Der Papst ist kein Rock-Star
Das Phänomen der Weltjugendtage wird zusehends Gegenstand von Analysen, die sozusagen diese Art von Jugendkultur zu verstehen versuchen. Australien hat noch nie so viele Menschen aus allen Kontinenten gesehen wie beim Weltjugendtag, selbst nicht bei der Olympiade. Und wenn vorher die Furcht bestanden hatte, das massenhafte Auftreten junger Menschen könne zu Störungen der öffentlichen Ordnung führen, den Verkehr paralysieren, das tägliche Leben behindern, Gewalt produzieren und der Droge Raum geben, so erwies sich all dies als unbegründet. Es war ein Fest der Freude, die schließlich auch die Widerstrebenden einbezog ...
Was also geschieht da eigentlich bei einem Weltjugendtag? Welche Kräfte sind da wirksam? Gängige Analysen tendieren dazu, diese Tage als eine Variante der modernen Jugendkultur, als eine Art von kirchlich abgewandeltem Rockfestival mit dem Papst als Star anzusehen. Ob mit oder ohne Glauben wären diese Festivals im Grunde doch dasselbe, und so glaubt man, die Frage nach Gott beiseitelegen zu können. Es gibt auch katholische Stimmen, die in diese Richtung gehen und das Ganze als ein großes und auch schönes Spektakel ansehen, das aber für die Frage nach dem Glauben und der Gegenwart des Evangeliums in unserer Zeit wenig bedeute. Es seien Augenblicke festlicher Ekstase, die aber dann doch letztlich alles beim Alten beließen, das Leben nicht tiefer gestalten könnten.
(...) Zunächst ist wichtig zu beachten, daß die Weltjugendtage nicht nur aus der einen Woche bestehen, in der sie für die Welt öffentlich sichtbar werden. Ein langer äußerer und innerer Weg führt auf sie zu. Das Kreuz wandert durch die Länder, begleitet vom Bild der Mutter des Herrn. Der Glaube braucht auf seine Weise das Sehen und Berühren. Die Begegnung mit dem Kreuz, das angefaßt und getragen wird, wird zu innerer Begegnung mit dem, der am Kreuz für uns gestorben ist. Die Begegnung mit dem Kreuz erinnert die jungen Menschen inwendig an den Gott, der Mensch werden und mit uns leiden wollte. Und wir sehen die Frau, die er uns als Mutter gegeben hat.
Die festlichen Tage sind nur der Höhepunkt eines langen Weges, in dem man aufeinander und auf Christus zugeht. In Australien ist nicht zufällig der lange Kreuzweg durch die Stadt zum Höhepunkt der Tage geworden. Er faßte noch einmal zusammen, was in den Jahren zuvor geschehen war und wies auf den hin, der uns alle zusammenführt: den Gott, der uns bis ans Kreuz liebt. So ist auch der Papst nicht der Star, um den alles kreist. Er ist ganz und nur Stellvertreter. Er verweist auf den anderen, der in unserer Mitte ist.
Endlich ist die festliche Liturgie deshalb der Mittelpunkt des Ganzen, weil in ihr geschieht, was wir nicht machen können und doch immer erwarten. Er ist gegenwärtig, Er tritt zu uns herein. Der Himmel ist aufgerissen, und das macht die Erde hell. Das macht das Leben froh und weit und verbindet miteinander in einer Freude, die mit der Ekstase eines Rockfestivals nicht vergleichbar ist. (...) Die Freude ist nach der Schrift Frucht des Heiligen Geistes (Gal 5, 22): Diese Frucht war in den Tagen in Sydney reichlich zu spüren.
Wie den Weltjugendtagen eine Wanderung des Kreuzes vorausgeht, so folgt daraus auch das Weitergehen. Es bilden sich Freundschaften, die zu einem alternativen Lebensstil ermutigen und ihn von innen her tragen. Die großen Tage sind nicht zuletzt dazu da, daß solche Freundschaften erwachen und dadurch Lebensorte des Glaubens in der Welt entstehen, die zugleich Orte der Hoffnung und der gelebten Liebe sind.
Aus der Ansprache des Papstes an die Kurienmitglieder beim Weihnachtsempfang am 22.12.08.