen Einsatz seiner Gretl, die ihm seit Jahrzehnten in allem treu zur Seite steht und nicht nur all die gesunden Köstlichkeiten zaubert, die den Aufenthalt im Hotel Eden versüßen, wäre all das nicht möglich gewesen. Vor allem für ihr Durchhalten in schweren Zeiten ist er ihr dankbar.
Vor elf Jahren etwa war so eine Periode: Damals hatte der Toni eine Grippe übergangen. Die Folge: eine Herzklappen-Entzündung. Nach einer Chemotherapie hieß es, er brauche eine künstliche Herzklappe - und das war damals noch keineswegs eine Routineoperation. Man hatte nur 60 Prozent Überlebenschance. Mein Mann und ich waren tief berührt vom Gottvertrauen, das Toni vor seiner Operation an den Tag gelegt hat. In seiner Gästezeitung hielt er voll Zuversicht fest: Alles wird sich erneuern.
Besonders erschwert war die Situation damals, weil sein Sohn Bernhard das Haus verlassen wollte, um Priester zu werden. Wegen der Erkrankung des Vaters verschiebt er das Projekt zunächst. Als Toni die Operation aber recht gut übersteht und sich nach einigen Monaten sein Zustand wieder stabilisiert hat, entschließt sich Bernhard bei den Legionären Christi einzutreten. Für die Eltern, die den Entschluß respektieren, eine schwere Stunde. Nach einigen Jahren reiflicher Prüfung der Berufung kehrt Bernhard aber wieder heim.
In dieser Zeit macht Toni bei einem Opus-Dei-Einkehrtag eine religiöse Erfahrung: Da wird von der Heiligung im Alltag durch die Arbeit gesprochen. “Das hat mir sehr gut getan," erinnert er sich, “daß unsere Arbeit uns heilig machen kann, wenn wir sie im richtigen Geist machen. Für jemanden wie uns, die Tag für Tag eingesetzt sind, ist diese Botschaft von der Heiligung durch die Arbeit sehr wichtig. Wir können ja auch kaum an pfarrlichen Aktivitäten teilnehmen, weil wir gerade an Samstagen und Sonntagen Personalengpässe haben."
Viele Jahre hat sein Herz gut durchgehalten, nun gibt es aber wieder sehr große Probleme: “Drei Tage war ich heuer zu einer gründlichen Untersuchung im Spital. Das Ergebnis: Ich müsse mich mit dem Gedanken an ein Spenderherz anfreunden." Ein ziemlicher Schock. Eine Herztransplantation! Und: Schonung, Schonung, Schonung.
Ich traue meinen Ohren nicht, als mir Toni seine Reaktion auf die Nachricht erzählt: Noch im Spital entscheidet er, eine Wallfahrt zu machen. Die Ärzte halten ihn für verrückt.
Er bleibt dabei. Mit Gretl und seiner Tochter Barbara soll die Reise nach La Salette, Paray le Monial und Ars gehen. Und los geht es. Die Hälfte des Tages verbringt er allerdings im Bett, um die Strapazen möglichst klein zu halten.
Bei der Schilderung der Wallfahrt merke ich aber betroffen, daß es gar nicht um seine Gesundheit geht, sondern darum, daß Gott rund um die Hotel-Pension alles in gute Bahnen lenken möge.
In Paray le Monial übergibt er zum Beispiel den ganzen Betrieb und alles Finanzielle dem Herzen Jesu, und in Ars bittet er um eine geistige Führung für das Haus. In diesen Tagen erwacht in ihm auch der große Wunsch, die Monatsmesse in der Pension jeweils am Herz-Jesu-Freitag zu feiern. Er weiß jedoch, daß er den überlasteten Pfarrer nicht darum bitten kann. Also überläßt er alles dem Herrn.
Überzeugt, daß die Bitten in der richtigen Weise erhört würden, kehrt er frohen Mutes nach Hause zurück. Gerade da aber häufen sich Probleme und Schwierigkeiten. Toni gerät in eine Krise. War alles Einbildung, alles umsonst? Toni bittet den Herrn um ein deutliches Zeichen. Als Bernhard bald darauf seine entscheidende Prüfung mit Auszeichnung besteht und somit sein Philosophiestudium beendet, deutet Toni es als Zeichen. Doch das richtige Zeichen kommt dann bei einer Hausmesse. Der Pfarrer fragt ihn, ob man die Hausmesse nicht jeweils am Herz-Jesu-Freitag feiern könne. “Ab diesem Tag geht es mir wieder gut" versichert Toni. Jeden Tag geht er nun um sechs in die Messe, bereit anzunehmen, was der Herr ihm schickt. Die Schwierigkeiten versucht er aufzuopfern.
“Nach meiner Krise habe ich erst keinen Morgenfunk gemacht. Ich dachte, das sei mir zuviel. Da sind Leute gekommen und haben gefragt: ,Gibt es jetzt keinen Morgenfunk mehr? Das war so schön. Das ganze Jahr habe ich mich darauf gefreut. Ich stehe doch so schwer auf. Was Sie da sagen, das hilft mir.' Und so habe ich wieder angefangen."
Sehr beeindruckt bin ich bei Tonis nächsten Worten: “Da hat mich ein Ehepaar - der Mann ist schwer krank - heute bei mir für die Worte beim Morgenfunk bedankt. Ihnen habe ich gesagt, daß ich mir kein neues Herz einsetzen lasse. Heute setzt man überall Ersatzteile ein. Am Schluß ist vom eigentlichen Menschen gar nichts mehr da. Wie alt wollen wir denn werden?
Darauf antwortet der Mann: ,Man will doch wenigstens solange als möglich leben.' Aber wer bestimmt das? Wenn mich jetzt auf der Straße ein Auto niederfährt? Ich muß ja gar nicht an meiner Herzkrankheit sterben! Da kann so viel anderes passieren. Ich bin zwar einigermaßen beeinträchtigt, aber damit kann ich leben. Mit meinem eigenen Herzen. Ich habe dem lieben Gott mein Herz geschenkt, jetzt soll ich auf einmal eines von einem anderen Menschen, der in jungen Jahren sterben muß und den ich gar nicht kenne, nehmen!?"
Auch wisse doch niemand, ob der Spender wirklich tot ist, wenn ihm das Herz - im Zustand des Gehirntodes - entnommen wird. “Einmal ist eben das Leben zu Ende," überlegt er weiter: “Ich liebe das Leben, aber ich habe einen aufrichtigen Glauben und denke oft: Wie schön wird das dann sein, wenn ich bei Gott bin: kein Neid, kein Geld, keine Hast, keine Intrigen, kein Streit. Sicherlich hat es Gelegenheiten in meinem Leben gegeben wo ich wirklich glücklich war. Aber es muß doch noch viel mehr geben: den Einklang mit Gott. Warum soll ich mich da so massiv gegen den Tod sträuben? Ich fürchte den Tod eigentlich gar nicht." Ich denke, daß dies eine beneidenswerte Einstellung ist und bin froh, diese Worte gehört zu haben.
Nun sollte er also mehr der Ruhe pflegen, wie mir auch der ihn besorgt begleitende Herzspezialist versichert, den ich in der Pension Eden kennenlernte. Die Leitung der Pension hat er nun seinem Sohn Bernhard übergeben, der ganz in seinem Sinn die Gäste bei den vielen hauseigenen Aktivitäten betreut und begleitet.
Doch ich habe es ja gesehen: Wenn da am Abend die Pensionsgäste noch gemütlich beisammensitzen und mit dem “Hausherrn", noch gerne ein wenig plaudern möchten, dann bleibt er gerne noch bei ihnen. Und er weiß wohl auch, daß die Arbeit für Bernhard alleine zu viel ist und so ist er eben doch da und arbeitet weiter mit.
“Wir waren schon an einigen Orten in der Welt, sind aber selten so persönlich und liebevoll aufgenommen worden," schreibt im Jahr 2000 ein Schweizer Ehepaar in das Gästebuch. Die Tage in der Hotel-Pension Eden behalten sie in dankbarer Erinnerung. Die Pension Eden hat wohl nicht zufällig diesen Namen. Auch wir haben uns hier sehr wohl und geborgen gefühlt.