Februar 1989: Ich fahre in den Hoggar, ein Gebirgsmassiv in der Sahara, mit einer Gruppe von zehn Personen – eine Reise für die Fitness mit sportlichem Charakter. Eines Tages kommen wir von einem Berg herunter und ich übernehme die Spitze der Expedition.
Ich mache Tempo, zu viel übrigens, und verabsäume es, meinen Weg ausreichend gut zu überprüfen. Und so geschieht, was ich vielleicht sogar unbewusst gesucht hatte: Ich verirre mich. Um sieben Uhr abends wird es Nacht, ein eisiger Wind erhebt sich, ich bin allein, ohne Wasser, ohne Lebensmittel…
Ich habe mich also in den Sand eingegraben, über mir ein Himmel voller Sterne, groß wie Äpfel. Aller Wahrscheinlichkeit nach würde ich diese Nacht nicht überleben. Aber statt dass mich Angst oder Panik überfallen, überflutet mich plötzlich eine so starke Zuversicht, dass unmöglich ich deren Urheber sein konnte. Ich erlebte eine mystische Nacht, während der mir der transzendente Gott, der mir Frieden geschenkt hat, begegnet ist. Plötzlich begriff ich: Alles hat einen Sinn, es gibt eine Ordnung, eine hohe Intelligenz. Als Agnostiker bin ich in die Wüste gekommen – gottlos war ich in einer gottlosen Familie, in einer gottlosen Kultur aufgewachsen –, als Glaubender habe ich sie verlassen.
Diese Erfahrung hat eine unersättliche Neugier nach den großen Gründungstexten der Religionen in mir erweckt. Wie viele andere heute habe auch ich mit dem Buddhismus begonnen, dann kam der Islam dran, der Sufismus, das Judentum…
Eines Tages, es war schon spät am Abend, greife ich nach den Evangelien, die ich noch nie gelesen hatte. Ich verschlinge sie, eines nach dem anderen. Was für ein Schock! Das Schicksal dieses Mannes, der nur von Liebe spricht und nur auf Hass stößt, der bis zur Aufopferung seines Lebens, bis zur Tortur des Kreuzes zu Seiner Liebe steht, wirft mich um. Von diesem Zeitpunkt an ist Jesus Christus für mich zur fixen Idee geworden. Seine Persönlichkeit inspiriert und fasziniert mich, sie zieht mich an…
Éric-Emmanuel Schmitt
Éric-Emmanuel Schmitt ist Schriftsteller. Seine Theaterstücke wurden in mehrere Sprachen übersetzt.
Auszug aus „Discerner les signes de Dieu dans ma vie“ in „Supplément“ v „Famille Chrétienne“ v. 22.10.11