Mutter Teresa hat im Laufe ihres Lebens unzählige Priester kennengelernt. Nie kam ein Wort der Kritik an einem Priester über ihre Lippen, sondern immer zuerst die Frage: „Haben wir für diesen Priester schon gebetet?“ Mutter Teresa hat sich nie darüber geäußert, was sich in der Kirche verändern sollte. Auf diese Frage sagte sie schlicht: „Sie und ich“. Sie wollte heilige Priester, die das Volk unterweisen können, wie man heilig werden kann. Sie sagte: „Wohin wir auch gehen, finden wir Menschen, die einen gewaltigen Hunger nach Gott verspüren, einen
Hunger, den nur ihr Priester stillen könnt, indem ihr ihnen Jesus schenkt. Sie erwarten, daß die Güte und Liebe Jesu durch euch in ihr Leben kommt. Sie brauchen euch, um mit dem Duft und dem Erbarmen seiner Liebe berührt zu werden. Jesus liebt seine Priester außerordentlich und er wünscht, daß sie in der Heiligkeit wachsen und ihr Priestersein in Fülle leben.“
Mutter Teresa setzt bei der Heiligkeit an und beim Gebet. Das sind ihre zentralen Anliegen: „Beten wir viel für die Priester; denn wir brauchen heilige Priester: Desto heiliger die Priester sind, desto heiliger werden wir sein. Desto mehr werden die Familien in der Heiligkeit wachsen. Wenn die Familien ein heiliges Leben führen, werden wir auch viele heilige Priesterberufungen haben.“ Heiligkeit ist nichts Spezielles für einen Priester. Es ist die Pflicht für einen Priester, heilig zu sein, weil er in einen so intimen Kontakt mit Jesus kommt.“
Mutter Teresa habe nur dafür gelebt, „Jesus zu lieben und diese Liebe an die Menschen weiterzugeben“, sagt ihre Nachfolgerin, Schwester Mary Prema MC. Und dies erwartet sie ganz besonders vom Priester. In der regelmäßigen Gewissenserforschung muß sich der Priester fragen: Wer oder was hindert mich daran diese ungeteilte Liebe ganz zu leben? Wie ist mein Gebetsleben? Ist das Stundengebet und die heilige Messe eine Pflicht, die ich unter anderen Verpflichtungen erledige oder Ausdruck liebender Hingabe? Halte ich regelmäßig stille Anbetung, auf die die Selige so Wert legt? Es ist das Gebetsleben, das den Priester in diese Einheit mit Christus führt, in diese ungeteilte Liebe. Mutter Teresa sagte: „Gebet ist ein Hinhören und es ist sehr wichtig für den Priester, daß er beten lernt. Das war eines der Dinge, die Jesus seine Jünger zu lehren versuchte: wie sie beten sollen. (…) Gebet ist die Lebensnahrung. Ein Priester, der nicht betet, kann Christus nicht nahe bleiben, er kann Christus nicht erlauben, ihn so zu gebrauchen, wie er es gerne möchte.“
Ob der Priester Jesus liebt, kann man daran erkennen wie er die hl. Messe feiert und die hl. Kommunion verteilt! Papst Johannes-Paul II schrieb in seinem letzten Brief zum Gründonnerstag 2005: „Das Leben des Priesters muß in besonderer Weise eine eucharistische Gestalt haben. Dazu trägt vor allem die andächtige Feier der heiligen Messe bei, die Mittelpunkt des Lebens und der Sendung jedes Priesters sein soll.“ Mutter Teresa sagte: „Wie ganz und gar muß demnach der Priester doch eins sein mit Jesus, um Jesus zu erlauben, ihn an Seiner statt und in Seinem Namen zu verwenden, Sein Wort zu sprechen, an Seiner statt Taten zu vollbringen: Sünden zu vergeben und gewöhnliches Brot in das lebendige Brot Seines Leibes und Blutes zu verwandeln.“
Ihre Erfahrung sagte ihr, wie wichtig die Muttergottes für die Priester ist. „Sie ist diejenige, die jeden Priester formt. Und niemand hat ein größeres Anrecht auf die Gottesmutter als gerade der Priester. Und ich kann mir gut vorstellen, daß sie eine sehr zärtliche Liebe und auch einen ganz speziellen Schutz für jeden Priester hatte und auch immer noch hat, wenn er sich an sie wendet.“ Sie rät allen Priester und Seminaristen: „Leg deine Hand in Marias Hand und bitte sie, dich zu Jesus zu führen.“
Nicht nur die Mißbrauchsfälle schädigen viele Menschen und die Kirche enorm. Die Lauheit des Klerus, der Mangel an apostolischem Eifer und die Trägheit ebenfalls. Der Heilige Pfarrer von Ars sagte: „Das große Unglück für uns Priester ist, wenn die Seele abstumpft.“ Wenn Priester schlecht über andere Mitbrüder reden und den Papst kritisieren, im Gebet nachlassen, die hl. Messe nicht mehr täglich feiern, keine tiefe Liebe zum eucharistischen Herrn und zur Muttergottes haben, sich verlocken lassen durch Geld und Bequemlichkeit, mehr den Reichen dienen als den Armen und das Engagement gläubiger Laien behindern, dann können wir nicht ermessen, wie viel Schaden dies in unserer Kirche anrichtet!
Was ist nötig: Kritisieren unserer Hirten, endlose Debatten über strukturelle Änderungen? Nein, Umkehr! Umkehr und Bekehrung mit den Heiligen! Es sind immer die Heiligen gewesen in der Kirchengeschichte, die die Kirche erneuerten.
Andreas Gschwind
Der Autor ist Pfarrer in Utzendorf/Schweiz und Mitglied der von M. Teresa gegründeten Priestergemeinschaft „Corpus Christi“