Zur Zeit wird es spannend: Kommen die jungen Leute von sich aus zur Einsicht? Lernen sie am Unglück ihrer älteren Geschwister oder lassen sie sich weiter von unserem unverbesserlichen Zeitgeist und unseren unverbesserlichen Instanzen verführen, die nun – nach umfänglicher Aufklärung über Aids im Unterricht – den 12-Jährigen bereits in der Schule die Kondome zur Verfügung stellen wollen?
O ja, sie lernen! Immer mehr junge Leute sitzen mir in der Praxis gegenüber, die wissen: Sie wollen keine Intimbeziehung, bevor nicht völlig klar ist, dass man einander heiratet.
„Nein“, sagte jüngst eine 17-Jährige zu mir, „Martin und ich haben uns fest vorgenommen zu warten. Wir haben in unserem Umfeld viel zu viel Negatives erfahren. Wenn ich es schon aufgebe, ein Fräulein zu sein“, lachte schelmisch bewusst die junge Stephanie, „dann will ich auch dafür den Gegenwert haben, der seinen Preis wert ist, nämlich einen Mann, der immer zu mir hält, der mir treu ist, der mich beschützt, wenn ich schwanger bin und kleine Kinder habe. Und mein Martin respektiert diese Meinung aus Liebe zu mir. Daran sieht man, dass die echt ist!“
Wo Gefahr ist, wächst das Rettende auch; Hölderlin hat sich hier einmal mehr bewahrheitet. Freilich: einige lebenskluge Schwalben machen natürlich noch keinen Sommer.
Es wäre nötig, den nur mühsam vorankommenden Lernprozess durch viel Unterricht und Medien-Trend zu unterstützen; denn schließlich geht es nicht mehr um ein wenig Unglück im Einzelschicksal, sondern bei den zentralen Grenzüberschreitungen nun ganz schlicht um Kopf und Kragen.
Lernt schneller, ihr Jungen, lernt schneller! Bei den Rotstiften der Weltgeschichte geht es um mehr als um Zensuren im Schulheft!
Christa Meves
Auszug aus: Positiv gesehen – Lichtblicke in schwieriger Zeit, Herder, 125 Seiten