Ich bin dankbar, hier für mein wiedergefundenes Vertrauen Zeugnis geben zu dürfen. Die Umstände, die mich vor 3,5 Jahren in die Justizanstalt Hirtenberg brachten, waren nicht alltäglich. Obwohl ich mein Leben bis zum Tag meiner Verhaftung mit rechtschaffener Arbeit verbracht hatte, wurden diese Tätigkeiten teilweise kriminalisiert und ein Gericht verurteilte mich zu acht Jahren Haft wegen eines betrügerischen Steuervergehens - obwohl ich bis dahin nicht eine einzige Vorstrafe hatte.
Heute, 3,5 Jahre später, bin ich restlos davon überzeugt, daß dieses - damals meiner Ansicht nach krasse - Fehlurteil einzig und allein Gottes Wille gewesen ist. In meinem damaligen Streben nach Dingen, von denen ich glaubte, daß sie wichtig sind, hatte ich mich von Gott entfernt. Meine Ausrede damals - keine Zeit für Gott, für Gebet, für Besinnung - hatte von einem Tag zum anderen keine Berechtigung mehr. Hier in der Haft gab es mehr als genug Zeit.
Ich begann zuerst zaghaft, dann in immer mehr von dem in der Justizanstalt einmaligen Angebot von Gesprächsgruppen, Messen, Einzelgesprächen, Alphakursen Gebrauch zu machen. Überall wurde ich herzlich aufgenommen. Besonders auffällig war für mich, daß es in den Gruppen und Zusammenkünften zu keinerlei Ausländerfeindlichkeit kam, obwohl Teilnehmer unterschiedlicher Hautfarbe und verschiedenster Nationalitäten anwesend waren.
Kein Zufall war es auch, daß eines der ersten Bibelworte, das ich gelesen habe, Mt 18,20 war, wo es heißt: “Denn wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind, da bin ich mitten unter ihnen." Diese Realität konnte ich bei allen Veranstaltungen von “Gesprengte Ketten" spüren.
Durch die Teilnahme an den Gruppen hat sich für mich das Übel der Haft enorm reduziert. So konnte ich - und kann es heute noch - Veränderungen in den Ansichten und im Verhalten von Mitgefangenen durch Gebet, Lob Gottes usw. registrieren.
Im Gefängnis erleidet man emotionale Krisen und die Gefahr ist groß, in ein tiefes Loch zu fallen. Oft dauert es tagelang, bis man sich davon wieder erholt. Zu Beginn meiner Haft habe ich das oft erlebt. Dies hat sich aber rasch geändert, als ich die Dienste von “Gesprengte Ketten" in Anspruch nahm. Die Abstände, in denen ich in Depressionen verfiel, wurden immer länger, die Krisen kürzer und ich lernte, mit ihnen umzugehen und letztlich sogar, sie zu vermeiden.
Plötzlich hatte ich die Energie, anderen bei ihren Problemen zu helfen. Und auch bei ihnen konnte ich dann eine positive Veränderung feststellen. So fing ich an, innerhalb des Gefängnisses bei “Gesprengte Ketten" mitzuarbeiten: Ich erstellte Teilnehmerlisten, verteilte sie in den Abteilungen, half bei den Veranstaltungen innerhalb des Gefängnisses und unterstützte die Mitarbeiter des Vereins. Das ist für mich nicht wirklich Arbeit, sondern eine Möglichkeit, mich ein wenig für das zu bedanken, was mir geschenkt worden ist.
Meine Umkehr ist allerdings nicht von einem Tag auf den anderen erfolgt. Es hat eine ganze Weile gedauert, eine Zeit, die mir Gott geschenkt hat. Deshalb verstehe ich heute auch die Höhe der Strafe, nämlich die acht Jahre.
Seit mehr als sieben Monaten bin ich nun ein “Freigänger". Tagsüber arbeite ich in einer Firma, komme nur noch zum Schlafen in die Justizanstalt. Hier in der Freiheit hat sich in den Jahren, in denen ich nichts mitbekommen hatte, viel verändert. Am meisten fällt mir auf, wie wenig die Menschen in der Freiheit mit Gott leben. Das zu erkennen, war anfangs richtig schockierend. Gott sei Dank haben mir auch da “Gesprengte Ketten" und Pfarrer Hornig geholfen, den einzig richtigen Weg, nämlich den mit Gott, nicht zu verlassen.
Wirtschaftlich gesehen habe ich alles verloren, gleichzeitig aber etwas gewonnen, was den Verlust an irdischen Gütern bei weitem übertrifft: die Erkenntnis, daß ein Leben ohne Gott in Wahrheit keines ist. Ich danke dem Herrn, daß er die richtigen Leute an den richtigen Ort geführt hat, damit ich das erkenne.
Gelobt sei Jesus Christus.
Zeugnis eines Gefängnisinsassen, der anonym bleiben wollte.
Gesprengte Ketten
Im Jahr 2000 begann die Gefängnisarbeit in der Justizanstalt Hirtenberg ca. 50 Kilometer von Wien entfernt. Der Hilfsverein “Gesprengte Ketten" wurde im November 2001 gegründet und bei der Bundespolizeidirektion Wien registriert. Der Verein ist ein Instrument, das allen christlichen Gemeinden, Pfarren, Gemeinschaften und Menschen guten Willens die Möglichkeit einer Zusammenarbeit bietet, die im Wort Gottes begründet ist. Joh 8,31-32 & Lk 4,18.
Wir bitten vor allem um Gebet und zwar von Ihnen, sehr geehrte Leserinnen und Leser, um uns zu helfen, allen Insassen in unseren österreichischen Gefängnissen, die Gute Nachricht bringen zu können, sozusagen als Wegweiser aus der Finsternis zum Licht. Die Hauptsäule unserer Gemeinschaft “Gesprengte Ketten" ist das Gebet und ein tiefes Vertrauen auf die Vorsehung Gottes. Horst Reeh
Weitere Informationen siehe: www.gesprengteketten.at
Kontakt: Horst Reeh, Obmann - Internationaler Hilfsverein “Gesprengte Ketten"
Handy: 0043 (0)699 17 555 756 (11 bis 14 Uhr, Mo - Do)
Spenden:Bankhaus Schelhammer&Schattera,
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