In Wien waren Straßenbahnen und Hotels im Juni beflaggt – mit der Regenbogenfahne, dem Symbol der Homosexuellenbewegung. Auf der Homepage der Gemeinde Wien liest man den
Grund dafür: „Die Regenbogenparade wird wieder mehr als 100.000 Schwule, Lesben, Transgender und Freunde anlocken, die die Wiener Ringstraße zur schönsten Partymeile der Welt machen.“ Damit sind wir mitten im Thema des Schwerpunkts dieser Nummer: Die sexuelle Revolution ist in der Zielgeraden angelangt. Sie wurde seit mehr als einem Jahrhundert geistig vorbereitet und mittlerweile hat sich ihre Botschaft fest ins Bewusstsein breiter Bevölkerungsschichten verankert: Film und Fernsehen führen uns Sex als selbstverständlichen Abschluss nett miteinander verbrachter Zeit vor Augen; Pornographie ist – nicht zuletzt dank des reichen Internetangebots – zum weitverbreiteten Konsumgut geworden; der Aufklärungsunterricht stellt sich im wesentlichen als Einführung in sexuelle Praktiken und Verhütung dar. Und die Kirche? Aus Angst, man könnte als antiquiert und sexualfeindlich gelten, herrscht weitverbreitet betretenes Schweigen. Zu unrecht, denn die Lehre der Kirche hat Wesentliches zum Thema zu sagen – und zwar Aufbauendes, eine Botschaft, die dem Menschen hilft, seine Geschlechtlichkeit im Einklang mit seinem Wesen zu leben. Mittlerweile gibt es ja immer mehr Menschen, die quasi als Ruinen in dieser „schönen neuen Sexualwelt“ dastehen, die nach Alternativen Ausschau halten und daher ansprechbar wären. Daher ist es an der Zeit, wieder von Begriffen wie Enthaltsamkeit, Keuschheit und Reinheit zu sprechen als Kontrastprogramm zum weithin propagierten sexuellen Leistungsstress. Der folgende Schwerpunkt ist ein Versuch in diese Richtung.
Christof Gaspari